von PROF. DR. JOACHIM AURBACHER, PROF. DR. ROLAND HERRMANN, PROF. DR. RAINER KÜHL, PROF. DR. ERNST-AUGUST NUPPENAU, PROF. DR. DR. H. C. PETER MICHAEL SCHMITZ
Wie entwickeln sich die Märkte der Agrar- und Ernährungswirtschaft und die Politik weiter in der Zeit nach der Liberalisierung der Europäischen Agrarpolitik? Wie sind diese Veränderungen auf den Märkten und in der Politik aus der Sicht von Verbrauchern, Unternehmen, Staat und Gesellschaft zu bewerten? Diese Fragen stellen sich vor allem vor dem Hintergrund eines zunehmenden internationalen Wettbewerbs um die günstigsten Produktionsstandorte, die Sicherung einer weltweit steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln und deren Herstellungs- und sozialen Qualität. Zum Umgang mit diesen Herausforderungen können die theoretischen Arbeiten und die empirischen Methoden und Ergebnisse der Forschungen in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues wichtige Entwicklungen erklären und Beiträge liefern.
Die 55. Jahrestagung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus, die vom 23. bis 25. September 2015 von der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgerichtet wurde, sollte zu diesen und weiteren Fragen Perspektiven für die Zeit nach der Liberalisierung für die Unternehmen, Märkte, Gesellschaft und die Wissenschaft in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus aufzeigen. Während der Jahrestagung sollten deshalb auch die folgenden Fragen erörtert werden:
Zu Beginn der Jahrestagung fanden zwei Prä-Konferenz-Aktivitäten statt, die sich mit den Themen "Determinants of International Trade with Agricultural and Food Products: Empirical Results, Methodological Approaches" und mit "Masse und Klasse? Winzergenossenschaften im Spannungsfeld der Vermarktung" beschäftigten. Die anschließende Plenarveranstaltung widmete sich dem allgemeinen Oberthema der Konferenz, den Perspektiven nach der Liberalisierung für die Agrar- und Ernährungswirtschaft und für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus. In der Podiumsdiskussion, die den Abschluss der Jahrestagung bildete, diskutierten Vertreter aus Verbänden und Wissenschaft kontroverse Positionen zu Tierwohl, Agrarwende und modernen Technologien und den Regulierungsbedingungen nach der Liberalisierung.
In 40 Arbeitsgruppenvorträgen und 26 Posterpräsentationen wurde das Oberthema der Tagung aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Zwei selbstorganisierte Arbeitsgruppen lieferten außerdem Beiträge zur Bedeutung von Agrarterminmärkten als Absicherungsinstrument für die deutsche Landwirtschaft und zum Wettbewerb auf Lebensmittelmärkten aus unterschiedlicher Akteursperspektive.
Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der Konferenz. Der Großteil der Beiträge wird im Tagungsband veröffentlicht werden, der 2016 als Band 51 der "Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V." erscheint.
Dieser englischsprachige Prä-Konferenz-Workshop wurde von GÖCKE und HERRMANN organisiert und hatte zum Ziel, Ergebnisse des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts "Was erklärt den Agraraußenhandel der EU und Deutschlands? Theoretische und ökonometrische Untersuchungen zu Liberalisierung, Makroeffekten und Hysterese" vorzustellen, zu diskutieren und die Ergebnisse durch zusätzliche Referate zu Themen der internationalen Forschung im Bereich des Außenhandels mit Agrarprodukten zu ergänzen. Es ergab sich durchgehend eine lebhafte und anregende Fachdiskussion von methodischen und inhaltlichen Fragen zu den Bestimmungsgründen des internationalen Agrarhandels mit etwa 35 Teilnehmern. Die Diskussion wurde im ersten Teil von MECKL und im zweiten Teil von LOY geleitet.
Nach einer kurzen Einführung über Inhalt und Zielsetzung des Workshops (HERRMANN) präsentierte SCOPPOLA einen mit RAIMONDI und OLPER erstellten Beitrag zum Thema "The Impact of EU Trade Preferences on the Extensive and Intensive Agricultural and Food Product Margins". Die Referentin und ihre Koautoren sind seit Jahren in der Gravitationsliteratur international ausgewiesen, wo in neueren Arbeiten besonders die Bedeutung von Produktdifferenzierung und Produktqualität betont wird. SCOPPOLA stellte für Entwicklungsländer heraus, dass der Exportdiversifizierung zunehmende Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung zukommt. In Handelsanalysen sei es daher besonders wichtig, die Zahl gehandelter Produkte ("extensive margin") und den Wert ("intensive margin") der Handelsströme zu unterscheiden. Unter Verwendung dieser Unterscheidung präsentierte sie ökonometrische Analysen zu den Wirkungen von Präferenzabkommen der EU auf die bilateralen Handelsströme. Zentrales Ergebnis der Panelgravitätsmodelle war, dass die Präferenzzölle der EU zur Exportdiversifizierung der begünstigten Länder beigetragen haben. Insbesondere haben Präferenzzölle bei Agrarprodukten den Handelswert stark gesteigert. Bei der Zahl der gehandelten Produkte, der "extensive margin", waren auch Wirkungen vorhanden, aber erneut weniger für verarbeitete Lebensmittel als für Agrarprodukte.
STAUDIGEL referierte dann im Anschluss auf der Grundlage laufender Arbeiten mit ANDERS zum Thema "Trade Dynamics, Exporter Competition and Heterogeneous Import Demand in a Liberalized Coffee Market". Der Referent analysierte die Wettbewerbssituation und die Entwicklung der Weltkaffeewirtschaft nach dem Zusammenbruch des Internationalen Kaffeeabkommens 1989. Handelsströme in Richtung Deutschland und der USA sind dabei, so STAUDIGEL, durch wachsende Heterogenität gekennzeichnet und zeichnen sich durch variierende Marktanteile aus. In einem ökonometrischen Nachfragesystem interpretierte er Eigenpreiselastizitäten der Importnachfrage als Indikator für relative Marktmacht und Kreuzpreiselastizitäten als Indikatoren der Interaktion zwischen Anbieterländern. Deutsche Kaffeeimporte zeichnen sich durch größere Marktanteile der großen Kaffeeexportländer und eine größere Austauschbarkeit der Anbieter als am amerikanischen Markt aus, aber die hohen Preiselastizitäten der Nachfrage nach Kaffeeimporten aus einzelnen Anbieterländern verhindern die Ausübung von Marktmacht. Der amerikanische Markt ist durch eine stärkere Bindung an Herkunftsländer auf der Grundlage der amerikanischen Verbraucherpräferenzen geprägt.
"Hysteresis in Agricultural and Food Trade: Methodological Approaches and Empirical Results" war der Titel des Vortrags von GÖCKE, WERNER und MATULAITYTE. Nach einer Darstellung des Begriffs Hysterese und seines Ursprungs wurde gezeigt, dass versunkene Markteintritts- und Marktaustrittskosten in Verbindung mit Unsicherheit wichtige Gründe für Hysterese im Außenhandel darstellen. Methodische Grundlagen zu den verwendeten Analysekonzepten zur Hysterese wurden gezeigt. GÖCKE, WERNER und MATULAITYTE stellten dann im Überblick drei Schwerpunkte ihrer Forschungsarbeiten dar: a) die theoretische Analyse von Hysterese in einem Marktmodell; b) empirische Tests auf Hysterese für einzelne internationale Agrarmärkte; c) die Modellierung von Hystereseverlusten. Insgesamt zeigte sich, dass Hysterese im Agraraußenhandel Deutschlands und der EU vorliegt und die Modellierung hysteretischer Entwicklungen und von Hystereseverlusten ein wichtiges und lange vernachlässigtes Arbeitsgebiet darstellt.
Der letzte Vortrag, von FEDOSEEVA und HERRMANN, beschäftigte sich mit "Determinants of Agri-Food Trade: Results from Gravity and Pricing-to-Market Analyses". Zunächst wurden von HERRMANN zentrale Projektergebnisse aus umfangreichen Gravitationsstudien, insbesondere aus Arbeiten von DREYER, vorgestellt. Umfangreiche Panel-Gravitätsschätzungen zeigen die große Bedeutung traditioneller Gravitätsvariablen für den EU-Außenhandel mit Agrargütern und Lebensmitteln auf. Das Einkommenswachstum in Export- und Importländern wirkt handelssteigernd. Mit wachsender Distanz fällt der Handelswert im bilateralen Handel. Daneben liegen erhebliche handelssteigernde Effekte von Marktintegration, innerhalb der EU und der Eurozone, vor. Dann zeigte FEDOSEEVA, wie Wechselkursänderungen auf Handelsströme und Preise im Export von ausgewählten Lebensmitteln wirken. Typischerweise liegen signifikante Wechselkurseffekte vor, die nichtlinear und asymmetrisch sind. Pricing-to-Market-Studien zeigen, dass deutsche Exporteure auf wichtigen Exportmärkten local currency price stabilization (LCPS) betreiben, um ihre Marktanteile zu sichern. Bei Bierexporten ergibt sich aus der Verbindung mit Gravitätsmodellen, dass dies genau dort gilt, wo Importeure starken Wechselkursreaktionen ausgesetzt sind – auf den Hauptexportmärkten, während auf Nebenmärkten Wechselkursänderungen unvermindert auf Preise des Bestimmungslandes weitergegeben werden.
Unter dem Titel "Overview and Conclusions" fasste GÖCKE abschließend zentrale Themen und Methoden des Prä-Konferenz-Workshops im Überblick zusammen und hob die Möglichkeiten der weiteren Verbindung der methodischen Ansätze in der zukünftigen Agrarhandelsanalyse hervor.
Insgesamt zählte der Deutsche Raiffeisenverband im Weinwirtschaftsjahr 2012/2013 173 Winzergenossenschaften mit 2.241 Mitarbeitern und 44.000 Mitgliedern. Davon verfügten 101 Winzergenossenschaften über eine eigene Kellerei. Zusammen erwirtschafteten sie einen Umsatz in Höhe von 775 Millionen Euro. Sowohl die Zahl der Winzergenossenschaften als auch ihr Umsatz im Ganzen sanken in den vergangenen 20 Jahren. Zusätzlich ist zu erkennen, dass die von Genossenschaftsmitgliedern bewirtschaftete Fläche kontinuierlich auf etwa 29.000 Hektar gesunken ist.
Diese Entwicklungen waren der Ansatzpunkt für den Prä-Konferenz-Workshop "Masse und Klasse? Winzergenossenschaften im Spannungsfeld der Vermarktung", welcher von Hanf und Schweickert in Zusammenarbeit mit HILDENBRAND und HÖHLER organisiert wurde. Die Aktualität des Themas sorgte für einen ausgezeichneten Besuch der Veranstaltung und für rege Diskussionen zu den sieben Referaten.
Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in das Thema durch KÜHL legte WEISS in einem umfassenden Beitrag dar, welchen Einfluss die Organisationsform auf die Weinqualität hat. Unter der Berücksichtigung der Relationen "Preis und Qualität" sowie "Marktordnung und Qualität" konnte WEISS zeigen, dass es in der Literatur widersprüchliche Befunde gibt, wie sich die Wahl der Organisationsform auf die Ausprägung der Qualität verhält. Unter Verwendung eines Models, welches explizit die Organisationsform "Winzergenossenschaft" und die Organisationsform "Weinkellerei" berücksichtigt, konnten HILDENBRAND und HÖHLER bestätigen, dass Winzergenossenschaften nicht per se schlechtere Qualität produzieren. Jedoch konnten sie zeigen, dass bei Winzergenossenschaften aufgrund der Organisationsform ein Anreiz besteht, mehr Trauben und damit auch mehr Wein zu produzieren. Als Folge wird ein niedrigerer Preis für deren Wein konstatiert. Als Ansatzpunkt zur Verbesserung der Qualitätsproduktion bei Winzergenossenschaften schlagen HILDENBRAND und HÖHLER vor, einen von der Einzelqualität abhängigen Traubenpreis einzuführen. SCHWEICKERT und HANF haben in ihrem Referat das Spannungsfeld Kundenorientierung versus Mitgliederorientierung aufgezeigt. Aufgrund der Größe des Produktionsvolumens der Winzergenossenschaften sind diese auf den Absatz über den Lebensmitteleinzelhandel angewiesen, welcher sehr wettbewerbsintensiv ist. In diesem Kontext wurde aufgezeigt, dass "Freerider"- als auch "Horizont"-Probleme existieren. In diesem Beitrag wurde weiter gezeigt, dass es Änderungen des Genossenschaftsgesetzes bedarf, um Winzergenossenschaften im Wettbewerb zu stärken.
Im Anschluss an die drei theoretischen Ausführungen kamen vier Praktiker zu Wort. Sowohl KOPP als auch KOST haben in ihren Referaten aufgezeigt, dass Winzergenossenschaften grundsätzlich eine strategische Orientierung der Kostenführerschaft oder der Differenzierung wählen können. Entscheidend sei aber die klare Festlegung auf einen der beiden Strategietypen. Als allgemeine Erfolgsfaktoren bei Genossenschaften wurden aufgezeigt: Entscheidungsfähigkeit des Vorstandes und der Geschäftsführung (Gremieneffizienz und Autorisierung), ein marktgerechter Rebsortenspiegel sowie eine effiziente Organisationsstruktur und marktgerechte Betriebsgröße. Für eine Differenzierung über die Etablierung einer Marke sei insbesondere "Gremieneffizienz und Autorisierung" des Vorstandes und der Geschäftsführung notwendig. Hinsichtlich der Qualitätsbemühungen wurde konstatiert, dass sehr gute Qualitäten sehr wohl möglich sind. Jedoch sei hierfür nicht nur ein Anreiz- und Sanktionssystem notwendig, sondern insbesondere dessen Durchsetzung erfolgskritisch. In diesem Kontext wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass die Mehrzahl der Mitglieder hinter einem solchen Konzept stehen muss, damit es auch umgesetzt werden kann. PILZ konstatierte, dass ein differenziertes Bild der Genossenschaften gezeichnet werden muss. Es kann eigentlich nicht von "der Winzergenossenschaft" gesprochen werden, da die Unterschiede zwischen erfolgreichen und erfolglosen Winzergenossenschaften erheblich sind. Des Weiteren gibt es sehr große genossenschaftliche Unterschiede zwischen den Weinbauregionen. PILZ thematisierte die negative Entwicklung des genossenschaftlichen Sektors hinsichtlich der Rebfläche und der einhergehenden Produktionsmenge. Hieraus folgerte er, dass Genossenschaften große Herausforderungen sowohl auf der Beschaffungs- und Verarbeitungs- als auch auf der Absatzseite haben. Die Ursachen für die negative Entwicklung des genossenschaftlichen Sektors sieht er auf der einen Seite in der Organisationsstruktur als auch auf der anderen Seite in dem Interessensausgleich zwischen den Mitgliedern begründet. JUNG zeigte die aktuellen Marktdaten der Winzergenossenschaften auf. Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 gab es insgesamt 169 Winzergenossenschaften, von denen 96 eine eigene Kellerwirtschaft besitzen. Insgesamt produzieren die rund 44.000 genossenschaftlichen Mitglieder 2,35 Millionen Hektoliter Wein auf 28.600 Hektar Rebfläche. JUNG konstatiert, dass aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität auf dem deutschen Weinmarkt insgesamt eine sehr hohe Weinqualität vorhanden ist und somit eine Differenzierung insbesondere über Marken erfolgen muss. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, geht er davon aus, dass es auch noch in Zukunft zu Fusionen kommen wird und die Förderung von Jungwinzern gestärkt werden muss, sodass die Rebflächen auch in "genossenschaftlicher Hand" verbleiben.
Die anschließende lebhafte Podiumsdiskussion hat die verschiedenen Punkte aufgegriffen und konnte unterstreichen, dass auf der einen Seite ein Teil der Genossenschaften sehr gute Qualitäten zu marktgerechten Preisen herstellen und erfolgreich vermarkten kann, aber auf der anderen Seite es auch Winzergenossenschaften gibt, die erhebliche Schwierigkeiten haben, sodass es auch in Zukunft eine erhebliche Anzahl an Fusionen zu verzeichnen geben wird. Übereinstimmend wurde darauf hingewiesen, dass Reformen im Genossenschaftsrecht angegangen werden müssen.
Die Plenarveranstaltung widmete sich dem Generalthema der Tagung mit insgesamt vier thematisch unterschiedlichen Vorträgen.
Eröffnet wurde die Plenarveranstaltung mit einem Vortrag von HERTEL, der sich mit der Sicherstellung der weltweiten Nahrungsmittelversorgung und dem Umweltschutz in Zeiten der zunehmenden Globalisierung beschäftigte. Nach HERTEL berührt die Globalisierung vor allem drei Ebenen der weltweiten Nahrungsmittelversorgung: (1) Zunahme des Handels mit agrarischen Rohstoffen und Dienstleistungen, (2) zunehmende Mobilität von Arbeit und Kapital, sowohl national als auch international, (3) verstärkter Austausch von Wissen und Erfahrungen.
Ausgehend von der Feststellung, dass die weltweite Nahrungsmittelversorgung in der Vergangenheit (1961 bis 2006) vorwiegend durch die starke Ausdehnung der Getreideproduktion, gespeist vor allem durch enorme Hektar-Ertragszuwächse, aber auch durch eine moderate Ausdehnung der Getreideanbauflächen sowie den Rückgang der Getreidepreise profitiert hat, stellte er die Frage nach den zukünftigen Wachstumsbedingungen in den genannten Bereichen. Im Wesentlichen werden zukünftige Expansionsmöglichkeiten durch drei Triebkräfte maßgeblich beeinflusst. Dies sind die Bedingungen für das Bevölkerungswachstum, die Höhe und Geschwindigkeit des Anstiegs des Pro-Kopf-Einkommens und die Möglichkeiten, die Totale Faktorproduktivität (TFP) in den einzelnen Ländern und Weltregionen zu verbessern. Im weltweiten Maßstab betrachtet kann die unterschiedliche Gewichtung dieser Faktoren zu starken Unterschieden in den Auswirkungen der Globalisierung führen. Die Kapital- und die Arbeitskräftemobilität führen zu einem Anstieg der Angebotselastizität der bodenunabhängigen Produktionsfaktoren auf der einen Seite; auf der Produktionsseite übt andererseits die Globalisierung eine verstärkte Integrationskraft auf den Warenmärkten aus, sodass regionale Preisdifferenzierungen kaum noch ins Gewicht fallen dürften.
Für die Zukunft erwartet HERTEL, dass nicht nur die absoluten Unterschiede, sondern vor allem die relativen Wachstumsunterschiede in den Totalen Faktorproduktivitäten (TFP) den Globalisierungsprozess beeinflussen werden: Die Globalisierung wird die Produktion aus den Regionen mit einem langsamen Produktivitätswachstum in diejenigen mit hohem Produktivitätswachstum verlagern. Als ausschlaggebende Einflussgröße für die Zunahme der Produktivität nannte HERTEL die Höhe der Staatsausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E). Verschiedene Berechnungen mit Hilfe des "Simplified International Model of Agricultural Prices, Land Use and Environment" zeigen die große Wirkung der Globalisierung auf die zunehmende Integration der internationalen Märkte und die wachsende Bedeutung der regional unterschiedlichen Faktorproduktivitäten. Gerade das Wachstum der TFP in den ärmsten Ländern der Welt kann zu unerwarteten Konsequenzen der Globalisierung führen. Besonders betroffen sind die Länder mit hohen Treibhausgasemissionen. In seinem Ausblick auf das Jahr 2050 weist HERTEL darauf hin, dass die Treiber für die globale Landnutzung sich insbesondere auf der Nachfrageseite verändern werden. So wird das weltweite Bevölkerungswachstum nach seinen Berechnungen von jährlich durchschnittlich 1,7 Prozent auf 0,8 Prozent fallen, während die Bedeutung des Einkommenswachstums in den Entwicklungsländern an Einfluss gewinnen wird. Da ein Anstieg der Produktivität sowohl umweltbedrohend als auch umweltförderlich wirken kann, zum Beispiel durch die globalisierungsbedingten Möglichkeiten, Zugang zu Umweltwissen zu erhalten, sind Investitionsanstrengungen sowohl in die Wissensgenerierung als auch die Wissensvermittlung im Sinne produktivitätssteigernder Reformen von großer Bedeutung.
Der zweite Vortrag von SWINNEN widmete sich dem Zusammenhang zwischen der zunehmenden Liberalisierung der Agrarmärkte und der Ausgestaltung von Wertschöpfungsketten in der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Dabei, so SWINNEN, ist die Lehrbuchdarstellung der Mikroökonomie irreführend. Dort werden Spotmärkte landwirtschaftlicher Produkte oft noch als Standardbeispiele für vollkommenen Wettbewerb angesehen, auf denen keine Marktunvollkommenheiten vorliegen. Stattdessen seien Agrarmärkte typischerweise durch heterogene Qualitäten und unvollkommenen Wettbewerb gekennzeichnet. Bei der Analyse von Liberalisierung reiche es nicht, nach der Regel "Getting Prices Right" nur die Preiseffekte der Liberalisierung zu untersuchen. Stattdessen waren und sind Institutionen von entscheidender Bedeutung für das Marktergebnis. Nach SWINNEN muss die Bewertung von Effekten einer Liberalisierung vor allem berücksichtigen, wie die vertikale Koordination in der Wertschöpfungskette vor und nach der Liberalisierung erfolgt.
Die Schwerpunkte der Agrarpolitik in den OECD-Ländern haben sich geändert. Es erfolgte eine Abkehr von Preisstützungsmaßnahmen und direkten Markteingriffen. Stattdessen kommt der staatlichen Regulierung von Produktqualität, zum Beispiel über Standards, zunehmende Bedeutung in der Agrar- und Ernährungspolitik zu und institutionenökonomische Fragen der Regulierung werden in der Agrarökonomie immer wichtiger. Eine Theorie sollte deshalb versuchen, die institutionellen Bedingungen und die Komplexität des Marktgeschehens umfassend zu integrieren. Dabei seien vor allem die Transaktionskosten unterschiedlicher Koordinationsmechanismen, Marktunvollkommenheiten auf den Input- und Outputmärkten, die vertragliche Gestaltung vertikaler Beziehungen in der Wertschöpfungskette und die Rolle von Produktions- und Qualitätsstandards zu berücksichtigen.
Die Bedeutung institutionenökonomischer Überlegungen erläutert SWINNEN dann am Beispiel von Produktionsstandards und der Veränderung von Agrar- und Entwicklungspolitiken der Industrieländer im Verlauf der Liberalisierung. Die Zahl von privaten und öffentlichen Standards hat im internationalen Agrarhandel erheblich zugenommen. Standards erfordern zunächst spezifische Investitionen und Produktionsfaktoren auf Seiten der Produzenten. Da gerade in Entwicklungsländern oft Marktunvollkommenheiten auf Faktormärkten vorliegen, sind Investitionen schwierig. Empirische Studien belegen, dass diese Bedingungen zu verstärkter vertikaler Koordination innerhalb von Wertschöpfungsketten führen und zur Problematik der Durchsetzung vertraglicher Vereinbarungen. Offenbar ist die institutionelle Ausgestaltung von Wertschöpfungsketten endogen: Sie wird von den Instrumenten beeinflusst, die im Zuge von Agrarhandelsliberalisierung bedeutender werden. Ebenfalls wird die Angebotsreaktion von Landwirten als Folge liberalisierter Märkte durch die Organisationsstruktur der Wertschöpfungskette bestimmt; SWINNEN zeigt ganz unterschiedliche Angebotsreaktionen auf Liberalisierung in verschiedenen Regionen der Welt.
Nach SWINNEN gibt es bei der Veränderung der Agrar- und Entwicklungspolitik im Zuge der Agrarhandelsliberalisierung der vergangenen Jahre einige bedeutsame Änderungen, die nur vor dem Hintergrund der Organisation der Wertschöpfungsketten und der Veränderungen auf politischen Märkten für Agrarprotektion verstanden werden können. So kam es zu starken Medieneffekten von großen Preisschocks. Politiker in vielen Ländern haben auf den neuen Zielkonflikt zwischen Preisniveau und Preisstabilität mit neuen protektionistischen Maßnahmen reagiert. Es kam auch zu einer wesentlichen Senkung des Anteils der agrarorientierten Entwicklungshilfe an der gesamten Entwicklungshilfe. Zudem gewannen neue Themen auf den politischen Märkten für Agrarprotektion an Gewicht, so die Umweltaspekte im "Greening" der Europäischen Agrarpolitik. Die Erfolge im umweltpolitschen Bereich werden von SWINNEN sehr kritisch bewertet.
Im dritten Plenarvortrag führte ODENING in die betriebswirtschaftliche Perspektive der liberalisierten Agrarmärkte ein, wobei er im Besonderen die Auswirkungen der Liberalisierung auf die Betriebsentwicklung und den landwirtschaftlichen Strukturwandel aufzeigte. Die wesentlichen Treiber für den agrarstrukturellen Wandel sieht er insbesondere darin, dass die Entscheidung für einen Ausstieg aus der Landwirtschaft und damit den Strukturwandel neben zahlreichen Einzelfaktoren vor allem in der Ineffizienz vieler Betriebe und in der Unsicherheit in Bezug auf die zukünftigen Rahmenbedingungen liegt. Dabei wurden drei Faktoren herausgearbeitet, welche direkt (Marktaustrittsentscheidung) oder indirekt (Effizienz, Unsicherheiten) auf den Strukturwandel einwirken.
ODENING verdeutlichte in einem theoretischen Modell, dass die Entscheidung für einen Marktausstieg vom prognostizierten Weiterführungswert (continuation value) im Vergleich zu der mit dem Liquidationserlös erzielbaren Ausstiegsprämie abhängt. Somit fallen neben den Preisen auch Effizienzparameter, die risikoangepasste Diskontierungsrate und der Liquidationswert der Unternehmung ins Gewicht. Er konnte nachweisen, dass Betriebe mit schlechterer Effizienz und solche mit einem niedrigeren Homogenitätsgrad der Produktionsfunktion schon bei höheren Preisen den Ausstieg aus der Produktion wählen sollten. Weitere Erkenntnisse lieferte ein empirisches Modell, das sich mit dem strukturellen Wandel der Milchproduktion befasst. Zunächst wurden zwei Zusammenhänge dargestellt: Mit zunehmender Größe der Milchkuhherden steigen sowohl Mittelwert als auch Streuung der zugehörigen Effizienz; und je größer die Volatilität, desto geringer ist die Marktaustrittswahrscheinlichkeit bei konstanter Effizienz.
Die Entwicklung der Milchquote wurde als weiterer indirekter Einflussfaktor auf den Strukturwandel in das Ausgangsmodell aufgenommen, der zudem eine Rückkopplung des Strukturwandels auf die Quote selbst zulässt. In einem Modell mit der Annahme der Produktion homogener Güter, Betrieben als Preisnehmer und einer streng monoton fallenden inversen Nachfragefunktion, kann das kritische Produktivitätsniveau bestimmt werden, das, unter Berücksichtigung der Austrittsprämie, zum Verbleib beziehungsweise zum Ausstieg aus der Produktion führen würde. Für einen potentiellen Markteintritt andererseits müssen unter Berücksichtigung der Eintrittskosten positive Gewinnerwartungen vorliegen. Die darauf aufbauende Modellierung des dynamischen Gleichgewichts ergab jeweils eine Austrittsrate und das verbleibende Produktionsniveau für jede Periode. Interessanterweise zeigte sich, dass entgegen der weit verbreiteten Annahme die Existenz der Milchquote durchaus zu einem stärkeren Strukturwandel führen kann als eine Situation ohne Milchquote, da durch den Verkauf der Milchquote ein erhöhter Anreiz zur Aufgabe der Milchproduktion bestehen kann.
Im abschließenden Teil des Vortrags von ODENING wurde die Entwicklung der Pachtpreise thematisiert, dabei insbesondere deren Laufzeitstruktur. Anhand empirischer Daten aus Sachsen-Anhalt für die Jahre 2002 bis 2010 zeigte sich, dass 2005 bis 2006 eine annähernd flache bis leicht invers-U-geformte Preisstruktur vorherrschte, wohingegen 2007 und 2008 die Pachtpreise mit der vereinbarten Vertragslaufzeit signifikant ansteigend waren. In den Jahren 2009 und 2010 glich sich die Zeitstruktur der Pachtpreise wieder aus, allerdings auf deutlich höherem Niveau.
Im vierten Plenarvortrag diskutierte WESSELER zu erwartende Effekte, die sich durch eine weitere Liberalisierung des Handelsverkehrs durch die aktuellen TTIP-Verhandlungen ergeben könnten. Er ging auf die ökonomischen Effekte möglicher Regulierungen, insbesondere hinsichtlich der Zulassung von GVOs, für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft ein. Ferner berichtete er über die Haltung von Konsumenten zu TTIP und GVOs.
In seinen Ausführungen wies WESSELER darauf hin, dass nichttarifäre Handelshemmnisse eine größere Rolle bei den Handelsbeschränkungen spielen würden als Zölle. Derartige Regulierungen würden aber aufgrund der TTIP-Vereinbarungen reduziert und es würde positive Auswirkungen auf den internationalen Handel geben, das heißt je nach Einschätzung von Modelluntersuchungen kann der Effekt mittelgroß (rund drei Prozent Handelsvolumensteigerung) ausfallen. Vor allem klein- und mittelständischen Unternehmen würde ein Abbau von Regelungen zugutekommen. Anhand der kontroversen Diskussionen und hinsichtlich der unterschiedlichen Auffassungen über die Konsequenzen der möglichen TTIP-Vereinbarungen, kann nach seiner Auffassung gezeigt werden, dass unterschiedliche Philosophien bezüglich der Zulassung von GVO und zum Beispiel auch bei Wachstumsförderungsmitteln existieren. Gerade von US-amerikanischer Seite wird immer wieder auf europäische Handelshemmnisse verwiesen, die eine gedeihliche Kooperation und mehr Handel verhindern. Es gibt ein großes Interesse der amerikanischen Industrie an einer umfassenden Lockerung der Beschränkungen der EU bei nicht-tarifären Beschränkungen. WESSELER zeigte anhand verschiedener Argumentationen (international agierender NGOs oder Äußerungen US-amerikanischer oder europäischer Handelsbeauftragter), dass (Risiko-)Bewertungsverfahren eine große Rolle im Streit spielen.
Als Fazit hielt WESSELER fest: Bei allen sachlichen Argumenten scheinen doch letztendlich die unterschiedlichen Einstellungen und Grundhaltungen der Verbraucher gegenüber einer liberalen Handhabung der Verwendung von GVO sehr weit auseinanderzuliegen; die möglichen Resultate der Handelsvereinbarungen werden im Wesentlichen davon bestimmt. Zudem kam er zu der Einschätzung, dass (während die politische Ebene eine eher differenzierte Argumentation anführt) auf Seiten der Konsumenten in den USA weniger ein Problem existiert; währenddessen aber die Verbraucher der EU eine eher ablehnende Einstellung zu GVOs einnehmen.
Weiterhin befasste sich der Vortrag mit staatlichen Möglichkeiten zur Kennzeichnung von GVOs, die in der EU weitestgehend verpflichtend sind; in den USA aber als freiwillig gelten. Das Ausmaß der gesetzlichen Regelungen sollte im Hinblick auf eine Vereinheitlichung betrachtet werden; eine Frage ist, welche Optionen es dafür gibt. Kriterien für die Einstufung in "GVO produziert" oder "gentechnik-frei" wurden vorgestellt. So wurde zum Beispiel der Richtwert für Futtermittel von 0,9 Prozent GVO-Bestandteil als noch "gentechnik-frei" angeführt. Es wird letztlich eine Frage sein, bis zu welchem Standard eine "gentechnik-freie" Kennzeichnung in der EU erlaubt ist. Ergebnisse einer Analyse durch den Vortragenden zeigten, dass schon jetzt ein Großteil deutscher Produkte, die zumeist einen gewissen GVO-Anteil aufweisen, nicht gekennzeichnet ist. Im Hinblick darauf, wäre zu analysieren, was private Standards bringen. Es fragt sich ferner, wie private und staatliche Kennzeichnungen interagieren. Allgemein sollte der privaten Kennzeichnung trotz bestehender Unterschiede eine bedeutendere Rolle zugeschrieben werden. Allerdings sieht WESSELER auch wenige Chancen für eine übergreifende Einigung. Er stuft dies als verhältnismäßig schwierig ein.
In der Podiumsdiskussion, die den Abschluss der diesjährigen Jahrestagung bildete, wurden aktuelle wissenschaftsrelevante und öffentliche Konsequenzen der Liberalisierung aus verschiedenen Blickwinkeln kontrovers diskutiert. Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch kurze Eingangsstatements von BARTMER (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), FEINDT (Universität Wageningen), GRETHE (Universität Hohenheim), HILSE (Landvolk Niedersachsen), TAUBE (Universität Kiel). Moderiert wurde die Diskussion von MATTHIESEN (International Federation of Agricultural Journalists).
Die Aussprache begann mit kurzen Kommentaren zur aktuellen Entwicklung auf dem Milchmarkt. Die Teilnehmer waren sich schnell einig, dass die vergangene und aktuell nachwirkende Marktliberalisierung automatisch zu verstärkten Preisschwankungen auf dem Milchmarkt gegenüber der Referenzsituation mit Milchquote führen würde. Grundsätzlich erwartete HILSE, dass Direktzahlungen schrittweise weiter abgeschafft werden und Landwirte sich einer noch stärkeren Marktorientierung bewusst sein müssten. TAUBE betonte, dass landwirtschaftliches Unternehmertum auch das Tragen unternehmerischen Risikos beinhalte. Die Glaubwürdigkeit würde leiden, wenn man einerseits den Wegfall der Milchquote befürworte, andererseits in der gegenwärtigen Situation wieder nach Preisstützung rufen würde. Für GRETHE und BARTMER ist die aktuelle Krise nicht durch den Wegfall der Milchquote bedingt, sondern durch Planungsfehler bei der Liberalisierung. Für beide Diskutanten ist diese Situation vergleichbar mit Marktentwicklungen in anderen Bereichen, in denen bei einer Liberalisierung auf eine Phase mit hoch regulierten Preisen eine Anpassungsphase des Preisverfalls folgt.
Als weiteres Themenfeld wurden die gesellschaftlichen Ansprüche an eine moderne Landwirtschaft diskutiert. Anlass dazu war das jüngste Gutachten "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung" des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Während auf der einen Seite HILSE in dem Gutachten vor allem Extremforderungen an die landwirtschaftliche Tierhaltung erkennt, die insbesondere durch den Druck von NGOs Eingang gefunden haben, sehen FEINDT und GRETHE in dem Gutachten durchaus eine Orientierungslinie für die zukünftigen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen. Wenn die Landwirtschaft als ein besonderer Wirtschaftsfaktor im Kontext der Natur und der Lebensmittelproduktion gesehen werden soll, sind die im Gutachten zum Ausdruck gebrachten öffentlichen Ansprüche zu berücksichtigen, so FEINDT. Von den Beteiligten der Podiumsdiskussion wurde dabei auch das Spannungsfeld gesehen, in dem sich die Landwirtschaft befindet. Einerseits stünde die Forderung nach mehr Liberalisierung im Raum und andererseits stiegen aber auch die gesellschaftlichen Ansprüche in Bezug auf Tierwohl, Landschaftspflege und Nachhaltigkeit. Ähnliches gilt auch für die mit einer intensiven Landwirtschaft verbundenen Fragen nach der möglichen Internalisierung externer Effekte, auf die TAUBE mit Blick auf den Stickstoff-Überschuss und die Öko-Effizienz im internationalen Zusammenhang hinwies. Bei Leistungen und Kosten werden seiner Meinung nach externe Umwelteffekte bisher nicht berücksichtigt. BARTMER verwies darauf, dass es eines intelligenten Regulierungssystems bedarf, um eine Agrarwende, wenn sie denn von der Gesellschaft gewollt werde, umzusetzen. Dabei muss die Rolle des Staates genau definiert werden. Das Beispiel der Förderung regenerativer Energien in den 80er Jahren zeigt, dass das eingesetzte staatliche Instrumentarium nicht immer gut geeignet ist. Ebenso sei kritisch zu hinterfragen, welche gesellschaftlichen Wünsche von wem zu artikulieren sind und welchen man folgen sollte. Häufig seien diese Vorstellungen inkonsistent und schwankend.
HILSE verwies darauf, dass es ohne gesetzliche Regelungen keine Lösung der Nährstoffüberschussproblematik geben könne. Die Biogasförderung, durch die besonders in Tierhaltungsregionen viele Biogasanlagen gebaut wurden, verschärft die Nährstoffproblematik, da neben Wirtschaftsdüngern nährstoffreiche Gärsubstrate anfallen. BARTMER stimmte HILSE weitgehend zu. Für ihn werden strategische Diskussionen in der Landwirtschaft benötigt. Als Landwirt ist man herausgefordert, die Produktionssysteme im Hinblick auf eine nachhaltige Landwirtschaft zu gestalten. Ebenso sind auch ein verantwortungsvolles Verhalten der Politik und eine adäquate Problembeschreibung notwendig. Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen bedeutet auch, dass Nachhaltigkeit messbar gemacht wird und Maßstäbe definiert werden. Der Sektor kann dies alleine aufgrund des Wettbewerbs und den strukturellen Problemen nicht meistern. Die Frage ist dabei, wie die öffentliche Hand die Landwirte unterstützen kann. In ähnliche Richtung argumentierte GRETHE, der keinen wesentlichen Unterschied in einer guten Regulierung und Liberalisierung sieht; in beiden Fällen will man Märkte funktionieren lassen und damit Externalitäten internalisieren. TAUBE wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wissenschaftliche Erkenntnisse aktuell keinen Eingang in die Praxis finden würden. In Bezug auf die durch das Gutachten des wissenschaftlichen Beirates angeregte Diskussion zum Tierwohl wurden weitere unterschiedliche Positionen und Vorschläge deutlich gemacht. So wies GRETHE darauf hin, dass Tierwohlmaßnahmen vor dem Hintergrund globalisierter Märkte schwierig in Deutschland umzusetzen seien. Unterstützend könnte möglicherweise eine Markierung der Maßnahmen durch ein starkes, staatlich unterstütztes Label sein. Siegel seien, wie die Erfahrungen in den Niederlanden gezeigt haben, keine staatliche Regulierung, sondern dienen der Marktermöglichung, nach Aussage FEINDTs. Im Übrigen müsse man sich jetzt konkret mit der Tierhaltung der Zukunft auseinandersetzen.
Zum Thema Nachhaltigkeit betonten GRETHE und BARTMER, dass es zunächst keiner staatlichen Eingriffe der Förderung bedürfe; Landwirte wären gut in der Lage, ihr Nachhaltigkeitsmanagement allein zu organisieren. Die Gewährleistung der Nachhaltigkeit ist die individuelle Herausforderung des Managements eines landwirtschaftlichen Betriebes. Die Gesellschaft stelle vermehrt Fragen, wie mit Ressourcen umgegangen wird, wobei der Großteil der Öffentlichkeit die tiergerechten Produktions- und Haltungsbedingungen auf den Betrieben nicht beurteilen könnten. Die zahlreichen Beispiele für bereits nachhaltige Verhältnisse müssten besser kommuniziert werden. Die Kommunikation ist eine Schlüsselaufgabe der Landwirtschaft. Allerdings wurde von TAUBE eingewandt, dass nicht immer die rechtlichen Anforderungen den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen würden. Dies sei keine rein emotionale Bewertung, da auch in der Wissenschaft die Meinung vertreten wird, dass die aktuellen Anforderungen nicht immer ausreichen. FEINDT ergänzte dazu, dass dann, wenn die bestehenden gesetzlichen Bedingungen nicht umgesetzt und kontrolliert würden, die Glaubwürdigkeit der Landwirtschaft gefährdet sei.
Während FEINDT die Verbraucherseite als wichtigen Initiator für allgemein akzeptierte Produktions- und Haltungsbedingungen sieht, die gestärkt werden müsse, um die Produktion in Einklang mit den Verbrauchererwartungen zu bringen, weist HILSE darauf hin, dass beim aktuellen Angebot von Fleisch, das unter besonderer Berücksichtigung von Tierwohlaspekten erzeugt wird, keine nennenswerte Nachfrage bestünde. Die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten reicht offenbar nicht aus, um die zusätzlichen Kosten durch tierwohlorientierte Erzeugung zu decken.
Die Forschung und die Praxis wiesen gemeinsam darauf hin, dass die mit der Liberalisierung verbundenen veränderten Wettbewerbsbedingungen und die oft schwankenden Verbrauchererwartungen zu neuen Akzeptanzbedingungen führen und einen zeitlich sicherlich längeren Anpassungsprozess verlangen. Dabei können wissenschaftliche Erkenntnisse hilfreich sein, wenn sie Eingang in die Praxis finden.
Die Beiträge von HEISE und THEUVSEN sowie FIETZ, GRÜNER und BAVAROVA und HILDENBRAND, KÜHL und PIPER befassten sich mit verschiedenen Fragestellungen zur Transparenz und Qualitätsoffenlegung in der Agrar- und Ernährungswirtschaft.
Die Studie von HEISE und THEUVSEN verfolgte das Ziel, die Teilnahmebereitschaft deutscher Landwirte an Tierwohlprogrammen zu ermitteln und mögliche Zielgruppen für die Einführung solcher Programme zu identifizieren. Die Einstellung der Landwirte zu Tierwohl und Tierwohlprogrammen wurde mittels einer Onlinebefragung mit 1.025 Teilnehmern ermittelt und zeigte sehr differenzierte Ergebnisse. Mittels Faktoren- und Clusteranalyse wurden fünf Landwirtgruppen identifiziert, die sich sowohl in ihrer Einstellung zu Tierwohl, als auch ihrer Soziodemografie, den betrieblichen Daten sowie der persönlichen Einschätzung ihrer finanziellen und betrieblichen Situation erheblich voneinander unterschieden. Schlussfolgernd betonten die Autoren die große Bedeutung einer zielgruppenspezifischen Ausgestaltung von Tierwohlprogrammen für deren Umsetzungserfolg. Erste Empfehlungen dazu wurden formuliert.
Die Anreizwirkung von verpflichtenden Transparenzsystemen im Lebensmittelbereich war Gegenstand der Analyse von FIETZ, GRÜNER und BAVAROVA. Für das Beispiel der sogenannten "Smileysysteme" wurde mittels eines Generalized Ordered Logit-Modells der Einfluss materieller und immaterieller Determinanten auf die Gesetzestreue von Restaurantbetreibern und anderen Lebensmittelunternehmern untersucht. Die hierfür erforderlichen Daten wurden durch eine Befragung in drei Berliner Stadtbezirken gewonnen. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass Transparenzsysteme unter bestimmten Umständen geeignet sein können, gesetzestreues Verhalten zu fördern. Hierbei sei es von besonderer Bedeutung, dass die veröffentlichte Bewertung ("Smiley") seitens des Unternehmers als fair oder angemessen empfunden wird.
Anlässlich des Rechtsstreits zwischen Ritter Sport und der Stiftung Warentest im Jahr 2014 untersuchten HILDENBRAND, KÜHL und PIPER, welchen Einfluss negative Schlagzeilen auf die Glaubwürdigkeit eines Qualitätssiegels haben. Anhand der Daten aus einem quasi-natürlichen Experiment konnte gezeigt werden, dass negative Schlagzeilen die Glaubwürdigkeit von Qualitätssiegeln untergraben und der Sieg von Ritter Sport vor Gericht als Pyrrhus-Sieg für Anbieter hoher Qualität und qualitätsbewusste Konsumenten zu bewerten ist. Als geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Steigerung der Glaubwürdigkeit von Qualitätssiegeln identifizierten die Autoren mittels einer Regressionsanalyse die Angabe von Referenzwerten, die Verwendung von Labormethoden zur Qualitätsprüfung und die Erhöhung der Unabhängigkeit des Siegel-Emittenten.
FEDOSEEVA, WUEPPER und SAUER sowie PREHN, GLAUBEN und LOY beschäftigten sich mit unterschiedlichen Themen der internationalen Agrarökonomie am Beispiel von BRIC-Ländern, Ghana und den USA.
FEDOSEEVA untersuchte in ihrem Beitrag die Struktur und den Einfluss europäischer Exporte in die sogenannten BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien, und China). Obwohl das europäische Exportvolumen der Agrarprodukte in die BRIC-Länder stark zugenommen hat, ist das Thema wissenschaftlich kaum erforscht. Deshalb versuchte FEDOSEEVA mithilfe eines nichtlinearen ADRL-Ansatzes (single-step autoregressive distributed lag model) diese Lücke zu schließen. Dabei betrachtete sie die möglichen asymmetrischen Wirkungen der Euro-Wechselkursveränderungen auf die kurz- und langfristigen Exportwertveränderungen. Sie schätzte dafür verschiedene Exportnachfragemodelle für die Jahre 1999 bis 2013. Die Ergebnisse zeigten, dass die Variablen kointegriert und die Beziehungen zwischen Export und dessen Bestimmungsgrößen stabil waren. Insgesamt zeigten ihre Ergebnisse, dass die Exporte in die BRIC-Staaten im Vergleich zu den etablierten Märkten eine stärkere Bedeutung gewonnen haben. Während die traditionellen Exportbeziehungen durch ein breites Angebot an ausdifferenzierten Produkten, Marken und Marktmachtbeziehungen gekennzeichnet sind, spielen beim Handel mit BRIC-Ländern vor allem zunächst noch die Befriedigung einer steigenden Nachfrage und die besonderen Importbedingungen eine wesentliche Rolle, die beachtet werden müssen.
WUEPPER und SAUER gingen der Frage nach, ob die kolonialen Erfahrungen Auswirkungen auf das heutige Marktergebnis haben. Dazu untersuchten sie die Situation des Agribusiness an der Goldküste in Ghana. Als Ausgangshypothese unterstellten sie, dass der Ananas-Vertragsanbau in Ghana maßgeblich von zwei kulturellen Variablen beeinflusst wurde. Die eine Variable ist ein auf das Individuum wirkender Einfluss, den sie mit self-efficacy beschrieben, die den Glauben in die eigenen individuellen Fähigkeiten darstellt. Hinzu kam ein zweites Konzept, welches sie als Sozial-Kapital beschrieben, das Individuen als Mitglieder sozialer Organisationen darstellt. In einer empirischen Untersuchung wurden insgesamt 400 Ananas-Vertragsanbauer befragt und deren Daten mit historischen Ausgangsbedingungen, wie etwa dem Vorhandensein von christlichen Missionarsschulen und der Bedeutung kolonialer Kakao-Genossenschaften verbunden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Glauben in die eigenen Fähigkeiten und das Vorhandensein von Sozial-Kapital, im Sinne der Förderung gemeinsamer Aktivitäten, wirtschaftliche Leistungsunterschiede zwischen den befragten Produzenten begründen können.
PREHN, GLAUBEN und LOY beschäftigten sich mit dem Rationierungsmechanismus auf Getreidemärkten. Immer dann, wenn das Angebot an Getreide gering ist und die Nachfrage das Angebot übersteigt, folgt eine Rationierung der Nachfrage, um die Funktion der Getreidemärkte zu gewährleisten. Dieses oft beobachtete Phänomen wurde bisher in der agrarwirtschaftlichen Literatur kaum diskutiert. Deshalb entwickelten PREHN et al. methodische Ansätze über die Funktion des Rationierungsmechanismus. Am Beispiel der Getreidemarktentwicklungen in den USA haben sie die Nachfragebedingungen zu Zeiten der hohen Maispreise in den Jahren 2007/08, 2010/11 und 2012/13 analysiert. Das empirische Ergebnis unterstrich die Wichtigkeit des Rationierungsmechanismus der Nachfrage für gut funktionierende Getreidemärkte. Dabei zeigten sie auf, welche Rolle insbesondere die Future-Märkte als ökonomisches Steuerungsinstrument besitzen.
Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fragestellungen zum Klimawandel und alternativen Energien findet sich in den Beiträgen von HENNIG, DEHNING und LATACZ-LOHMANN sowie KRÖGER, THEUVSEN und KONERDING und AUBURGER und BAHRS.
Seit der Einführung der politischen Förderung erneuerbarer Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2000 ist die Stromerzeugung aus Biogas stark angestiegen. HENNIG, DEHNING und LATACZ-LOHMANN untersuchen mittels Modellen der räumlichen Ökonometrie die Auswirkungen der Biogasproduktion auf den landwirtschaftlichen Pachtmarkt in Norddeutschland unter besonderer Berücksichtigung der Wechselwirkung mit regionalen Viehdichten. Im Ergebnis zeigt sich, dass eine zunehmende Biogasdichte nur bei gleichzeitig hoher Viehdichte mit signifikanten Preissteigerungen für Ackerland einhergeht.
Immer mehr Betreiber von Biogasanlagen sind auf der Suche nach Gärsubstratalternativen zu Mais, was unter anderem mit zunehmenden rechtlichen Auflagen und einer sinkenden Akzeptanz in der Gesellschaft begründet wird. Die Untersuchung von KRÖGER, THEUVSEN und KONERDING befasste sich mit Güllefeststoffen, welche in der Theorie als geeignete Alternative diskutiert werden, in der Praxis jedoch kaum zum Einsatz kommen. Das Ziel des Beitrags bestand darin, mittels Cluster- und Regressionsanalyse unterschiedliche Adoptorengruppen sowie Determinanten der Bereitschaft zum Güllefeststoffeinsatz zu identifizieren und hierauf aufbauend Maßnahmen zur Förderung des Güllefeststoffeinsatzes in der Bioenergieproduktion abzuleiten. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass hierfür vor allem die Intensivierung der Kommunikation zwischen Biogasanlagenbetreibern und die Stabilisierung des rechtlichen Rahmens zwecks Gewährleistung einer langfristigen Planungssicherheit für Anlagenbetreiber empfehlenswert ist.
AUBURGER und BAHRS ermitteln anhand einer Modellanalyse zur Standortbewertung der Biogasproduktion die ökonomisch-ökologische Vorzüglichkeit verschiedener Energiepflanzen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Zuckerrübe als Substitut zu Silomais, dessen Anbau sich zunehmender ökologischer und gesellschaftlicher Kritik ausgesetzt sieht. Mit der Analyse werden 7.909 georeferenzierte Biogasanlagen berücksichtigt und unter anderem anlagenspezifische Substratbereitstellungskosten und Treibhausgasbilanzen berechnet. Die Ergebnisse der Modellanalyse zeigen, dass Silomais mit rund 46 Millionen Tonnen Einsatzmenge mit Abstand das vorzüglichste Substrat darstellt. Zuckerrüben spielen im Durchschnitt mit 1,6 Millionen Tonnen eine insgesamt untergeordnete Rolle. Nach Einschätzung der Autoren eignet sich das entwickelte Modell zur Beantwortung zahlreicher weiterführender Fragestellungen, wie zum Beispiel die Generierung regionalisierter Anreizinstrumente für einen gezielten Substrat- und Zuckerrübenanbau für die Politikberatung.
Aktuelle Problemstellungen aus dem Bereich Governance/Management waren Gegenstand der Forschungsarbeiten zu Winzergenossenschaften von ISELBORN, HANF, INGENWERTH, SPARER und THEIN, zu Gartenbaubetrieben von MEYERDING sowie zu landwirtschaftlichen Betrieben von NÄTHER und THEUVSEN.
ISELBORN, HANF, INGENWERTH, SPARER und THEIN erläuterten die Problematik der divergierenden Interessen von Mitgliedern und dem Management in Winzergenossenschaften, welche diese Organisationsform im Qualitätswettbewerb vor besondere Herausforderungen stellt. Auf Grundlage der Agenturtheorie wurde mittels Fallstudien qualitätsführender Genossenschaften untersucht, wie und in welchem Ausmaß die Rollenverteilung organisiert werden muss, um die Produktion hoher Qualitäten sicherzustellen. Im Ergebnis zeigte sich, dass eindeutig geregelte Zuständigkeiten und klare Aufgabenzuweisungen von besonderer Bedeutung sind. Als weitere wichtige Faktoren wurden die Lösung von Informationsasymmetrien durch Verträge und explizite Kontrollen sowie die Implementierung detaillierter Anreizsysteme identifiziert.
Die Bestimmung der Organisationsthemen, die aus Sicht von Gartenbauunternehmen für diese (zukünftig) von Bedeutung sind und in deren Kompetenzbereichen liegen, war das Ziel der Studie von MEYERDING. Die Ergebnisse einer Onlinebefragung zeigten, dass sogenannte weiche Faktoren wie Mitarbeitermotivation oder die Gestaltung der Unternehmenskultur in Zukunft für deutlich bedeutsamer gehalten werden als harte Themen, zu denen zum Beispiel die allgemeine Kostenreduktion und Restrukturierung gezählt werden. Gleichzeitig wurde in den weichen Faktoren, wie der Gestaltung der Unternehmenskultur, bereichsübergreifender Zusammenarbeit/Kooperationsverhalten und Führung/Leadership, ein besonders großer Handlungsbedarf gesehen.
Tierseuchen können aufgrund offener Grenzen und des freien Transports von Waren zu überregionalen Bedrohungen mit großem wirtschaftlichem Schaden werden. Aktuell steigt die Gefahr eines erneuten Ausbruchs der Schweinepest, welche bereits Polen und Litauen erreicht hat. Vor diesem Hintergrund stellten NÄTHER und THEUVSEN in ihrem Beitrag ein Tierseuchen-Entscheidungs-Unterstützungs-System (TEUS) vor, welches unter verschiedenen Annahmen (Viehdichte, Anzahl und geographische Lage der Ausbrüche, Größe der Restriktionsgebiete, Bekämpfungsstrategien und andere) zur ökonomischen Bewertung eines Tierseuchenausbruchs eingesetzt werden kann. Nach Einschätzung der Autoren kann mit TEUS eine große Zahl von Szenarien, die durch entsprechende Parametervariationen einen ökonomischen Entscheidungsraum aufspannen, generiert, analysiert und ausgewertet werden.
Fragestellungen zum internationalen Handel bearbeiteten die Beiträge von EHRICH und HESS, WERNER sowie SCHAAK.
EHRICH und HESS befassten sich mit dem Thema der internationalen Handelsstandards. Der Einfluss von Qualitätsstandards auf den Handelsverkehr ist in der wissenschaftlichen Literatur umstritten. Die Debatte bewegt sich zwischen "Standard-als-Katalysator" und "Standard-als-Barriere". Die Erfüllung der Standards wird üblicherweise als Fixkosten-Position kategorisiert und deshalb wird sie mutmaßlich als Handelsbarriere bezeichnet. Dies gilt insbesondere aus Sicht kleiner Länder und Unternehmen. EHRICH und HESS behaupten, dass nicht nur der übliche Fixkosten-Charakter relevant ist, sondern dass darüber hinaus auch institutionelle Aspekte, beispielsweise die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens oder eines Landes, eine große Rolle spielen. Mit Hilfe eines Gravitationsmodells wurde die Hypothese für Länder, die erfolgreich Obst, Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Gemüse in die EU (als Hochstandard-Markt) exportieren und Länder, die in alle Märkte exportieren getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass Eigenschaften, wie Unternehmensgründung, Vertragsdurchsetzung und Kreditvergabe, relevanter für Exporte in die Hochstandard-Märkte als für Exporte in die anderen Märkte sind.
WERNER untersuchte in ihrem Beitrag, ob der reale Eurowechselkurs zum US-Dollar hysteretisch auf Exportwerte einwirkt. Es werden Exportwerte der europäischen Weinerzeugerländer Italien, Spanien und Frankreich in die USA untersucht. Dieser Fragestellung wurde anhand eines Preisach-Modells nachgegangen, das kleine Auf- und Abwärtsbewegungen ignoriert, dafür aber große Wechselkursänderungen berücksichtigt. Für die beiden Weinbauländer Italien und Spanien konnten die Modellberechnungen nachweisen, dass sich der Einfluss des realen Wechselkurses nichtlinear und hysteretisch entfaltet. Für das dritte Untersuchungsland, Frankreich, konnte keine empirische Evidenz über das Auftreten von Hysterese nachgewiesen werden. WERNER erklärt dies so, dass zur Einschätzung der Auswirkungen von Wechselkursänderungen nicht nur die absolute Höhe des Kurses oder der Schwankung, sondern auch der Pfad, das heißt, die vorangegangene beziehungsweise erwartete Wechselkursentwicklung in Betracht gezogen werden muss. So ist zu erwarten, dass Unternehmen Markteintritte oder –austritte intensiv abwägen und erst bei großen oder vielen kleinen Wechselkursentwicklungen in eine Richtung aktiv werden.
SCHAAK analysierte den Einfluss des ASEAN-China-Freihandelsabkommens (ACFTA) auf den internationalen Handel mit Milchprodukten. Mit Hilfe eines Gravitationsmodells wurde der Einfluss der ACFTA-Umsetzung auf den Handel mit ausgewählten Milchprodukten für 36 Länder (inklusive ASEAN-Länder, China und die 25 größten Milchprodukt-Exportländer) in den Jahren 1995 bis 2013 untersucht. Anhand des Models wurden die Handelsausweitungs- und Handelsverlagerungseffekte geschätzt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Einführung des ACFTA zur wesentlichen Ausdehnung des Im- und Exportvolumens führte. Da die gesamten Nettohandelseffekte negativ sind, empfiehlt der Autor eine zurückhaltende Handelspolitik, da eine aktive Preispolitik derjenigen FTA-Mitglieder, die eine wesentliche Rolle in den Weltmärkten der Milchprodukte spielen, sehr wahrscheinlich zu Inlands-Preisverzerrungen in den Ländern führen werden, die stark vom Weltmarktpreisniveau abhängen.
Die Beiträge von HERRERA, GERSTER-BENTAYA, KNIERIM, PARVANTHI und WAIBEL, sowie HERING und MUßHOFF gingen auf die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung ein.
Die zunehmenden umweltlichen und sozialen Herausforderungen der Weltmarktnachfrage rücken Nachhaltigkeitsaspekte zunehmend in den Fokus unternehmerischer Entscheidungen. Dazu erforschten HERRERA, GERSTER-BENTAYA und KNIERIM die Wahrnehmung der Akteure über die Umsetzung und Nützlichkeit von Nachhaltigkeits-Messgrößen aus Sicht der mit der Landwirtschaft verbundenen Stakeholder in neun europäischen Ländern. Mit Hilfe einer qualitativen Befragungsmethodik wurden verschiedene Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Bedeutung für das Entscheidungsverhalten abgefragt. Aus politischer und gesellschaftlicher Sicht sind die sozialen Indikatoren von großer Bedeutung. Diesen wird allerdings von den Stakeholdern der Wertschöpfungskette eine weitaus geringere Relevanz beigemessen.
PARVANTHI und WAIBEL beschäftigten sich mit der Frage, ob Zertifizierungen des Ökolandbaus und des fairen Handels den Kleinbauern von Schwarzem Pfeffer in Indien eine Lösung bieten können, deren Produktivität und Produktionskosten nachhaltig positiv zu beeinflussen. Ausgehend von der Vermutung, dass Ökolandbau stets mit einer geringeren Flächenproduktivität verbunden wird, befragten die Autoren 277 Kleinproduzenten von Schwarzem Pfeffer in Kerala (Indien). Mit Hilfe einer multinominalen endogenen Regressionsanalyse wollten sie herauszufinden, ob die Zertifizierung von Produktion und Handel zu verbesserten Produktionsergebnissen führen kann. Im Ergebnis zeigte sich, dass der Ökolandbau die Erträge über das Niveau des konventionellen Anbaus hinaus erhöhen kann und dass durch die Kombination von Ökolandbau-Zertifizierung und Fairer-Handel-Siegel, durch das kollektive Interagieren der Beteiligten, Effizienzgewinne zu erreichen sind.
Die Gestaltung von dynamischen Anreizmechanismen ist zu einer gängigen Maßnahme von Mikrofinanz-Institutionen (MFI) geworden, um das Risiko des Kreditausfalls zu verringern und die Glaubwürdigkeit eines Kreditnehmers, aus Sicht eines Mikrokreditgebers, zu erhöhen. Bisher gibt es allerdings keine Studie über die dynamische Kreditrationierung für unterschiedliche Kliententypen und die Anpassung der Kreditpolitik auf die Rückzahlungsleistung der Klienten. Mit Hilfe von Datensätzen der Jahre 2007 bis 2013 von MFI in Aserbaidschan, untersuchten HERING und MUßHOFF den Einfluss von Wiederholungskrediten auf Kreditvolumenrationierung und Rückzahlungsleistung von Landwirten. Gleichzeitig unterschieden sie zwischen landwirtschaftlichen und nicht-landwirtschaftlichen Kreditnehmern. Die Ergebnisse zeigten, dass die untersuchte MFI eine restriktive Kreditvergabe anwendete. Die Kreditpolitik war jedoch unterschiedlich für landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Kreditnehmer. Insbesondere zu Beginn der Beziehung mussten die Landwirte eine höhere Kreditvolumenrationierung akzeptieren, die allerdings im Laufe der Zeit gelockert wurde. Die Ursache dafür könnte vor allem darin liegen, dass im Laufe einer Kreditbeziehung die Rückzahlungsbereitschaft durch weitere Kreditvergaben gesteigert werden konnte. Diese Erkenntnisse versprechen, zu einer effizienteren Vergabe der Finanzressourcen unter Kreditnehmern beizutragen.
Problemstellungen mit Bezug zu aktuellen Debatten aus den Bereichen Milchmarkt und Tierwohl behandeln die Beiträge von PAUSTIAN, SCHLOSSER und THEUVSEN, HILDENBRAND und KÜHL sowie PIRSCHER.
Mit dem Einsatz der Balanced Scorecard als Managementinstrument in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigte sich der Beitrag von PAUSTIAN, SCHLOSSER und THEUVSEN. Am Beispiel von Milchviehbetrieben werden mit einer empirischen Erhebung zu betrieblichen Strategien und zur Relevanz von Kennzahlen relevante Strategiedimensionen und Strategietypen identifiziert. In einem weiteren Schritt wurden signifikante Unterschiede hinsichtlich der Strategieausrichtung sowie der Einordnung der Kennzahlen analysiert. Für jedes der vier identifizierten Cluster wurde eine eigene Balanced Scorecard aufgestellt, die die als am wichtigsten angesehenen Kennzahlen zur Beurteilung des Betriebserfolgs für das jeweilige Cluster enthält.
HILDENBRAND und KÜHL zeigten in ihrem Beitrag anhand eines spieltheoretischen Modells, dass beobachtbare Milchauszahlungspreise wettbewerbsbeschränkend und gewinnerhöhend sein können, falls die Konzentrationstendenz im Bereich der Molkereien anhält. Während beobachtbare Milchauszahlungspreise für Milcherzeuger eine Chance auf eine höhere Produzentenrente bieten, bergen sie für Endverbraucher ein Risiko auf eine niedrigere Konsumentenrente. Hierbei wurde insbesondere mit der Organisationsform der Genossenschaft argumentiert, was damit begründet wurde, dass diese im Bereich der Molkereien vorherrschend ist. Nach Ansicht der Autoren lässt sich die Argumentation des Beitrags auch auf andere Organisationsformen übertragen.
Vor dem Hintergrund der Tierwohl-Debatte beschäftigte sich der Beitrag von PIRSCHER mit der Frage, ob sich moralische Fragen zum Umgang mit Nutztieren über den Markt lösen lassen. Hierbei wurde argumentiert, dass die Verwendung eines Labels keine institutionelle Veränderung darstellt, die es erlaubt, Nutztiere gleichermaßen um ihrer selbst Willen zu berücksichtigen, sondern in der anthropozentrischen Perspektive verhaftet bleibt. Die Autorin kam zu der Einschätzung, dass der Wertmonismus des Marktes rechtsbasierte Wertannahmen nicht widerspiegeln kann, der Markt Individuen zudem von der Notwendigkeit, ihre Wertvorstellungen zu begründen und auf dieser Basis Rechte und Pflichten neu zu verteilen, entbindet. Die Nachfrage nach mit Tierwohl-Labeln versehenen Produkten könne daher nur in sehr begrenzter Weise die Werthaltung der Bevölkerung zu Tierschutzfragen widerspiegeln. Ein Label könne nicht von einer fundamentalen gesellschaftlichen Wertedebatte über den Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren entlasten.
Mit Fragestellungen des Entscheidungsverhaltens bezüglich ökologischer Lebensmittel und Verpackungsgrößen befassten sich die Beiträge von GÖTZE, MANN, FERJANI, KOHLER und HECKELEI sowie von YONEZAWA und RICHARDS.
In der Schweiz ist der Marktanteil von Biolebensmitteln im Vergleich zu anderen europäischen Ländern höher und in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. GÖTZE, MANN, FERJANI, KOHLER und HECKELEI untersuchten anhand einer Regressionsanalyse von Haushaltsausgabendaten die unterschiedlich hohen Marktanteile einiger Biolebensmittel. Als zentrale Einflussfaktoren des Marktanteils wurden der Verarbeitungsgrad, das Preisniveau und die Herkunft der Produkte identifiziert. Dementsprechend wurde ein vergleichsweise hoher Biomarktanteil bei Produkten mit geringem Verarbeitungsgrad, mit vergleichsweise geringen Preisaufschlägen oder einem geringen Anteil am Nahrungsmittelbudget der Haushalte sowie bei Produkten aus lokalem Anbau festgestellt.
YONEZAWA und RICHARDS untersuchen, wie Lebensmittelanbieter Verpackungsgrößen als Wettbewerbsinstrument einsetzen und prüfen die Beziehung zwischen Verpackungsgröße und Preiswettbewerb. Hierfür kommen ein Strukturmodell des Konsumenten-, Händler- und Produzentenverhaltens sowie Scannerdaten des amerikanischen Cerealienmarktes aus den Jahren 2007 bis 2010 zum Einsatz. Im Ergebnis werden Verpackungsgröße und Preis als strategische Gegensätze identifiziert: Die Reduktion der Verpackungsgröße führt zur Preissenkung bei Wettbewerb, was weitere Verpackungsgrößenreduktionen und verstärkten Preiswettbewerb nach sich zieht, bis sich ein aus Produzentensicht unerwünschtes Gleichgewicht einstellt.
Die Beiträge von AYENEW, SAUER und ABATE-KASSA, sowie WREE und SAUER beschäftigten sich mit dem Thema Risikomanagement am Beispiel von Äthiopien und Deutschland. Der dritte Beitrag von RÖHRIG und HARDEWEG untersuchte die Einsetzbarkeit des gentechnisch veränderten Weizens in Deutschland.
AYENEW, SAUER und ABATE-KASSA konzentrierten sich auf das Thema Risikopotenzial und Risikomanagement bei landwirtschaftlichen Kleinbetrieben. Das Thema Risiko wird als äußerst wichtig für Entwicklungsländer angesehen, in denen sowohl die individuelle und öffentliche Bereitschaft als auch der Marktmechanismus für ein effektives Risikomanagement relativ schwach ausgeprägt sind. Anhand theoretischer Überlegungen zum Risikoprofil entwickelten die Autoren ein empirisches Modell, um die Wirkung der Risikoaversion landwirtschaftlicher Entscheidungsträger auf das Diversifikationsverhalten der Landwirte zu untersuchen. Mit Hilfe von Haushalts-Paneldaten aus Äthiopien (von 2004 bis 2009) konnte empirisch überprüft werden, dass das Risikoverhalten insbesondere durch den Ausbildungsstand des Haushaltsvorstandes und den Zugang zu Krediten beeinflusst wird. Beide Faktoren erleichtern die Risikominderung durch Diversifikationsanstrengungen der Betriebe und durch die Generierung zusätzlichen außerbetrieblichen Einkommens.
Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind eine der meistadoptierten Innovationen in der Agrarindustrie. Trotz vieler Studien über die Vorteile der GVOs, werden die möglichen gesundheitlichen und umweltlichen Risiken nach wie vor strittig diskutiert. Nach WREE und SAUER fehlte es bisher an Studien über die sozio-ökonomischen Effekte des Anbaus und der Verwendung genetisch veränderter Hochertragssorten bei Weizen. Die Autoren wendeten das Realoptions-Konzept des "Maximum Incremental Social Tolerable Irreversible Costs" (MISTICs) an und überprüften empirisch die Effekte eines Einsatzverbotes von Hochertragssorten genetisch veränderten Weizens für Deutschland. Anhand zweier Szenarien wurden die Kosten- und Nutzenüberlegungen dargestellt und die monetären Effekte eines Anbauverbotes geschätzt. Die sich dabei ergebenden relativ geringen, von der Gesellschaft zu tragenden, Kosten, sprechen eher für wenig Bereitschaft, das Anbauverbot zukünftig zu lockern.
Freilandproduktion von Obst und Gemüse ist generell mit verschiedenen Risiken behaftet. Dort, wo auch noch Dauerkulturen wie die Apfelproduktion betroffen sind, sind flexible Reaktionen auf bestimmte Risiken nur schwierig möglich. RÖHRIG und HARDEWEG wählten in ihrem Beitrag zwei Produktionsregionen in Deutschland aus und untersuchten für einen Datensatz von 134 Apfelproduzenten, wie effiziente Produktionssysteme und Risikomanagementinstrumente auftretenden Risiken begegnen können. Mit Hilfe von stochastischen Dominanzkriterien und der SERF-Methode (Stochastic Efficiency with Respect to a Function) wurden unterschiedliche Risikomanagementstrategien untersucht. Gegeben, dass Hagel und Frost die wichtigsten Produktionsrisiken darstellen, ließen sich durch eine Frost-Hagelnetz-Versicherung in Kombination mit dem Anbau spezifischer Apfelsorten in verschiedenen Regionen witterungsbedingte Risiken reduzieren.
Die Anwendung experimenteller Methoden in der agrarökonomischen Forschung wurde in den Beiträgen von FEIL, ANASTASSIADIS und MUßHOFF sowie GRÜNER und HIRSCHAUER diskutiert.
FEIL, ANASTASSIADIS und MUßHOFF untersuchten anhand eines Discrete-Choice-Experiments die Präferenzen deutscher Landwirte für Betriebskooperationen. Anhand eines Mixed-Logit- und eines multinominalen Logit–Modells wurde bestimmt, ob nicht-monetäre Faktoren, wie das Alter des potentiellen Kooperationspartners, die Dauer der Bekanntschaft mit dem potentiellen Kooperationspartner sowie der Produktionszweig des potentiellen Kooperationspartners, die Entscheidung über eine Betriebskooperation beeinflussen. Darüber hinaus wurden die durchschnittlichen individuellen Zahlungsbereitschaften oder "impliziten Preise" für einen Wechsel der nicht-monetären Attribute berechnet. Die Analyseergebnisse zeigten, dass die Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Landwirten steigt je geringer der Altersunterschied ist, je länger man den potentiellen Kooperationspartner kennt und je ähnlicher die Produktionszweige der Betriebe sind.
Der Beitrag von GRÜNER und HIRSCHAUER beschrieb eine experimentelle Studie, die sich der Frage widmete, wie sich die Variation von Kontext und Politikmaßnahmen auf agrarökonomische Entscheidungen in Unternehmensplanspielen auswirkt. Die Untersuchung machte deutlich, dass sozial erwünschte Technologien trotz ökonomischer Nachteile in erheblichem Umfang eingesetzt werden. Unterschiede in der Rangordnung der Verhaltenswirkung von Politikmaßnahmen zeigten keine statistische Signifikanz. Die Autoren schlussfolgerten, dass weitere Forschung erforderlich sei, um zu überprüfen, wie politische Maßnahmen sich in Kombination mit verschiedenen Entscheidungskontexten auswirken würden.
Die Auswirkungen liberalisierter Bodenmärkte auf die Ressource Wasser, die Wirkungsfähigkeit ländlicher Entwicklungsprogramme und die Qualität ländlicher Arbeitsbedingungen in ausgewählten Ländern wurden von THEESFELD, MORAWETZ und SINABELL und AYENEW, SAUER, ABATE-KASSA und SCHICKRAMM thematisiert.
Die Effekte einer zunehmenden Liberalisierung der Bodenmärkte in Afrika und Teilen Südostasiens sind bisher bereits Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzungen gewesen. Nach Beobachtungen von THEESFELD fehlen allerdings bisher noch Untersuchungen über die möglichen Effekte, die die umfangreichen Flächenakquisitionen auf die lokalen Wasserressourcen haben werden. Einen konzeptuellen Rahmen für derartige Analysen stellte die Autorin in ihrem Beitrag vor. Für ihre Untersuchung legte sie einen Property-Rights-Ansatz zugrunde und zeigte anhand verschiedener Modelle die möglichen Effekte auf, die sich aus unterschiedlichen Land- und Wasser-Eigentumsverhältnissen ergeben könnten. Wenn auch die Verbindung zwischen Landaneignung und Verteilung der Wasserrechte bisher negativ konnotiert sei, sieht die Autorin in dieser Verbindung positive Effekte, vor allem durch den damit verbundenen dauerhaft wirkenden Ausbau der Infrastruktur und die Wissensaneignung der lokalen Akteure.
MORAWETZ und SINABELL diskutierten in einer empirischen Analyse die Möglichkeiten einer zielgenauen Steuerung ländlicher Entwicklungsprogramme der EU am Beispiel Österreichs. Anhand vorliegender Buchführungsergebnisse landwirtschaftlicher Betriebe wurde die Wirkungsgenauigkeit der österreichischen Politikmaßnahme "Modernisierungsmaßnahmen landwirtschaftlicher Betriebe" fallbezogen untersucht. Bisher fehlte es nach Ansicht der Autoren an einer quantitativen Auswertung der Wirkungsweise der zur Investitionssteuerung eingesetzten Maßnahmen sowohl auf Ebene der Europäischen Kommission als auch auf regionaler Ebene. Mit ihrer Untersuchung entwickelten die Autoren quantitative Steuerungsinstrumente. Die Ergebnisse zeigten, dass die vorhandenen statistischen Daten für derartige Untersuchungen genutzt werden können. Empfohlen werden Evaluierungsverfahren, die insbesondere die Kostenwirksamkeit der regionalen Entwicklungsprogramme verbessern.
Der Beitrag von AYENEW, SAUER, ABATE-KASSA und SCHICKRAMM untersuchte die Wirkung der Qualität der ländlichen Beschäftigung auf die Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion für die beiden Länder Äthiopien und Tansania. Die aktuelle öffentliche Debatte über den Zusammenhang von ländlicher Beschäftigung als Lösungsansatz zur Armutsbekämpfung und Ernährungssicherung ist nicht mehr nur durch die möglichen Beschäftigungseffekte, sondern zunehmend auch durch die Qualität der Arbeitsplätze und die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten geprägt. Die Absicht der Autoren war es, die empirische Forschung in diesem Bereich mit einer Analyse der Wirkungen der Beschäftigung auf die Arbeitsproduktivität, den Lebensstandard, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung zu untersuchen. Dazu wurde auf die Statistik der Living Standard Measurement Study-Integrated Surveys on Agriculture (LSMS-ISA) für das Jahr 2011 zurückgegriffen. Die Ergebnisse bestätigten die Ausgangsüberlegung, dass die Qualität der ländlichen Beschäftigung (Schaffung von Arbeitsplätzen, Verbesserung der Arbeitsplatzqualität und die Förderung öffentlicher Beschäftigungsprogramme) als wirkungsvolle Instrumente für die Verbesserung der technischen Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion und damit für eine ländliche Entwicklungspolitik oder Entwicklungsstrategie in der Subsahara Afrikas eingesetzt werden sollten.
Mit Forschungsfragen zu den Themen Investition und Risiko in der Landwirtschaft befassten sich die Beiträge von VOLLMER, HERMANN und MUßHOFF und JÄNECKE, STEINBACH, AURBACHER, EISELE und REINMUTH sowie WETTEMANN.
VOLLMER, HERMANN und MUßHOFF analysierten die Einflussfaktoren, die für Abweichungen der Investitionsentscheidungen deutscher Schweinehalter vom optimalen Investitionsverhalten nach dem Realoptionsansatz (ROA) verantwortlich sind. Hierzu führten die Autoren ein Experiment durch, in dem ökologisch und konventionell wirtschaftende Schweinehalter die Möglichkeit hatten, in einen konventionellen oder ökologischen Maststall zu investieren. Normative Benchmarks gemäß ROA wurden ermittelt und mit den beobachteten Investitionsentscheidungen der Schweinehalter verglichen. Zur Analyse der Einflussfaktoren der Abweichungen wurde ein multinomiales gemischtes Logit-Modell geschätzt. Die Ergebnisse zeigten signifikante Einflüsse nicht-monetärer Variablen: Zum einen wird ein signifikanter Framingeffekt beobachtet. Das bedeutet, dass sich die Abweichungen vom ROA verändern, wenn die Schweinehalter in die praktizierte oder in die nicht-praktizierte Bewirtschaftungsweise investieren. Zum anderen wurde ein Lerneffekt ausgemacht: Die steigende Erfahrung im Experiment führte zu späteren Investitionsentscheidungen. Außerdem wurde ein Einfluss betriebsspezifischer und soziodemografischer Variablen auf die Abweichungen festgestellt.
Der Beitrag von JÄNECKE, STEINBACH, AURBACHER, EISELE und REINMUTH untersuchte die Einstellung deutscher Landwirte zu Effekten des Klimawandels und zielte darauf ab, die Determinanten der Wahrnehmung der Wetterbedingungen zu identifizieren. Hierfür wurden mit einer Befragung von 173 Landwirten Daten erhoben, die anschließend mittels deskriptiver Statistik und multipler linearer Regressionsanalyse ausgewertet wurden. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Wahrnehmung der Wetterbedingungen im Wesentlichen durch vier Faktoren beeinflusst wird: das Alter der Befragten, der Betriebsstandort, der Anteil des aus landwirtschaftlicher Tätigkeit stammenden Einkommens sowie die Höhe des Betriebsgewinns. Die Mehrheit der befragten Landwirte nahm in Bezug auf ihren Standort eine Veränderung der Wetterbedingungen, eine zunehmende Wettervariabilität und eine sinkende Prognostizierbarkeit des Wetters wahr und erwartete infolgedessen Konsequenzen für die eigene landwirtschaftliche Produktion.
Der Beitrag von WETTEMANN analysierte die technische Umwelteffizienz und die Produktivitätsentwicklung von Marktfruchtbetrieben unter Berücksichtigung von Treibhausgasemissionen als unerwünschtem Output. Basierend auf einer erweiterten hyperbolischen stochastischen Distanzfunktion wurden Schattenpreise von Treibhausgasemissionen eruiert, der Einfluss exogener Faktoren auf die Umwelteffizienz getestet und die Treiber der Produktivitätsentwicklung quantifiziert. Die Datengrundlage bildete ein balanciertes Panel von 141 norddeutschen Marktfruchtbetrieben für den Zeitraum der Wirtschaftsjahre 2002/03 bis 2009/10. Die Ergebnisse zeigten einerseits ein relativ hohes Niveau an Umwelteffizienz andererseits aber auch Einsparpotential bei produktspezifischen Emissionen. Einen positiven Einfluss auf die Umwelteffizienz stellten die Autoren bei Standorten mit einer höheren Anzahl an Bodenpunkten sowie einem höheren Fruchtfolgeanteil an Getreide und Zuckerrüben fest. Umwelteffizienz mindernd wirken ein zunehmender Anteil an organischen Düngern und eine höhere Rate an ausgelagerten Dienstleistungen. Die Schattenpreise der Treibhausgasemissionen stiegen tendenziell an und bewegen sich im Mittel zwischen 1,71 und 3,41 Euro je Tonne CO2-Äquivalent. Die ermittelte Produktivitätssteigerung wurde maßgeblich vom technischen Fortschritt vorangetrieben. Änderungen der Umwelteffizienz übten lediglich einen marginalen positiven Einfluss auf die Produktivitätsentwicklung aus, Veränderungen der Skalengröße hemmen die Produktivitätsentwicklung geringfügig.
Auf den liberalisierten Agrar- und Ernährungsmärkten der EU interagieren zunehmend diversifizierte Unternehmen mit horizontalen und vertikalen Kooperationsbestrebungen. Durch die Liberalisierung und die zunehmende internationale Verflechtung stehen die Unternehmen in verschiedenen Branchen vor diversen Herausforderungen. Größenwachstum durch interne, aber auch externe Wachstumsprozesse beeinflusst auf konzentrierteren Märkten die Funktionsfähigkeit des Marktgeschehens. Jüngste wettbewerbsbeschränkende Unternehmenspolitiken und kartellrechtliche Eingriffsverfahren zeugen von dieser Entwicklung. Mit diesen Anmerkungen leitete KÜHL die von ihm organisierte Arbeitsgruppe ein, die sich mit den Wettbewerbsfolgen liberalisierter Märkte aus ordnungspolitischer, unternehmerischer und wissenschaftlicher Perspektive beschäftigte. Die Arbeitsgruppe wurde durch drei Diskussionsbeiträge von BARTH, ENGEL und HAUCAP geprägt.
BARTH referierte über das Kartellrecht als Spielregel für die Ernährungsindustrie und verdeutlichte in einer Gesamtschau die umfangreichen kartellrechtlichen Freiräume zur Kooperation. Trotz dieser kartellrechtlichen Privilegierung sind zahlreiche kartellrechtliche Verstöße in der jüngeren Vergangenheit offenkundig geworden. Die Aufdeckungen der meist horizontalen Kartelle zeigen in Bezug auf die Produktgruppen und den kartellrechtlichen Tatbestand facettenreiche Ausprägungen. So sind bei den von den Kartellabsprachen betroffenen Produktgruppen nicht nur homogene (zum Beispiel Mehl und Zucker), sondern auch vermehrt differenzierte Produkte (zum Beispiel Bier, Kaffee und Wurst) zu erwähnen. Dementsprechend finden sich auch unterschiedliche Erscheinungsformen; neben Kunden- und Gebietsaufteilung (vor allem Zucker und Mehl) oder Mengenaufteilung (Mehl) sind es bei differenzierteren Produkten auch verstärkt Preisabsprachen (Bier, Kaffee, Wurst). Auf der Suche nach Erklärungen für die zunehmende Bedeutung von Kartellbildung in der Ernährungsindustrie wurden verschiedene Aspekte angesprochen: Es bestünde die Möglichkeit einer Kettenreaktion, wobei die Erfahrungen bei der Aufdeckung von Kartellen in anderen Industrien in der Ernährungsindustrie zu einer erhöhten Zahl an Bonusanträgen geführt hat (aber: empirisch nicht vollständig korrekt, bei Zucker wurde der Bonusantrag erst nach Verfahrenseinleitung gestellt). Auch könnte eine verzögerte Missbilligung von rechtswidrigem Handeln durch die Verantwortlichen eine Erklärung sein, genauso wie horizontale Kartelle auch eine Reaktion auf vertikale Marktverhältnisse sein können, die durch die starke Verhandlungsmacht des Lebensmitteleinzelhandels begründet ist. Aufgrund der hohen Umsätze führen die Verfahren oft zu recht hohen Bußgeldern. Man kann den Eindruck bekommen, dass das Verständnis für die Anforderungen des Kartellrechts in der Branche bislang nicht allzu ausgeprägt war. Dabei scheint es, dass die Unbedarftheit zunimmt, je näher man bei der Analyse an ehemals regulierte Wirtschaftsbereiche heranrückt (zum Beispiel Zucker). Es bleibt zu hoffen, dass die bisherigen Verfahren für die Zukunft Signalwirkung entfalten und die "Spielregel" Kartellrecht künftig ernst genommen wird.
ENGEL stellte in seinem Beitrag einleitend die ökonomischen und nationalen Rahmenbedingungen für die Molkereiwirtschaft dar und zeigte die Veränderungen und Tendenzen auf den internationalen Milchmärkten und die Positionierung der deutschen Molkereiwirtschaft auf. Vor dem Hintergrund einer stetig steigenden weltweiten Nachfrage nach Milch und Milchprodukten wies er in seiner Prognose der Milchproduktion auf die steigende Angebotsmenge in den USA, Europa und Neuseeland hin. Steigende Nachfrage sieht er insbesondere in den afrikanischen und asiatischen Märkten. Ein bedeutender internationaler Absatzmarkt ist nach wie vor China, da die Versorgung der sich zunehmend in den Städten konzentrierenden Bevölkerung eine Belieferung zu günstigen Transportkosten verlangt. Dies könne durch ausländische Lieferungen teilweise zu niedrigeren Kosten gewährleistet werden als durch einen Milchtransport innerhalb Chinas von den dortigen peripheren Milchproduktionsgebieten in die Städte. Für die heimischen Märkte sah er eine steigende Unsicherheit und Volatilität des Angebots und der Nachfrage, eine zunehmende Nachfrage nach ernährungstechnischen Verfeinerungen der Milch, die gesellschaftliche Fürsorge für Nachhaltigkeit, die Konsolidierung der Nahrungsmittelindustrie und die steigende Nachfragemacht des Einzelhandels. Die Molkereien werden nicht nur durch die vielfach wesentlich umsatzstärkeren internationalen Wettbewerber, sondern auch durch den LEH unter Druck gesetzt. Obwohl die deutsche Milchwirtschaft und insbesondere die Molkereien, gemessen im Weltmaßstab, eine eher untergeordnete Rolle spielen, sah ENGEL einige den inländischen Wettbewerbsdruck abfedernde Chancen. Solche begünstigenden Bedingungen sieht er in der Internationalisierung der deutschen Molkereien. So verwies er auf die starke Marktposition im Heimatmarkt, die angemessene Eigenkapitalausstattung, die Risikobereitschaft zur Internationalisierung, aber auch das Innovationspotenzial und die Verteilung der Unternehmensstrukturen in Genossenschaften und kapitalorientierten Unternehmensformen. Dabei eröffnen sich Wertschöpfungsmöglichkeiten durch Internationalisierung, insbesondere durch die Innovationstätigkeit in Geschäftsfeldern wie der Markenartikelbildung oder Spezialfeldern wie Nahrungsergänzungsmittel mit entmineralisierter Molke.
In einem dritten Beitrag diskutierte HAUCAP den Wettbewerb auf Lebensmittelmärkten und die Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels. Ausgehend von den zahlreichen Fusionen im Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen Jahren und der damit verbundenen zunehmenden Marktkonzentration wird die Einführung erweiterter theoretischer Konzepte gefordert, mit deren Hilfe die Verhandlungssituationen zwischen den Akteuren angemessen abgebildet werden können. Aus seiner Sicht gewinnt die korrekte Erfassung und Einschätzung der Nachfragemacht in der wettbewerbspolitischen Praxis zunehmend an Bedeutung. An verschiedenen Beispielen des Lebensmitteleinzelhandels zeigte HAUCAP, dass das Vorgehen des Bundeskartellamtes grundsätzlich geeignet ist, Nachfragemacht zu identifizieren. Jedoch kann eine bisher oft im Wesentlichen auf Marktanteilsvergleichen basierende Analyse durch den Einsatz neuerer empirischer Methoden verbessert werden. So sind strukturelle ökonometrische Methoden geeignet, spezifische Konstellation von Verhandlungsmacht zwischen Herstellern und Händlern zu identifizieren. Dies ermöglicht es, qualitative Bewertungen durch quantitative Abschätzungen zu ergänzen. Insbesondere würden strukturelle Ansätze eine genauere Analyse der Interdependenz zwischen Beschaffungs- und Absatzmärkten ermöglichen. Damit wären die Wirkungen von Verhandlungsmacht auf Verbraucher besser abzuschätzen. Die (Standard-) Monopol- und Oligopolmodelle der Wettbewerbspolitik, die für die Analyse von Marktmacht gegenüber Endkunden wichtige Einsichten liefern, sind hierbei oft nicht auf die Analyse von Nachfragemacht anwendbar. Insbesondere kann eine spiegelbildliche Anwendung des Monopson-Ansatzes nicht den Verhandlungscharakter von Nachfragemacht fassen, was letztendlich zu fälschlichen Implikationen auch hinsichtlich der Auswirkungen auf Konsumenten und Wohlfahrt führt. So gibt es keinen systematischen Zusammenhang zwischen Größe und Nachfragemacht. Eine hinreichend präzise Spezifizierung eines geeigneten Analyserahmens ist unabdingbar, wenn man sichergehen will, dass die gesamte Bandbreite der Implikationen von Nachfragemacht erfasst wird. Dies beinhaltet zum Beispiel auch, über die nach seiner Ansicht kontraproduktive Wirkung des Verbots, Lebensmittel unter Einstandspreisen zu verkaufen, für die Hersteller zukünftig nachzudenken.
Auf den liberalisierten Agrarmärkten der EU beeinflussen die Preisschwankungen auf dem Weltmarkt zunehmend das Marktgeschehen. Nach dem Wegfall der Milchquoten im Jahr 2015 und dem Ende der Zuckerquoten im Jahr 2017 steht die Agrar- und Ernährungswirtschaft in weiteren Produktbereichen vor der Aufgabe, sich mit geeigneten Strategien zur Preisabsicherung auseinanderzusetzen. Dazu gehört auch die Nutzung von Terminbörsen, die international bei einer Reihe von Agrarrohstoffen erhebliche Bedeutung für die Preisfindung und die Preisabsicherung haben. Während in den vergangenen Jahren vorrangig über Fragen der Regulierung diskutiert wurde, sollen in dieser von JUNGEHÜLSING selbstorganisierten Arbeitsgruppe Chancen und Anwendungsbereiche dieses Instruments für den Agrarsektor beleuchtet werden.
BOHL berichtete über neue Ergebnisse zur Bedeutung von Futuremärkten für Kassapreise deutscher Agrarrohstoffe. Mit zwei Forschungsprojekten für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wurde zum einen die Bedeutung von Futuremärkten für Kassapreise deutscher Agrarrohstoffe untersucht und zum anderen ergründet, ob es sich bei den starken Agrarrohstoffpreiserhöhungen der Jahre 2007/2008 und der Folgejahre auch um spekulative Blasen gehandelt haben könnte.
Das erste Projekt kam zu dem Ergebnis, dass sich für deutsche Agrarrohstoffkassamärkte ein stabiler langfristiger Zusammenhang zu Matif-Futuremärkten zeigt mit Einfluss auf deutsche Kassamärkte. Die Preiserkennung erfolge maßgeblich auf den Futuremärkten und neue Informationen würden zuerst auf dem Futuremarkt und daraufhin auf deutschen Agrarrohstoffkassamärkten eingepreist.
Im zweiten Projekt konnten spekulative Blasen mangels eindeutiger Kenntnis der übrigen Einflussgrößen methodisch nicht eindeutig identifiziert werden. Festgestellt werden können "Explosive Prozesse" ohne endgültige Festlegung, ob es sich um eine spekulative Blase handelt. "Explosive Prozesse" seien kurzfristige Phänomene weniger Wochen, die häufiger auf dem Kassa- als auf dem Futuremarkt auftreten. Damit sei die Preisdynamik des Futuremarkts im Vergleich zum Kassamarkt stabiler. Mögliche Ursache: Kassamärkte sind segmentierte Märkte und der Futuremarkt ist ein zentralisierter Markt mit höherer Liquidität. BOHL empfahl eine angemessene Regulierung mit dem Ziel des Abbaus von Informationsasymmetrien, Verhinderung von Marktmacht und der Stärkung der Funktionsfähigkeit von Futuremärkten. Die Markttransparenz sei durch Veröffentlichung der Positionierung von Investoren auf Futuremärkten, und zwar auf täglicher Basis und positionsbezogen, zu verbessern. Positionslimits sollten großzügig ausgestaltet werden, eher eine Signalfunktion besitzen und die Funktionsfähigkeit nicht einschränken.
PREHN referierte über den Getreidehandel und die Möglichkeiten der Preisabsicherung und den Basishandel, insbesondere den optimalen Verkaufszeitpunkt, Probleme bei der Nichtlieferung und die Grundlagen des Basishandels. Im Fazit wies er darauf hin, dass die gestiegene Volatilität auch mehr Möglichkeiten eröffne, wobei nicht der Preis sondern der Gewinn zähle. Gewinne sollten deshalb frühzeitig gesichert werden, wobei Vor- und Mindestpreiskontrakte die favorisierten Risikoinstrumente seien.
LILIE stellte die Preisabsicherung mit Terminkontrakten aus der Perspektive eines Milcherzeugers mit 250 Milchkühen dar. Ziel der Preisabsicherung sei es nicht, dauerhaft einen Mehrerlös zu erzielen. Wachsende Betriebe hätten einen hohen Anteil an Fremdkapital, Fremdarbeitskräften und Pachtflächen. Daraus folge bei niedrigen Milchpreisen eine angespannte Liquidität. Eine Planungsrechnung mit abgesicherten Milchpreisen verbessere das Rating bei der Bank. LILIE stellte den organisatorischen und finanziellen Aufwand für die Preisabsicherung über Terminkontrakte durch einen einzelnen Milcherzeuger detailliert dar, ebenso die Auswirkungen auf das Betriebsergebnis. Ein einzelner Betrieb habe einen hohen Liquiditätsbedarf für Bürgschaften und Margincalls. Die Kontraktgröße von fünf Tonnen sei nur für Betriebe mit mehr als 250 Kühen geeignet. Der Handel erfordere viel Zeit, da anders als zum Beispiel bei der Aktienbörse die Geld- und Briefkurse sehr weit auseinanderliegen und das Gebot häufig nachgebessert werden müsse. Auch müsse der Betriebsleiter eine "Neigung" für das Handeln am Terminmarkt haben und konsequent und diszipliniert nach individueller Kalkulation handeln und sich regelmäßig mit dem Marktgeschehen auseinandersetzen. Das Fazit von LILIE: Direkte Absicherung an der Terminbörse durch einzelne Landwirte ist nur für einige wenige große Betriebe (mehr als 250 Kühe) mit der nötigen Liquidität und entsprechender Neigung des Betriebsleiters eine Möglichkeit der Preissicherung. Für eine präzise Preisabsicherung muss eine größere Liquidität erreicht werden. Für die große Mehrheit der Betriebe ist die direkte Preisabsicherung am Terminmarkt nicht geeignet. Hier müsse die aufnehmende Hand für die Preisabsicherung sorgen.
Es wurden 26 Poster in vier parallelen Gruppen in Kurzvorträgen vorgestellt und diskutiert.
Die Tagung wurde vom Vorsitzenden der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V., PROF. DR. ROLAND HERRMANN, mit einem Schlusswort beendet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass 2015 auf der GEWISOLA-Tagung wieder viele interessante neue Forschungsergebnisse präsentiert und intensiv diskutiert wurden. Auch dem Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik kam, unter anderem in den selbstorganisierten Arbeitsgruppen und der Podiumsdiskussion, große Bedeutung zu. Zum Tagungsthema "Perspektiven der Agrar- und Ernährungswirtschaft nach der Liberalisierung" wurde sehr deutlich, dass mit der Abkehr von der Marktpreisstützung in der staatlichen Agrarpolitik viele neue Fragen und neue Instrumente der Regulierung in den Vordergrund getreten sind. Hier steht die wissenschaftliche Analyse in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues vielfach vor neuen inhaltlichen und methodischen Herausforderungen. Die Vielfalt in den gewählten Forschungsthemen sowie die Breite und der Fortschritt in den verwendeten methodischen Konzepten auf der Tagung machen aber optimistisch. Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues sind auf einem guten Weg, die breiten gesellschaftlichen Anforderungen an die Agrar- und Ernährungswirtschaft, an funktionierende Märkte und eine erfolgreiche staatliche Regulierung in ihren Forschungsarbeiten zu integrieren und erfolgreich zu analysieren.
Die Jahrestagung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V. wurde 2015 von der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgerichtet. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden internationalen Wettbewerbs, der Sicherung einer weltweit steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln und deren Herstellungs- und sozialen Qualität, widmete sich die Tagung zahlreicher Fragen zur Weiterentwicklung der Märkte der Agrar- und Ernährungswirtschaft und der Politik in der Zeit nach der Liberalisierung der Europäischen Agrarpolitik. Die Veränderungen wurden aus verschiedenen Blickwinkeln aktuell bewertet. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über das Programm der Tagung und trägt die wichtigsten Ergebnisse der Forschung zusammen. Die Jahrestagung begann mit zwei Prä-Konferenz-Aktivitäten, die sich mit den Themen "Determinants of International Trade with Agricultural and Food Products: Empirical Results, Methodological Approaches" und mit "Masse und Klasse? Winzergenossenschaften im Spannungsfeld der Vermarktung" beschäftigten. Die anschließende Plenarveranstaltung widmete sich dem Konferenzoberthema, den Perspektiven nach der Liberalisierung für die Agrar- und Ernährungswirtschaft und für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus. In der Podiumsdiskussion, die den Abschluss der Jahrestagung bildete, diskutierten Vertreter aus Verbänden und Wissenschaft kontroverse Positionen zu Tierwohl, Agrarwende und den Regulierungsbedingungen nach der Liberalisierung. In 40 Arbeitsgruppenvorträgen und 26 Posterpräsentationen wurde das Thema der Tagung aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Zwei selbstorganisierte Arbeitsgruppen lieferten außerdem Beiträge zur Bedeutung von Agrarterminmärkten als Absicherungsinstrument für die Landwirtschaft und zum Wettbewerb auf Lebensmittelmärkten. Ein Tagungsband, der die in diesem Artikel zusammengefassten Beiträge enthält, wird als Band 51 der "Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V." erscheinen. Die GEWISOLA-Tagung erfreute sich auch 2015 wieder großer Beliebtheit und konnte mit interessanten Ergebnissen und Diskussionen aufwarten. Die Tagung zeigte eindrücklich, dass mit der Liberalisierung viele neue Fragen und neue Instrumente der Regulierung in den Vordergrund getreten sind. Die Vielfalt in den gewählten Forschungsthemen, sowie die Breite und die Fortschritte in den verwendeten methodischen Konzepten zeigten, dass die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues auf einem guten Weg sind, die gesellschaftlichen Anforderungen an die Agrar- und Ernährungswirtschaft, an funktionierende Märkte und eine staatliche Regulierung in ihren Forschungsarbeiten zu integrieren und erfolgreich zu analysieren.
In 2015, the annual conference of the German Society of Economic and Social Sciences in Agriculture was organized by Justus-Liebig-University, Giessen. Against the background of growing international competition, faced with an increasing global demand for food products and their requested quality both where production and social aspects are concerned, the conference addressed numerous issues concerning the further development of agri-food markets and politics following the liberalisation of European agricultural policy. The changes were evaluated from different perspectives. The present article provides an overview of the conference program and summarizes the most important research results.
Prior to the annual conference, two events dealt with "Determinants of international trade with agricultural and food products: empirical results, methodological approaches" and with "Mass and Class? Winegrowers' cooperatives and the conflicting aspects in marketing". The following plenary addressed the general conference topic, id est, perspectives for agriculture and the food industry and for the economic and social sciences in agriculture after liberalisation. In the course of the final panel, representatives from various associations and scientists discussed controversial positions regarding animal welfare, agricultural reform and regimes in the wake of the liberalisation. 40 papers submitted by working groups as well as 26 poster presentations reflected on the conference topic from various points of view. Two self-organized working groups contributed insight on the importance of agricultural futures markets as hedging instruments for agriculture and on the competition that prevails on food markets. Most of the contributions summarized in this article will be published in volume 51 of the conference proceedings ("Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V.").
In 2015 the GEWISOLA conference again attracted quite a number of people, delivered interesting results and fostered discussions. It demonstrated vividly that the liberalisation has raised numerous new questions and that new regulating instruments have appeared on the scene. The diversity of research topics chosen as well as the wide range of and progress made regarding methodological concepts showed that economic and social sciences of agriculture are well on the way to integrating into their research work the social challenges which the agricultural and the food industry, functioning markets and state governmental regulation face and to analyse them successfully.
En 2015, le congrès annuel de la Société des sciences économiques et sociales de l’agriculture (GEWISOLA e.V.) avait été organisée par l’université Justus-Liebig à Gießen. En vue d’une concurrence internationale intensifiée, d‘une demande globale croissante de denrés alimentaires et de leur qualité au niveau de la production et des valeurs sociaux, la conférence a abordé de nombreuses questions concernant le développement des marchés de l’industrie agro-alimentaire et la politique suite à la libéralisation de la politique agricole européenne. Les changements ont été évalués sous plusieurs angles. Le présent article donne un aperçu du programme du congrès et présente les résultats de recherche les plus importants. Deux activités ont eu lieu avant le début du congrès propre et étaient dédiées aux sujets suivants : « Determinants of International Trade with Agricultural and Food Products: Empirical Results, Methodological Approaches » et « Masse et classe ? Les associations viticoles et le défi des exigences de la commercialisation ». La session plénière à la suite était consacrée au sujet principal du congrès, notamment aux perspectives pour l’industrie agro-alimentaire et pour les sciences économiques et sociales de l’agriculture suite à la libéralisation. Au cours de la table ronde qui marque la fin du congrès annuel, des représentants d’associations diverses et du domaine de la recherche ont présenté des positions controverses quant au bien-être animal, la réforme agraire et les conditions réglementaires après la libéralisation. 40 présentations par des groupes de travail et 26 présentations de posters mirent en lumière le thème clé du congrès sous des angles différents. En plus, deux groupes de travail organisés sur place fournirent des contributions sur l’importance des marchés à terme agricoles en tant qu’instrument d’assurance pour l’agriculture et sur la concurrence sur les marchés de denrés alimentaires. Les actes du congrès réuniront la plupart des contributions résumées dans cet article et paraitront dans le volume no. 51 des « Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus e.V ». En 2015 également, le congrès de la GEWISOLA a été très bien fréquenté et a pu présenter des résultats et des discussions valables. Le congrès a clairement démontré que la libéralisation suscite des nombreuses nouvelles questions et que des nouveaux instruments de régulation apparaissent au premier plan. La diversité des sujets de recherche choisis ainsi que l’éventail et le progrès au niveau des concepts méthodologiques ont clairement démontré que les sciences économiques et sociales de l’agriculture sont bien à même d’inclure dans leurs agendas de recherche scientifiques les exigences et les attentes que le public porte à l’industrie agro-alimentaire, au fonctionnement efficace des marchés et à une réglementation officielle et de les analyser avec succès.
Prof. Dr. Joachim Aurbacher, Institut für Betriebslehre der Agrar- und Ernährungswirtschaft
Joachim.Aurbacher@agrar.uni-giessen.de
Prof. Dr. Roland Herrmann, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Roland.Herrmann@agrar.uni-giessen.de
Prof. Dr. Rainer Kühl, Institut für Betriebslehre der Agrar- und Ernährungswirtschaft
Rainer.Kuehl@agrar.uni-giessen.de
Prof. Dr. Ernst-August Nuppenau, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Ernst-August.Nuppenau@agrar.uni-giessen.de
Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Michael Schmitz, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Michael.Schmitz@agrar.uni-giessen.de
Justus-Liebig-Universität Gießen
Institut für Betriebslehre der Agrar- und Ernährungswirtschaft
und Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Senckenbergstr. 3
35390 Gießen