Deutsche Verbraucher decken ihren Bedarf an Lebensmitteln zum größten Teil im Discounter: Annähernd jeder Haushalt hat im Jahr 2013 bei Aldi, Lidl und Co. eingekauft. Discounter verzeichnen die höchsten Ausgaben pro Haushalt. Mehr als 1.300 Euro gaben deutsche Haushalte im Discounter für Konsumgüter des täglichen Bedarfs aus, gefolgt von kleinen Verbrauchermärkten mit knapp 800 Euro (12, Seite 39 ff.). Dabei bieten sich den Verbrauchern meist zahlreiche Alternativen zum Einkaufen in ihrer unmittelbaren Umgebung: Anfang 2014 gab es rund 37.000 Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte und Drogeriemärkte in Deutschland (ebenda: Seite 14), das heißt rechnerisch rund 450 Geschäfte pro einer Million Einwohner. Diese Dichte ist deutlich höher als in den meisten anderen europäischen Ländern (15).
Welche Kriterien spielen bei der Wahl einer Einkaufsstätte eine Rolle und warum sind Discounter so beliebte Einkaufsstätten? Welches Image erzielen die verschiedenen Betriebstypen beim Verbraucher? Diese Fragen untersucht der vorliegende Beitrag. Untersuchungen belegen, dass neben der Preisstrategie des Geschäfts, das heißt der Nutzung von Sonderangeboten, anscheinend auch Opportunitätskosten der Zeit von Bedeutung sind. 60 Prozent der Teilnehmer des Haushaltspanels "HomeScan Consumerpanel" bestätigen, dass sie am liebsten dort einkaufen, wo sie ihre Einkäufe schnell erledigen können (12, Seite 42). In einem theoretischen Überblick werden zunächst Entscheidungskriterien herausgearbeitet, die die Wahl einer Einkaufsstätte beeinflussen. Neben dem Preis liegt das Augenmerk insbesondere auf den Transaktionskosten. Der Kauf von Lebensmitteln wird – mit Ausnahmen, wie beispielsweise bei besonderen Anlässen wie Festen – als "low-involvement-Kauf" angesehen, bei dem nur begrenzte Entscheidungsprozesse ablaufen und verfestigte Verhaltensmuster vorliegen (10, Seite 112). In der Literatur liegen zwar einige Studien zum Einfluss von Transaktionskosten auf die Einkaufsstättenwahl vor, allerdings beziehen sich diese auf "high-involvement"-Produkte wie Fernseher oder Schuhe (3; 7). Da Lebensmittel als "fast moving consumer goods" (FMCG) vom Verbraucher regelmäßig und wiederkehrend nachgefragt werden, spielt neben den Transaktionskosten das Image der Einkaufsstätte vermutlich eine große Rolle. Solche Untersuchungen fehlen bislang. Diese Forschungslücke schließt der Beitrag auf der Basis eines Querschnittsdatensatzes, welcher detaillierte Informationen zur Einkaufsstättenwahl der Verbraucher beim Kauf von Lebensmitteln liefert. Im abschließenden Kapitel werden die Ergebnisse zusammengefasst und diskutiert sowie Implikationen abgeleitet.
In der Literatur werden unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Einkaufsstättenwahl diskutiert. Einige Autoren weisen darauf hin, dass aus der Sicht der Konsumenten beim Einkauf Kosten entstehen, die dem Nutzen aus dem Kauf des Produktes gegenüberzustellen sind (siehe beispielsweise 7; 5). Ein Kauf kommt zustande, wenn der Käufer den Nutzen des Produktkaufs höher ansetzt als die entstehenden Kosten.
Die gesamten Kosten eines Produktes setzen sich aus dem Kaufpreis und den Transaktionskosten zusammen. Nach WILLIAMSON, dem Begründer der Transaktionskostentheorie, entstehen bei der Anbahnung und Abwicklung von Verträgen zwischen mindestens zwei Vertragspartnern immer Transaktionskosten (17, Seite 41). MANKIW definiert Transaktionskosten als die Kosten der Vertragspartner aus dem Abschluss und der Durchführung von Geschäften (9, Seite 231). Wenn die Kosten der vertraglichen Einigung höher sind als der Nutzen, wird der Geschäftsabschluss nicht zustande kommen. KLEIN weist darauf hin, dass bei den Transaktionskosten einerseits zwischen "out-of-pocket"-Kosten und wahrgenommenen Kosten unterschieden werden muss (7). Die erstere Kostenkategorie umfasst zweckgebundene, messbare Aufwendungen des Käufers im Zusammenhang mit dem Erwerb der Waren (zum Beispiel die Fahrtkosten). Wahrgenommene Kosten ergeben sich aus der individuell oder situativ geprägten Beeinträchtigung durch den Kauf (so wird möglicherweise der Zeitaufwand für das Einkaufen von einem Rentner vermutlich anders bewertet werden als von einer berufstätigen Person). Andererseits lassen sich die Transaktionskosten nach den Phasen im Einkaufsprozess unterteilen, wie Abbildung 1 entnommen werden kann. Vor dem Vertragsabschluss treten zum einen Anbahnungskosten auf. Darunter fallen Such-, Informations- und Vergleichskosten. Zum anderen sind Vereinbarungskosten relevant, wie beispielsweise die Kosten der Planung eines Einkaufs, Wegekosten, die Suche der Produkte im Geschäft oder das Warten an der Kasse. Nach Vertragsabschluss fallen Absicherungskosten, wie zum Beispiel die Überwachung der Vereinbarungen, an (3; 7). Beim Kauf von Lebensmitteln im stationären Handel sind diese letzteren Kosten allerdings zu vernachlässigen, im Gegensatz eventuell zu einer Online-Lieferung. GIJSBRECHTS et al. stellen weiterhin heraus, dass die Transaktionskosten dabei unabhängig von der Einkaufsmenge sind (5). Beim Lebensmitteleinkauf ist diese Annahme sicher nicht gerechtfertigt. Während die Fahrtkosten zu einer Einkaufsstätte weitestgehend davon unabhängig sind, ob der gesamte Wocheneinkauf oder nur einige wenige Produkte besorgt werden, variieren die wahrgenommenen Kosten in Abhängigkeit von der Einkaufsmenge. Der Zeitaufwand für den gesamten Bezahlvorgang einschließlich des Ablegens der Waren auf dem Kassenband sowie des Zurückräumens der Waren in den Einkaufskorb steigt mit zunehmender Größe des Einkaufs an.
Beim Einkauf entstehen nicht nur Kosten, sondern der Konsument zieht aus dem Kauf ebenfalls einen Nutzen (5; 7). Dieser Nutzen setzt sich zum einen aus dem Nutzen des Produktes zusammen. Darüber hinaus kann auch das Einkaufen in der gewählten Einkaufsstätte Vergnügen (zum Beispiel durch eine besondere Atmosphäre) und somit Nutzen stiften.
Kosten und Nutzen des Einkaufs oder die Wahl einer Einkaufsstätte unterliegen in ihrer Bewertung verschiedenen Faktoren. Einerseits spielen objektspezifische Kriterien bei der Geschäftswahl eine Rolle. Dazu zählen beispielsweise das Sortiment, der Service und die Erreichbarkeit (3, Seite 26 ff.; 5). Anderseits sind soziodemografische Charakteristika der Käufer von Bedeutung (unter anderem Alter, Geschlecht, Bildung) sowie situative Faktoren (unter anderem Einkaufsanlass, physische, soziale und zeitliche Einflüsse) (3, Seite 40 ff.). Schließlich wird die Wahl einer Einkaufsstätte auch vom Kaufverhalten beeinflusst (5). Darunter fällt einerseits die Anzahl der gewöhnlich besuchten Geschäfte, das heißt ob der Käufer loyal zu einem Geschäft ist oder üblicherweise ein ganzes Choice-Set an möglichen Geschäften aufweist (auch 16). Andererseits zählt hierzu, ob der Kauf in einem bestimmten Geschäft mit dem Kauf in anderen Geschäften verbunden wird oder jeweils separate Einkaufstouren vollzogen werden (5). Abbildung 1 verdeutlicht diese Zusammenhänge.
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Einkaufsstättenwahl.
Quelle: Eigene Darstellung.
BECK bestätigt am Beispiel des Kaufs von Schuhen, dass transaktionskostentheoretische Kriterien für das Aufsuchen eines bestimmten Betriebstyps relevant sind (3, Seite 271 f.). Da der Kauf von Lebensmitteln üblicherweise als "low-involvement"-Kauf angesehen wird, wie oben bereits dargestellt wurde, und Lebensmittelkäufe häufig getätigt werden, ist zu vermuten, dass die Wahl einer Einkaufsstätte für Lebensmittel auch unter der Berücksichtigung von Transaktionskosten vollzogen wird. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel gibt es unterschiedliche Betriebstypen, die sich hinsichtlich ihrer Preisstrategie, ihrem Sortiment oder Sortimentsumfang, aber auch bezüglich der Atmosphäre im Geschäft, der Lage, des Services und anderer deutlich voneinander unterscheiden. Discounter setzen auf dauerhaft niedrige Preise (12, Seite 10; 10, Seite 493 f.; 11). Andererseits zeichnen sie sich durch ein reduziertes Serviceangebot aus, sind oft nahe komplementären Einkaufsmöglichkeiten angesiedelt und gut erreichbar. Auch hinsichtlich des Umfangs des Warenangebotes differieren die Betriebstypen. So bieten zum Beispiel große Verbrauchermärkte mit mindestens 2.500 m2 Verkaufsfläche ein breites, warenhausähnliches Sortiment an Artikeln des Food- und Non-Food-Bereiches in Selbstbedienung an, während Discounter durch ein begrenztes Sortiment gekennzeichnet sind (12, Seite 10). Dies lässt vermuten, dass die wahrgenommenen Kosten wie zum Beispiel das Warten an der Kasse oder die Suche nach Produkten im Geschäft zwischen den Betriebstypen differieren. Aufgrund des übersichtlichen Sortiments, des schnellen Kassiervorganges und der hohen Verfügbarkeit aufgrund der hohen Zahl von Discountgeschäften ist anzunehmen, dass Discounter daher insbesondere von solchen Kunden aufgesucht werden, die neben günstigen Preisen auch an niedrigen Transaktionskosten interessiert sind. In Bezug auf die empirische Analyse wird hierbei zwischen "out-of-pocket"-Kosten und den wahrgenommenen Transaktionskosten unterschieden. Folgende Hypothesen werden untersucht:
(H1a) Die "out-of-pocket"-Kosten sind im Betriebstyp Discounter geringer als in anderen Vertriebstypen.
(H1b) Die wahrgenommenen Kosten sind im Betriebstyp Discounter geringer als in anderen Vertriebstypen.
BECK weist aber auch darauf hin, dass soziodemografische Kriterien bei der Wahl einer Einkaufsstätte von Bedeutung sind (3, Seite 40 ff.). Daher wird folgende Hypothese untersucht:
(H2) Die Wahl einer Einkaufsstätte unterscheidet sich in Abhängigkeit der Ausprägung relevanter soziodemografischer Charakteristika.
GIJSBRECHTS et al. weisen darauf hin, dass auch das Einkaufsverhalten Einfluss auf die Wahl einer Einkaufsstätte ausübt (5). Dazu zählt, ob Lebensmittelkäufe mit anderen Wegen verbunden werden oder ob extra ohne weitere Besorgungen eingekauft wird. Aufgrund des umfangreichen Sortiments ist davon auszugehen, dass großflächige Betriebstypen eher gesondert zu einem besonderen Anlass aufgesucht werden, während Wege zu kleinflächigeren Geschäften oder dem Discounter eher mit anderen Besorgungen verbunden werden.
(H3) Die Wahl einer Einkaufsstätte hängt vom Einkaufsverhalten ab.
Die Studienteilnehmer wurden über zwei Wege rekrutiert. Im Rahmen von face-to-face-Interviews wurden Passanten in der Fußgängerzone einer mittelhessischen Universitätsstadt befragt. Daneben konnten über den internen Mailverteiler der dort ansässigen Universität Studienteilnehmer gewonnen werden. Neben soziodemografischen Angaben wurde die Einkaufshäufigkeit in unterschiedlichen Einkaufsstätten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) erfasst, wer für den Einkauf im Haushalt verantwortlich ist, die Haupteinkaufsstätte für den Kauf von Lebensmitteln erfragt und verschiedene Kriterien der Einkaufsstättenwahl erhoben.
Die Befragung fand im Dezember 2014 statt. Tabelle 1 weist die soziodemografischen Merkmale der Stichprobe, die 539 Personen umfasst, aus. Insgesamt wurden 675 Personen befragt. Da bei einigen Personen unvollständige Fragebögen vorlagen, die Nennung der Haupteinkaufstätte nicht zuordenbar war oder mehrere Haupteinkaufsstätten genannt wurden, reduzierte sich die Stichprobe entsprechend. 73 Prozent der Befragten sind weiblich. Das Durchschnittsalter liegt bei 36,72 Jahren, und 82 Prozent der Befragten haben das Abitur oder die Fachhochschulreife als höchsten schulischen Bildungsabschluss erreicht. Der Anteil der Haushalte, die ein Haushaltsnettoeinkommen von über 4.000 Euro pro Monat zur Verfügung haben, beträgt elf Prozent. Der Vergleich der Zusammensetzung der Stichprobe mit der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland ergibt, dass Männer, ältere Menschen sowie Personen ohne Abitur oder Fachhochschulreife in der Stichprobe unterrepräsentiert sind. Dies ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen.
Tabelle 1: Soziodemografische Merkmale der Stichprobe | ||
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Soziodemographische Merkmale | Ausprägung | Stichprobe (n = 539) |
Geschlecht | Geschlecht (1 = weiblich; 0 = männlich) | 0,73 (0,44) |
Alter | Alter (in Jahren) | 36,72 (16,13) |
Schulbildung | Abitur oder Fachhochschulreife (1 = Abitur oder Fachhochschulreife; 0 = anderer Abschluss) | 0,82 (0,39) |
Haushaltsgröße | Haushaltsgröße (in Personen) | 2,10 (1,22) |
Anzahl von Kindern im Haushalt | Ein oder mehr Kinder unter 16 Jahren im Haushalt (1 = ein oder mehr Kinder im Haushalt; 0 = kein Kind) | 0,15 (0,36) |
Haushaltsnettoeinkommen | Haushaltsnettoeinkommen (1 = Haushaltsnettoeinkommen über 4000 Euro im Monat; 0 = niedrigeres Einkommen) | 0,11 (0,31) |
Quelle: Eigene Berechnungen.
Anmerkung: Standardabweichung in Klammern.
KLEIN führt an, dass zwar Transaktionskosten in der Literatur beschrieben werden, eine Messung dieser allerdings schwierig ist (7, Seite 147). Weiterhin stellt der Autor fest, dass eine Integration der "out-of-pocket"-Kosten in das Phasenmodell des Einkaufsvorgangs mit besonderen Herausforderungen verbunden ist (ebenda: 157). Daher wurde eine zweigeteilte Vorgehensweise der Untersuchung des Einflusses von Transaktionskosten auf die Einkaufsstättenwahl gewählt.
Den Studienteilnehmern wurde eine Liste aus 20 Kriterien vorgelegt, die bei der Wahl einer Einkaufsstätte bedeutsam sein könnten. Anhand einer fünfstufigen Likertskala bewerteten die Befragten die einzelnen Kriterien hinsichtlich ihrer empfundenen Wichtigkeit. Die Einflussfaktoren umfassten in Anlehnung an Abbildung 1 sowohl objektspezifische Kriterien (zum Beispiel zum Sortiment, zu der Atmosphäre oder zur Freundlichkeit des Personals), Preisstrategie (viele Sonderangebote, insgesamt günstige Preise) und Vereinbarungskosten (zum Beispiel Nähe zur Wohnung oder zum Arbeitsplatz, Parkmöglichkeiten, kurze Wartezeiten an der Kasse, Möglichkeit einen schnellen Einkauf zu tätigen). Mit Hilfe einer Faktorenanalyse wurden diese Statements auf insgesamt vier Faktoren verdichtet, die ein umfangreiches Spektrum an Einflussfaktoren auf die Einkaufsstättenwahl abbilden. Die entsprechende Faktorladungsmatrix wird im Anhang dargestellt (Tabelle 3).
Daneben wurden im Fragebogen weiterhin zwei Proxyvariablen für die Transaktionskosten erhoben. Die Entfernung der Haupteinkaufsstätte zum Wohnort (gemessen in Kilometern) ist im Einklang mit den von KLEIN beschriebenen "out-of-pocket"-Kosten, da diese einen Abgang liquider Mittel darstellen (durch die Fahrtkosten) (7, Seite 149). Ebenfalls wurde der wöchentliche Zeitaufwand für das Einkaufen (in Stunden) erfasst. Dieser Zeitaufwand verdeutlicht die wahrgenommenen Kosten und umfasst die individuell oder situativ geprägte Beeinträchtigung durch den Kauf. GIJSBRECHTS et al. (2008) weisen darauf hin, dass auch das Einkaufsverhalten Einfluss auf die Wahl einer Einkaufsstätte nimmt (5). Daher wurde ergänzend erhoben, ob die Studienteilnehmer Einkäufe mit anderen Wegen verbinden oder gesondert einkaufen gehen. Zudem wurde erfragt, ob unterschiedliche Einkaufsstätten in Abhängigkeit von der Einkaufsmenge aufgesucht werden.
Zur Analyse der Einkaufsstättenwahl beim Lebensmittelkauf finden unterschiedliche statistische Auswertungsverfahren Anwendung. Mit Hilfe eines semantischen Differentials wird das Image der Haupteinkaufsstätte untersucht. Bei diesem Skalierungsverfahren stufen die Interviewteilnehmer ihre Haupteinkaufsstätte auf Bewertungsskalen ein, wobei die beiden Pole jeder Skala verbale Gegensatzpaare darstellen (2, Seite 234 ff.). In der vorliegenden Studie werden die Antworten der Befragungsteilnehmer auf die offen formulierte Fragestellung zu ihrer Haupteinkaufsstätte in unterschiedliche Betriebstypen eingeteilt. Die Einteilung der Betriebstypen erfolgt auf der Basis der Nennungen des Namens der Einkaufsstätte. Dabei entfallen auf den Betriebstyp Discounter alle Nennungen zu Aldi, Lidl, Penny, Netto und Norma. Unter dem Betriebstyp Supermarkt/Verbrauchermarkt (SM/VM) sind Nennungen von REWE, EDEKA und tegut zusammengefasst. Eine Differenzierung nach der Größe der Verkaufsfläche in Supermärkte bis 999 m2 Fläche und Verbrauchermärkte ab 1.000 m2 ist auf der Basis der Nennungen nicht möglich. SB-Warenhäuser schließen Globus, real, Hit, EDEKA Herkules und REWE Center ein. Aufgrund der Ortskenntnis der Autoren werden ausdrückliche Nennungen der Probanden von "EDEKA Herkules" und "REWE Center am Standort …" dem Betriebstyp SB-Warenhaus zugeordnet. Unklare Nennungen der Haupteinkaufsstätte wurden keinem Betriebstyp zugeordnet. Aufgrund geringer Fallzahlen wurden die Angaben zur Haupteinkaufsstätte "Fachgeschäft" (n = 2) und "Wochenmarkt" (n = 6) nicht gesondert ausgewertet. 34 Befragte gaben mehr als eine Haupteinkaufsstätte an; Bei insgesamt 94 Probanden lagen keine Angaben vor oder waren diese nicht zuordenbar. Unter dem Betriebstyp "Bioladen" werden sowohl überregional tätige Bio-Supermärkte (zum Beispiel denn’s) als auch kleinere regionale Geschäfte zusammengefasst.
Mit Hilfe des nichtparametrischen Kruskal-Wallis-Tests wird untersucht, ob statistisch signifikante Unterschiede in der Höhe der Transaktionskosten in Abhängigkeit vom Betriebstyp der Haupteinkaufsstätte auftreten. Daneben werden Lageparameter und Streuungsmaße (Mittelwerte, Standardabweichung) erhoben.
Mittels multivariater Methoden werden Bestimmungsfaktoren der Einkaufsstättenwahl ermittelt. Dazu werden in einem ersten Schritt die Kriterien zur Wahl einer Einkaufsstätte mit Hilfe des Verfahrens der Faktorenanalyse auf einige wenige Faktoren verdichtet. Hierbei wird die Hauptkomponentenanalyse als Extraktionsmethode gewählt. Von insgesamt 20 Statements eignen sich 16 für eine Faktorenanalyse (KMO-Kriterium für die Stichprobeneignung: 0,690). Insgesamt können vier Faktoren extrahiert werden, die zusammen 48,8 Prozent der Gesamtvarianz erklären. Sechs Statements können zum ersten Faktor "Schneller Einkauf" zusammengefasst werden. Dazu zählen "Möglichkeit, einen schnellen Einkauf zu tätigen", "Nähe zur Wohnung", "Insgesamt günstige Preise", "Weitere Einkaufsmöglichkeiten vor Ort", "Übersichtlichkeit des Geschäfts" und "Kurze Wartezeiten (an der Kasse/Bedientheke)". Auf den zweiten Faktor "Frische Produkte und Bioprodukte" laden vier Statements positiv hoch: "Hoher Anteil an frischen Produkten", "Hoher Anteil an Bioprodukten", "Frische von Obst und Gemüse" und "Hohe Auswahl an Markenprodukten". Negativ lädt auf diesen Faktor die Variable "Insgesamt günstige Preise". Der dritte Faktor "Atmosphäre" wird durch die Statements "Freundlichkeit des Personals", "Atmosphäre" und "Übersichtlichkeit des Geschäfts" beschrieben. Der letzte Faktor "Parkmöglichkeiten und Kundenkarten" setzt sich aus fünf positiv ladenden Variablen zusammen: "Gute Parkmöglichkeiten", "Nutzbarkeit von Kundenkarten", "Viele Sonderangebote/ Preispromotionen", "Hohe Auswahl an Markenprodukten" und "Große Produktvielfalt/breites Sortiment". Zusätzlich lädt auf diesen Faktor, aber mit negativer Faktorladung, das Statement "Nähe zur Wohnung".
Der erhobene Datensatz bietet neben den Daten zum Betriebstyp der Haupteinkaufsstätte und den mithilfe der Faktorenanalyse verdichteten Kriterien der Wahl einer Einkaufsstätte wichtige soziodemografische Informationen zu einzelnen Haushalten sowie Informationen zum allgemeinen Einkaufsverhalten. Daher kann durch ein multinomiales Logit-Modell (MNL-Modell) die Beziehung zwischen den erklärenden Variablen (Faktoren zu Kriterien der Einkaufsstättenwahl, soziodemografischen Charakteristika der Interviewteilnehmer und allgemeinem Einkaufsverhalten) und der Wahrscheinlichkeit, in einem bestimmten Betriebstyp als Haupteinkaufsstätte einzukaufen, analysiert werden.
Das verwendete MNL-Modell lautet (1, Seite 205 ff.; 14):
mit
Pr[Yi = j] Wahrscheinlichkeit, dass die Haupteinkaufsstätte entweder SM/VM, ein SB-Warenhaus oder ein
Bioladen ist (als Referenzkategorie fungiert der Discounter als Haupteinkaufsstätte),
J Anzahl von Alternativen im Choice-Set des Haushalts,
j = 0 Referenzkategorie (Haupteinkaufsstätte Discounter),
Xi Vektor der exogenen Variablen und
βj Vektor der geschätzten Logitkoeffizienten.
Aus dem Verhältnis zweier Wahrscheinlichkeiten kann die Relative Risk Ratio (RRR) ermittelt werden. Die RRR für Ereignis j von Y und die abhängige Variable Xk entspricht dem Wert, mit dem die geschätzte Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Ereignis j im Vergleich zur Referenz- oder Basiskategorie j = 0 multipliziert wird, um den Effekt einer Änderung der unabhängigen Variablen um den Wert Eins zu ermitteln (6):
Für die abhängige Variable Y "Haupteinkaufsstätte" sind drei verschiedene Ausprägungen möglich: "SM/VM", "SB-Warenhaus" und "Bioladen". Die vierte Kategorie "Haupteinkaufsstätte Discounter" dient als Referenzgröße. Als unabhängige Variablen werden in der empirischen Analyse unterschiedliche soziodemografische Charakteristika der einzelnen Studienteilnehmer, direkt erhobene Kennzahlen für die Transaktionskosten, das Einkaufsverhalten (zum Beispiel Einkauf kombiniert mit sonstigen Wegestrecken) sowie die zu Faktoren verdichteten Kriterien der Einkaufsstättenwahl herangezogen. Die geschätzten Koeffizienten messen die Veränderung der RRR bei einer Änderung der unabhängigen Variablen um eine Einheit, während die anderen unabhängigen Variablen konstant bleiben.
Mit Hilfe eines semantischen Differentials wird das Image der Haupteinkaufsstätte untersucht (Abbildung 2). Auffällig ist, dass der Bioladen die positivsten Bewertungen erhält, mit Ausnahme des Statementpaars "eng – weitläufig". Bedingt durch die oft kleinflächige Vertriebsform bewerten die Interviewteilnehmer die Haupteinkaufsstätte "Bioladen" als enger als die anderen Betriebstypen. Demgegenüber wird der Betriebstyp "Discounter" negativer als die anderen Betriebstypen beurteilt, insbesondere in Bezug auf das Statementpaar "unfreundlich – freundlich". Mit Ausnahme der Paare "dunkel – hell" und "traditionell – modern" sind die Unterschiede in den Bewertungen statistisch signifikant (Kruskal-Wallis-Test; p = 0,0001 – 0,0004) und zeigen, dass die Verbraucher das Image der einzelnen Betriebstypen signifikant unterschiedlich bewerten.
Abbildung 2: Image der Haupteinkaufsstätte
Quelle: Eigene Berechnungen.
Anmerkung: * Statistisch signifikant auf dem 99,9 Prozent-Niveau (Kruskal-Wallis-Test).
Die schlechte Bewertung des Betriebstyps Discounter lässt vermuten, dass andere Kriterien für die Wahl dieser Einkaufsstätte sprechen. Nach den theoretischen Überlegungen kann vermutet werden, dass Transaktionskosten bei der Wahl einer Einkaufsstätte relevant sind. Abbildung 3 bestätigt, dass die direkt erfassten Transaktionskosten in Abhängigkeit des Betriebstyps der Haupteinkaufsstätte differieren. Verbraucher, die einen Discounter oder einen SM/VM als Haupteinkaufsstätte angeben, wenden dabei mit rund zwei Stunden pro Woche weniger Zeit für den Einkauf auf als Kunden eines SB-Warenhauses (2,79 h/Woche) oder Bioladens (2,32 h/Woche). Der Kruskal-Wallis-Test bestätigt, dass dieser Unterschied in den wahrgenommenen Kosten signifikant auf dem 95 Prozent-Niveau ist (p = 0,0484). In Bezug auf die "out-of-pocket"-Kosten bestehen höchst signifikante Unterschiede (p = 0,0001). Die Entfernung vom Wohnort zur Haupteinkaufsstätte ist beim SM/VM (2,41 km) am geringsten, gefolgt vom Discounter (2,79 km) und SB-Warenhaus (4,92 km). Die weitesten Wege nehmen Kunden des Bioladens auf sich (5,19 km). Zusammenfassend zeigt sich, dass die direkt erfassten Transaktionskosten Entfernung und Wegezeit im Betriebstyp SM/VM geringer sind als in den anderen Vertriebsformen. Hypothese 1a kann damit nicht zugestimmt werden.
Abbildung 3: Direkt erfasste Transaktionskosten in Abhängigkeit von der gewählten Haupteinkaufsstätte
Quelle: Eigene Berechnungen.
Hinsichtlich des Einkaufsverhaltens bestehen geringe Unterschiede in Abhängigkeit von der gewählten Haupteinkaufsstätte. Kunden, die den Bioladen bevorzugen, fahren seltener extra los als bei den anderen Betriebstypen. Stattdessen verbinden sie den Einkauf mit anderen Wegen. Am häufigsten fahren Verbraucher, die das SB-Warenhaus bevorzugen, extra los. Diese Unterschiede sind nicht statistisch signifikant (Kruskal-Wallis-Test; p = 0,2657). Kunden des SB-Warenhauses nutzen häufiger als andere Kundengruppen zusätzlich eine andere Einkaufsstätte in Abhängigkeit von der Einkaufsgröße. Auch dieser Unterschied ist nicht statistisch signifikant (Kruskal-Wallis-Test; p = 0,5577).
Abbildung 4: Einkaufsverhalten in Abhängigkeit von der gewählten Haupteinkaufsstätte
Quelle: Eigene Berechnungen.
Mittels einer multinomialen Logitschätzung wird der Erklärungsbeitrag der soziodemografischen Charakteristika, der direkt erhobenen Kennzahlen für die Transaktionskosten, des Einkaufsverhalten sowie der zu Faktoren verdichteten Kriterien der Einkaufsstättenwahl auf die Einkaufsstättenwahl ermittelt (siehe Tabelle 2). Die Interpretation der Koeffizienten beruht auf dem Vergleich der RRR zur Referenzkategorie "Discounter". Insgesamt kann die Güte der Schätzung mit einem Pseudo-R-Quadrat von 0,21 für eine Querschnittsanalyse als hinreichend gut bezeichnet werden.
Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, haben "out-of-pocket"-Kosten einen Einfluss auf die bevorzugte Einkaufsstätte. Die Chance, dass ein SB-Warenhaus oder ein Bioladen gegenüber dem Discounter bevorzugt wird, steigt mit zunehmender Entfernung der Einkaufsstätte vom Wohnort. Für den SM/VM ist dieser Zusammenhang negativ, aber nicht signifikant. Zwischen Discounter und SM/VM variieren die "out-of-pocket"-Kosten anscheinend nicht, zwischen dem Discounter und den anderen Betriebstypen allerdings schon. Hypothese 1a kann daher auch mit Hilfe der multinomialen Logitanalyse nicht eindeutig zugestimmt werden. Die Chance, dass die Haupteinkaufsstätte ein SB-Warenhaus ist, liegt 1,23 mal höher, wenn der Kunde extra losfährt zum Einkaufen, als wenn er den Einkauf mit anderen Wegen verbindet. Hypothese 3 kann somit nicht verworfen werden.
Auch die Kriterien der Einkaufsstättenwahl weisen meist signifikante Einflüsse auf. Im Vergleich zum Discounter sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Haupteinkaufsstätte ein SM/VM, ein SB-Warenhaus oder ein Bioladen ist, mit einer steigenden Wichtigkeit des Faktors "Schneller Einkauf und günstige Preise". Dieser Faktor vereint viele Kriterien, mit denen sich der Betriebstyp Discounter profiliert: günstige Preise durch eine Dauerniedrigpreisstrategie, kurze Wartezeiten an der Kasse oder die Ansiedlung von Discountern meist in Verbindung mit anderen Geschäften (zum Beispiel Drogeriemärkten). Damit deuten die Ergebnisse an, dass die wahrgenommenen Kosten eines Einkaufs im Discounter vom Verbraucher geringer eingestuft werden als bei den anderen Betriebstypen. Hypothese 1b kann für die wahrgenommenen Kosten nicht verworfen werden.
Tabelle 2: Ergebnisse der multinomialen Logitschätzunga | |||
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Unabhängige Variablen | Abhängige Variable: Bevorzugte Einkaufsstätteb | ||
Supermarkt/ Verbrauchermarkt (n = 279) | SB-Warenhaus (n = 74) | Bioladen (n = 25) | |
Entfernung zum Wohnort | -0,073 (-1,63) | 0,100** (2,32) | 0,148** (2,41) |
Extra losfahren zum Einkauf (Referenz: nicht extra fahren) | -0,068 (0,80) | 1,23*** (3,04) | 0,674 (1,07) |
Faktor "Schneller Einkauf" | -0,711*** (-4,27) | -0,783*** (-3,51) | -1,718*** (-5,66) |
Faktor "Frische Produkte und Bioprodukte" | 0,756*** (5,24) | 0,757*** (3,75) | 1,613*** (3,95) |
Faktor "Atmosphäre" | 0,305** (2,24) | -0,183 (-0,99) | 0,406 (1,19) |
Faktor "Parkmöglichkeiten und Kundenkarten" | 0,174 (1,09) | 0,629*** (2,74) | -0,375 (-1,05) |
Werbeprospekte zur Einkaufsplanung (Referenz: keine Werbeprospekte nutzen) | 0,185* (1,77) | 0,211 (1,45) | 0,033 (0,13) |
Alter | -0,002 (-0,22) | -0,020 (-1,59) | -0,006 (-0,29) |
Haushhaltsgröße | 0,189 (1,59) | 0,072 (0,45) | 0,1222 (0,47) |
Berufstätigkeit (Referenz: nicht berufstätig) | 0,248 (0,85) | 0,258 (0,64) | 1,540** (2,27) |
Log Likelihood-Funktion -348,04 Likelihood Ratio Test (FG) 181,50*** (33) Pseudo-R-Quadrat 0,21 |
Quelle: Eigene Berechnungen.
Anmerkungen: a dargestellt sind Relative Risk Ratios; b Referenzgruppe: Discounter (n = 161); ***, **, * statistisch signifikant auf dem 99 Prozent-, 95 Prozent-, 90 Prozent-Niveau. Z-Werte in Klammern.
Die drei Betriebstypen SM/VM, SB-Warenhaus und Bioladen profilieren sich dagegen mit der Frische ihrer Produkte und dem Anteil von Bioprodukten. Folgerichtig steigt im Vergleich zum Discounter bei einer zunehmenden Wichtigkeit des Faktors "Frische Produkte und Bioprodukte" die Wahrscheinlichkeit an, dass der Kunde in einem SM/VM, SB-Warenhaus und Bioladen als Haupteinkaufsstätte einkauft. Im Vergleich zum Discounter steigt zudem die Wahrscheinlichkeit an, dass der SM/VM gewählt wird bei einer zunehmenden Wichtigkeit des Faktors "Atmosphäre". Im Vergleich zum SB-Warenhaus und Bioladen ist allerdings kein signifikanter Einfluss festzustellen. Mit einer zunehmenden Wichtigkeit des Faktors "Gute Parkmöglichkeiten und Kundenkarten" steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein SB-Warenhaus gegenüber dem Discounter gewählt wird. Kein signifikanter Einfluss besteht im Zusammenhang mit dem Supermarkt oder Bioladen.
Die Chance, dass ein SM/VM eher die Haupteinkaufsstätte als ein Discounter ist, ist für einen Verbraucher, der seine Einkäufe anhand von Werbeprospekten plant, 0,19 mal höher als für einen Konsumenten, bei dessen Einkaufsplanung Prospekte nicht relevant sind. Dieser Zusammenhang ist allerdings nur auf dem 90 Prozent-Niveau signifikant.
Die Chance, dass ein Bioladen eher die Haupteinkaufsstätte als ein Discounter ist, liegt 1,54 mal höher bei berufstätigen Konsumenten als bei Studenten, Schülern oder nicht erwerbstätigen Personen. Überprüft wurden auch das Geschlecht, der höchste Ausbildungsabschluss, das Haushaltsnettoeinkommen, das Vorhandensein von Kindern und der Besitz eines Autos. Die Parameter, die den Einfluss dieser soziodemographischen Variablen auf die Einkaufsstättenwahl beschreiben, waren statistisch nicht signifikant. Hypothese 2 kann damit teilweise nicht verworfen werden.
Die vorliegende Studie untersucht den Einfluss von Transaktionskosten und weiteren Kriterien auf die Einkaufsstättenwahl von "low-involvement"-Gütern, wie Lebensmitteln, und liefert damit detaillierte Einblicke in das Entscheidungsverhalten der Verbraucher. Anhand eines semantischen Differentials wurde dazu zuerst das Image der Haupteinkaufsstätte herausgearbeitet. Trotz einer breit angelegten Modernisierungsstrategie beim Disocunter Aldi (8) wird das Image des Betriebstyps "Discounter" insgesamt negativer beurteilt als das anderer Betriebstypen. Aus transaktionskostentheoretischen Gesichtspunkten ist die Wahl des Discounters jedoch vorteilhaft. Die empirische Analyse belegt einerseits, dass anscheinend "out-of-pocket"-Kosten, gemessen als Entfernung zum Wohnort, im SM/VM und Discounter geringer sind als in den anderen Betriebstypen. Kunden des Discounters schätzen andererseits, neben den günstigen Preisen, vor allem die Möglichkeit, einen schnellen Einkauf zu tätigen, das heißt die wahrgenommenen Transaktionskosten werden vom Verbraucher niedriger eingeschätzt als in den anderen Betriebstypen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich in der Wahrnehmung der Verbraucher Discounter anscheinend durch ein "Gesamtpaket" aus günstigen Preisen und schnellem Einkauf profilieren. Entgegen den Erwartungen der Autoren haben sich in der Faktorenanalyse keine getrennten Faktoren "günstige Preise" und "schneller Einkauf" herausgebildet, sondern nur der gemeinsame Faktor als Kombination beider Bestandteile der Absatzpolitik eines Discounters. Weiterführende Untersuchungen zur stärkeren Differenzierung zwischen dem Preis und den Transaktionskosten als Kriterien der Wahl des Discounters wären daher wünschenswert – möglicherweise durch eine Studie auf der Basis von Haushaltspaneldaten.
Super- und Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser und Bioladen profilieren sich dagegen aufgrund der Frische ihrer Produkte und der Bioprodukte. Kunden des Super- oder Verbrauchermarktes schätzen zudem die Atmosphäre im Geschäft und die Freundlichkeit. Für das SB-Warenhaus spricht zudem die gute Infrastruktur durch Parkplätze und das Angebot von Kundenkarten. Dafür sind Kunden des SB-Warenhauses gerne bereit, extra loszufahren und weitere Wege auf sich zu nehmen.
BECK kommt zu dem Ergebnis, dass neben dem Preis die unter transaktionskostentheoretischen Gesichtspunkten betrachteten Kriterien Sortiment, Marken, Parkplätze, Beratung und Atmosphäre für das Aufsuchen eines bestimmten Betriebstyps und den dortigen Erwerb der Ware entscheidungsrelevant sind (3, Seite 270). Auch KLEIN zeigt, dass Transaktionskosten zur Erklärung der Wahl zwischen stationärem Einkauf eines Fernsehers und Onlinekauf beitragen, eine strenge Dreiteilung der Transaktionskosten in die unterschiedlichen Phasen des Einkaufsprozesses allerdings nicht zielführend ist (7, Seite 157 f.). Vor diesem Hintergrund wurden unterschiedliche Operationalisierungen von Transaktionskosten vorgenommen und deren Einfluss auf die Einkaufsstättenwahl bei "low-involvement"-Gütern wie Lebensmitteln untersucht. Zusammenfassend zeigt sich, dass sowohl die wahrgenommenen Kosten der Einkaufsstättenwahl als auch die direkt erfassten Merkmale Wegezeit und Entfernung zur Erklärung der Wahl einer Einkaufsstätte beitragen. Es besteht jedoch weiterer Forschungsbedarf in Bezug auf die Operationalisierung von Transaktionskosten.
Für die Wahl einer Einkaufsstätte könnte jedoch auch eine verhaltensökonomische Begründung relevant sein. So kann möglicherweise davon ausgegangen werden, dass die Verbraucher auch deshalb Discounter als Einkaufsstätte wählen, um sich ihren Einkauf zu vereinfachen und beispielsweise vor der in größeren Betriebstypen vorherrschenden Marken- und Labelvielfalt "zu schützen". Es wäre daher in weiteren Forschungen interessant, die Bedeutung solcher Heuristiken als einfache Handlungsschritte auf die Einkaufsstättenwahl zu überprüfen (4, Seite 203 ff.).
OLEARIUS et al. bestätigen, dass der Einfluss soziodemografischer Variablen auf den Geschäftsstättenwechsel beim Kauf von Milchprodukten nur gering ist (13). Auch in der vorliegenden Studie zeigt sich, mit Ausnahme der Berufstätigkeit, kein Einfluss soziodemografischer Variablen auf die Wahl der Haupteinkaufsstätte. OLEARIUS et al. zeigen auf, dass andere Kriterien, wie der Anteil von Handelsmarken, bedeutsamer sind (13). Eine detaillierte Erfassung der objektspezifischen Kriterien erscheint in zukünftigen Analysen sinnvoll, um nicht nur die Transaktionskosten, sondern auch den Transaktionsnutzen bei der Wahl einer Einkaufsstätte zu erfassen.
In Anlehnung an Abbildung 1 und die Ausführungen im Kapitel 2 ist anzumerken, dass eine engere Verknüpfung der Transaktionskosten mit den soziodemographischen Charakteristika, den objektspezifischen Kriterien, dem Einkaufsverhalten und situativen Faktoren in der empirischen Analyse wünschenswert wäre. Strukturgleichungsmodelle bieten sich hierfür an.
Zum gewählten Forschungsdesign ist weiterhin kritisch anzumerken, dass die Stichprobe nicht repräsentativ ist und insbesondere jüngere Personen und Personen mit einem höheren Bildungsabschluss überrepräsentiert sind. Für diese Personengruppe hat möglicherweise der Onlinekauf von Lebensmitteln eine stärkere Bedeutung, sodass Verzerrungen denkbar sind. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Zuordnung des Betriebstyps der Haupteinkaufsstätte auf der Basis der wörtlichen Nennungen der Interviewteilnehmer erfolgte, Fehlinterpretationen allerdings möglich sind. In zukünftigen Studien sollte daher der Betriebstyp der Haupteinkaufsstätte eindeutiger erfasst werden, zum Beispiel durch die Nutzung von Scannerdatenpanels auf Verbraucherebene in Verbindung beispielsweise mit Kundenkartendaten.
Der Discounter ist der Deutschen liebste Lebensmitteleinkaufsstätte – trotz zahlreicher Alternativen. Warum also sind Discounter so beliebt? In einem theoretischen Überblick werden zunächst Entscheidungskriterien herausgearbeitet, die die Wahl einer Einkaufsstätte beeinflussen, mit besonderem Augenmerk auf Transaktionskosten. Da Lebensmittel als "fast moving consumer goods" (FMCG) vom Verbraucher regelmäßig und wiederkehrend nachgefragt werden, spielt neben den Transaktionskosten das Image der Einkaufsstätte vermutlich eine große Rolle. Die vorliegende Studie zeigt, dass deutsche Verbraucher dem Discounter im Vergleich zu anderen Betriebstypen ein negatives Image zuschreiben. Aus transaktionskostentheoretischen Gesichtspunkten ist die Wahl des Discounters als Haupteinkaufsstätte dennoch vorteilhaft. Die empirische Analyse belegt einerseits, dass anscheinend "out-of-pocket"-Kosten, gemessen als Entfernung zum Wohnort, im Super- oder Verbrauchermarkt und Discounter geringer sind als in den anderen Betriebstypen. Kunden des Discounters schätzen andererseits neben den günstigen Preisen vor allem die Möglichkeit, einen schnellen Einkauf zu tätigen, das heißt die wahrgenommenen Transaktionskosten werden vom Verbraucher niedriger eingeschätzt als in den anderen Betriebstypen.
Discounters are Germans’ favourite food stores – despite many alternatives. Why are discounters so popular? A theoretic overview – focusing on transaction costs – starts by identifying criteria which influence the choice of where people shop. Food items, as fast moving consumer goods (FMCG), are in regular demand and, transaction costs aside, consumers probably attach considerable value to the image of a point of purchase. The study at hand shows that, in comparison to other types of shops, German consumers attribute a negative image to discounters. Yet, where transaction costs are concerned, the discounter is chosen as the advantageous main point of purchase. The empirical analysis confirms, on the one hand, that out-of-pocket costs, in terms of the distance from one’s place of residence, are lower at the supermarket, the consumer market or the discounter. On the other, people who shop at discounters appreciate affordable prices and particularly welcome the opportunity to do their shopping quickly, which means that they perceive transaction costs as being lower than in other types of food stores.
Les Allemands préfèrent faire leurs courses alimentaires chez les discounters – malgré nombre d’alternatives. Pourquoi les discounters sont-ils si populaires? Dans le cadre d’un aperçu théorique, et en mettant l’accent sur les coûts de transaction, seront d’abord identifiées les critères qui influencent le choix de l’endroit où quelqu’un fait ses achats. Étant donné que les denrés alimentaires en tant que biens de consommation à rotation rapide ("fast moving consumer goods", FMCG) sont régulièrement en demande et que, les coûts de transaction à part, l’image du magasin de choix semble jouer un grand rôle. La présente étude montre que, par rapport à d’autres types de magasins, les consommateurs allemands attribuent au discounter une image négative. Pourtant, et en vue de l’aspect des coûts de transaction, choisir le discounter comme magasin principal paraît quand-même avantageux. L’analyse empirique confirme, d’un côté, que les dépenses courantes (out-of-pocket costs), par rapport à la distance du lieu de domicile, semblent être moins élevées au supermarché, au marché de grande distribution ou au discounter que dans d’autres types de magasin. De l’autre côté, les clients des discounters apprécient, outre les prix affordables, surtout l’occasion de faire leurs achats rapidement, c'est-à-dire que le consommateur considère les coûts de transaction comme moins élevés chez le discounter que chez d’autres types de magasin.
Stephanie Nadezda Güsten, M. Sc.
Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Justus-Liebig-Universität Gießen
Senckenbergstraße 3
35390 Gießen, Deutschland
E-Mail: Stephanie.N.Guesten@agrar.uni-giessen.de
Tobias Henkel, M. Sc.
Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Justus-Liebig-Universität Gießen
Senckenbergstraße 3
35390 Gießen, Deutschland
E-Mail: Tobias.Henkel@agrar.uni-giessen.de
PD. Dr. Anke Möser
Institut für Agrarpolitik und Marktforschung
Justus-Liebig-Universität Gießen
Senckenbergstraße 3
35390 Gießen, Deutschland
E-Mail: Anke.Moeser@agrar.uni-giessen.de
Tabelle 3: Rotierte Komponentenmatrix der durchgeführten Faktorenanalysea | ||||
---|---|---|---|---|
Komponente | ||||
1 | 2 | 3 | 4 | |
Nähe zur Wohnung | ,621 | ,189 | ,052 | -,384 |
Möglichkeit, einen Einkauf schnell zu tätigen | ,610 | ,137 | -,181 | ,030 |
kurze Wartezeiten (zum Beispiel Kasse, Bedientheke) | ,528 | -,177 | ,176 | ,217 |
insgesamt günstige Preise (auch ohne Sonderangebote) | ,516 | -,213 | ,007 | ,031 |
weitere Einkaufsmöglichkeiten vor Ort | ,492 | ,098 | ,087 | ,078 |
viele Sonderangebote/Preispromotionen | ,466 | -,273 | ,147 | ,307 |
hoher Anteil an frischen Produkten | ,087 | ,712 | ,256 | ,035 |
Frische von Obst und Gemüse | ,088 | ,698 | ,243 | ,014 |
hoher Anteil an Bioprodukten | -,232 | ,675 | -,015 | ,097 |
Atmosphäre | -,045 | ,183 | ,794 | ,031 |
Freundlichkeit des Personals | -,051 | ,206 | ,793 | ,006 |
Übersichtlickeit des Geschäfts | ,244 | ,055 | ,406 | ,127 |
große Auswahl an Markenprodukten | ,025 | ,259 | -,094 | ,642 |
gute Parkmöglichkeiten | -,015 | -,070 | ,095 | ,552 |
große Produktvielfalt/breites Sortiment | ,241 | ,292 | ,043 | ,479 |
Nutzbarkeit von Kundenkarten | ,163 | -,117 | ,367 | ,465 |
Quelle: Eigene Berechnungen.
Anmerkungen: Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse; Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung; a Die Rotation ist in der sechsten Iteration konvergiert.