Von Eric Linhart, Anna-Katharina Dhungel, Kiel
Der Anteil der Maisanbauflächen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren sichtbar gewachsen. Waren es im Jahr 2005 noch 1,2 Millionen Hektar für Silomais (7,4 Prozent der Gesamtanbaufläche), so sind es heute bereits über zwei Millionen Hektar (12,2 Prozent) (10). Auch weltweit hat Mais eine enorme Bedeutung. 2010 wurden 844,4 Millionen Tonnen geerntet, die Fertigungsmenge liegt somit noch vor Weizen oder Reis (18). Dies liegt unter anderem an der vielfältigen Einsetzbarkeit der Pflanze als Nahrungsmittel, Tierfutter oder Energierohstoff. Weitere Gründe sind Leistungssteigerungen durch Hybridzüchtung und Gentechnik, eine hohe Düngerverträglichkeit der Pflanze und die Möglichkeit der Monokultur (47).
Die Beurteilung des zunehmenden Maisanbaus ist insbesondere in Deutschland umstritten: Sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft ist eine lebhafte Debatte entstanden, ob die Zunahme des Maisanbaus positiv oder negativ zu bewerten ist. Im Mai 2007 tauchte in der Zeitung "Die Welt" erstmals der Begriff "Vermaisung" auf, der seitdem als negatives Schlagwort die Diskussion prägt und suggeriert, dass eine bedrohliche Zunahme des Maisanbaus in Zukunft zu erwarten sei. Akteure, die diesen Begriff benutzen, sehen den Maisanbau als politische Fehlsteuerung, ökonomische Fehlentwicklung und ökologisches Risiko (8; 38; 49; 55). Der Sachverständigenrat für Umweltfragen bezeichnet Mais als "risikoreiche und umweltgefährdende Kultur" (44, S. 44). Befürworter hingegen vertreten die Ansicht, dass Mais weder Vor- noch Nachteile gegenüber anderen Pflanzen aufweisen würde und bei "optimiertem Management" keinerlei Bedenken für die Umwelt bestünden. Mais sei zudem das kostengünstigste Einsatzsubstrat für die Biogasproduktion (22, S. 50).
Ein Forschungsprojekt an der Universität Gießen ergab, dass sich keine Belastungen für Natur und Landschaft feststellen ließen und dass Maisanbau umwelt- und ressourcenschonend sei, wenn Empfehlungen für einen nachhaltigen Anbau beachtet würden. Um den politisch erwünschten Anteil erneuerbarer Energien zu erreichen, würden die derzeitigen Anbauflächen aber nicht ausreichen (28). Gemäßigte Befürworter sprechen sich für ein "qualitatives Wachstum" aus, bei dem die Produktionsfunktion und die Ökosystemfunktion gleichermaßen Beachtung finden sollen, statt einer Ausweitung des Maisanbaus "um jeden Preis" (50). In bestimmten Situationen und unter Berücksichtigung von Fruchtfolgen und Vorgaben zur Düngung könne Mais klimaeffizient genutzt werden, ohne andere Ökosystemleistungen negativ zu beeinflussen (51). Die Debatte weist zudem regelmäßig Berührungspunkte mit der Diskussion um die Bioenergie auf, vorwiegend bei den Fragen, ob hauptsächlich Mais zur Bioenergieerzeugung genutzt werden sollte und ob es ethisch vertretbar ist, Lebensmittel zur Energie- oder Spriterzeugung zu nutzen, die sogenannte "Tank oder Teller"-Frage. Der Bioenergiediskurs wurde bereits von ZSCHACHE ET AL. untersucht (57), eine ähnliche wissenschaftliche Betrachtung des spezielleren, aber nicht minder bedeutsamen Themas Vermaisung fehlt jedoch bisher.
Ziel des vorliegenden Beitrags ist genau eine solche Analyse des Diskurses um Maisanbau. Aus Sicht der Interessengruppenforschung ist eine zentrale Methode der Interessenvermittlung die Kommunikation und Information (1). Speziell die Öffentlichkeit als Adressat dieser Kommunikation ist von zunehmender Relevanz, da es für Interessen darum geht, die Deutungshoheit über bestimmte Themen zu erlangen, den Kampf um die öffentliche Meinung somit in die subjektiv gewünschte Richtung zu beeinflussen und damit die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können. Eine Diskursanalyse setzt genau dort an, indem sie untersucht, welche Akteure sich wie stark medial Gehör zu verschaffen in der Lage sind, welche Argumente die Debatte dominieren und welche Zusammenhänge sich zwischen den Akteuren herstellen lassen.
Neben der inhaltlichen Relevanz eignet sich das Thema Vermaisung hervorragend, um die aktuelle Bedeutung landwirtschaftlicher Interessen im Vergleich zu Interessen anderer Politikfelder zu untersuchen, dort gleichgerichtete, aber auch gegensätzliche Interessen zu identifizieren und damit mögliche Bündnispartner und Gegenspieler für ähnliche Diskurse zu erkennen sowie politische Ansprechpartner für agrar-ökologische Fragen zu identifizieren. Der Beitrag liefert damit – wenn auch aus einer anderen Forschungsrichtung kommend – wichtige Erkenntnisse in dem zunehmend relevanteren Forschungsgebiet der Formation von Akteuren, die wechselseitig als Fürsprecher auftreten, sogenannten advocacy coalitions (24; 43; 54). Um die aufgeworfene Fragestellung zu beantworten, kombinieren wir eine Diskurs- (29; 30) mit einer Cluster-Analyse (2; 17; 53) und gehen im Weiteren wie folgt vor.
Im zweiten Abschnitt wird überblicksartig die von uns verwendeten Methoden der Diskursanalyse und der Clusteranalyse beschrieben und argumentiert, weshalb die Kombination dieser beiden Methoden das optimale Instrumentarium darstellt, um die hier aufgeworfenen Fragen zu beantworten. In Abschnitt 3 werden die Ergebnisse der Diskursanalyse aufgezeigt. Inhaltlich weisen wir dort aus, welche Akteure oder Gruppen von Akteuren den Diskurs dominieren, welche Argumente welche Rolle spielen und wie sich der Diskurs systematisch darstellen lässt. In Abschnitt 4 wird die Cluster-Analyse durchgeführt und Akteure und Gruppen von Akteuren, die sich in dem Diskurs über Vermaisung inhaltlich nahe stehen, und solche, die als Gegenspieler auftreten, werden identifiziert. Ein Fazit rundet den Beitrag ab.
Der Begriff Diskurs kann in zweifachem Sinne verstanden werden: Im Sinne Foucaults wird unter Diskurs der Prozess sprachlicher Erzeugung von Realität verstanden, während die Bezeichnung traditionell "öffentliche Diskussion", "Debatte" oder "Auseinandersetzung" bedeutet (52, S. 22f.). Nach BEHNKE ET AL. ist die Grundannahme der Diskursanalyse konstruktivistisch, die "Realität" ist nicht objektiv, sondern durch soziale Interaktionen konstruiert: "So, wie wir sie wahrnehmen, ist die Wirklichkeit das Ergebnis der Sinngebung und Interpretation derjenigen Gruppen und Eliten, die die Macht haben, den herrschenden Diskurs zu bestimmen" (5, S. 351). Das Ziel ist es daher, den gegebenen Text zu dekonstruieren, um zu verstehen, welche Bedeutungen Begrifflichkeiten haben und welche Gruppen sie wie und mit welcher Absicht benutzen, denn Diskurse bestimmen die Realitätsdefinition der Menschen und dadurch auch die Machtstrukturen in einer Gesellschaft; sie sind "machtbestimmte soziale Prozesse" (52, S. 21).
Eine konkrete methodische Vorgehensweise hat sich innerhalb der Diskursanalyse noch nicht entwickelt (29, S. 10; 52, S. 22). KELLER unterscheidet verschiedene Grundideen der theoretischen Konzeptualisierung in Bezug auf das Forschungsinteresse und die methodische Umsetzung. Als Beispiel einer solchen Konzeptualisierung nennt er die Arbeit von GAMSON & MODIGLIANI über die Nutzung von Kernenergie (20). Sie verknüpfen qualitative Textanalysen von Zeitungsartikeln mit quantitativen Verfahren der Auswertung. GAMSON & MODIGLIANI entwickeln hierbei in Anlehnung an GOFFMAN (23) und GITLIN (21) die "Frame-Analyse". Sie unterstellen, dass Diskurse aus verschiedenen Interpretationspaketen bestehen, deren zentrale Idee der Systematisierung der Frame ist: "[A] frame typically implies a range of positions, rather than any single one, allowing for a degree of controversy among those who share a common frame." (20, S. 3).
Frames, also die Wahrnehmungs- und Deutungsmuster, können die öffentliche Meinung und die Diskursteilnehmer nachweislich beeinflussen (45, S. 11) und erzeugen "themenspezifische Interpretationskämpfe um die angemessene Deutung gesellschaftlich-politischer Probleme" (29, S. 39). Jeder Frame kann unterschiedliche Aussagen umfassen, die sich auf den Frame beziehen. Wie feingliedrig die Auswahl der Frames zu geschehen hat, ist nicht durch die Methode vorgeschrieben, sondern orientiert sich in der Regel daran, wie praktikabel dies für die jeweilige Untersuchung ist. So teilen HESS ET AL. Frames in ihrer Diskursanalyse zu saisonalen ausländischen Arbeitern in der Landwirtschaft sehr fein ein, so dass Frames eher schon Aussagen als Aussagensysteme darstellen (25). GAMSON & MODIGLIANI sehen hingegen ausdrücklich die Möglichkeit vor, Frames als Unterthemen eines Diskurses zu konzeptualisieren, unter deren Dach auch entgegengesetzte Aussagen gemeinsam eingeordnet werden können (20).1)
Neben den Frames untersucht die Diskursanalyse, welche Akteure sich an dem Diskurs beteiligen, wer die Möglichkeit auf ein gutes Standing, "a voice in media", hat (19, S. 86). Hiervon abzugrenzen sind Akteure, die in den Medien erwähnt werden, aber nicht selbst zu Wort kommen. Die Frage des Standings ist hierbei unabhängig davon, ob es sich um kollektive Akteure handelt (zum Beispiel einer politischen Partei oder einer sozialen Bewegung) oder um Individuen (ein Experte oder Betroffener). Die Möglichkeit auf ein gutes Standing in den Medien erzeugt Macht, worüber sich die Journalisten in der Regel bewusst sind und weshalb sie versuchen, die Möglichkeiten zur medialen Meinungsäußerung an Schlüsselakteure zu verteilen (19, S. 87f.).
Die Diskursanalyse gewinnt eine zunehmende Bedeutung in der Politikwissenschaft (5, S. 351; 29, S. 7) und wurde in jüngerer Zeit zur Analyse diverser strittiger Debatten angewendet, sowohl speziell bei agrarpolitischen Fragen (16; 25; 26; 57) als auch in anderen Politikfeldern (Überblick: 31). Auch für die von uns aufgeworfene Fragestellung bietet sich die Diskursanalyse als Analysemethode an. Durch die Herausarbeitung der Frames lassen sich alle relevanten Dimensionen der Debatte um das Thema Vermaisung identifizieren; durch die Zuordnung der einzelnen Aussagen zu den Frames lässt sich deren relative Bedeutung quantifizieren. Über die Analyse des Standings lassen sich relevante Akteure der Debatte identifizieren. Es können Fragen beantwortet werden nach der relativen Bedeutung landwirtschaftlicher Interessen im Vergleich zu ökologischen, aber auch von Verbänden im Vergleich zu Parteien oder der Wissenschaft. Durch eine Verknüpfung der Akteure mit den getätigten Aussagen lässt sich ebenfalls beantworten, welche Akteure schwerpunktmäßig in welchen Frames debattieren.
Ziel der Cluster-Analyse ist es, Objekte mit bestimmten Eigenschaften anhand eben dieser Eigenschaften zusammenzufassen, so dass Objekte mit ähnlichen Eigenschaften in die gleiche Kategorie fallen und von anderen Objekten mit unähnlichen Eigenschaften diskriminiert werden können. Es geht also um das Auffinden einer empirisch geleiteten Klassifikation (2, S. 15). Grundsätzlich bestehen keine Einschränkungen durch spezielle Anforderungen an die Klassifikationsobjekte oder die Art der Eigenschaften. So sind sowohl individuelle als kollektive Akteure oder Objekte im eigentlichen Sinne clusteranalytisch klassifizierbar, und die Ausprägungen der Eigenschaften können nominal, ordinal, metrisch oder gemischt sein (53).
Wichtig ist, dass zur Bestimmung der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit der einzelnen Objekte ein geeignetes, dem Skalenniveau angemessenes Ähnlichkeits- oder Distanzmaß gefunden wird. Sei d ein solches Distanzmaß und n die Anzahl der Objekte, so sind die Objekte derart zu k (1<k<n) Clustern zusammen zu fassen, dass d im Laufe des Clusterbildungsprozesses minimiert wird. Die Clusteranzahl k kann hierbei extern vorgegeben werden oder auch sich aus dem Clusterungsprozess selbst ergeben. Es ist allerdings umstritten, ob es ein optimales Clusterniveau k gibt. Zwar lässt sich empirisch häufig ein "Knick" (k, k-1) identifizieren, bei dem die Unähnlichkeit innerhalb der Cluster von k auf k-1 deutlich ansteigt – dann gilt k als das optimale Clusterungsniveau (2, S. 242) –, es existiert aber keine formale Definition zur Identifikation solcher Knicks, so dass deren Auffindung vage und uneindeutig bleibt (ausführlich: 35).
Unterschieden wird grundsätzlich zwischen zwei clusteranalytischen Verfahren, dem hierarchisch-agglomerativen und dem Austauschverfahren. Bei dem hierarchisch-agglomerativen Verfahren werden sukzessive die Objekte miteinander verschmolzen, die jeweils die geringste Distanz d untereinander aufweisen. Einmal miteinander verschmolzene Objekte werden dabei nicht wieder voneinander getrennt. Bei dem Austauschverfahren (und einer vorgegebenen Clusteranzahl k) werden alle möglichen Partitionen in k Cluster mithilfe des Distanzmaßes d bewertet. Die Partition, die d minimiert, entspricht der optimalen Clusterung für k Cluster. Keines der beiden Verfahren ist dem jeweils anderen überlegen.
So kann bei dem hierarchisch-agglomerativen Verfahren aufgrund der Pfadabhängigkeit der Methode der nicht wünschenswerte Effekt auftreten, dass eine aus ihm resultierende Clusterung nicht global die Distanzfunktion d minimiert. Das Austauschverfahren ist dafür mit dem Problem der Instabilität der Cluster in Abhängig der vorgegebenen Clusteranzahl k konfrontiert. So können zwei Objekte x1 und x2 bei einer Clusteranzahl von k miteinander clustern, bei k-1 aber nicht, bei k-2 doch wieder. Diese Sensitivität des Verfahrens ist insbesondere ein Problem, wenn die Clusteranzahl k extern vorgegeben wird.
Die Verwendung eines clusteranalytischen Verfahrens ist deswegen für die Beantwortung unserer Fragestellung optimal, weil hierdurch die Ergebnisse der Diskursanalyse weiterverwertet werden können. So sind alle am Diskurs über Vermaisung beteiligten Akteure Klassifikationsobjekte. Ihre Eigenschaften sind die Häufigkeiten der positiven und negativen Äußerungen zu dem Thema in den identifizierten Frames. Mithilfe einer Clusteranalyse und einer geeigneten Distanzfunktion d ist es daher nicht nur möglich, empirisch genau diejenigen Akteure zu ermitteln, deren Argumentationen im öffentlichen Diskurs sich ähneln oder entgegen stehen, sondern darüber hinaus auch noch die Ähnlichkeitsniveaus zu bestimmen.
Es wird hierfür das hierarchisch-agglomerative Verfahren verwendet, da dieses neben der Stabilität den zusätzlichen Vorteil besitzt, dass hierbei Dendrogramme erstellt werden können. Dies sind Tabellen oder Grafiken, aus denen hervorgeht, zu welchem Zeitpunkt welche Akteure miteinander auf welchem Unähnlichkeitsniveau clustern. Als Unähnlichkeitsmaß für die Nominaldaten unserer Diskursanalyse wird Cramérs V gewählt, da dieses Maß hierfür am geeignetsten ist (6).
Das Untersuchungsmaterial besteht aus Presseartikeln bedeutender überregional erscheinender Tages- und Wochenzeitungen sowie Zeitschriften, da diese als Leitmedien gelten und die Problemwahrnehmung der Rezipienten stark beeinflussen, als Agenda-Setter wahrgenommen und von politischen Entscheidungsträgern intensiv beobachtet werden (56, S. 8). Die Presse stellt als fester Bestandteil der Massenmedien ein öffentliches Forum zur Verfügung, in dem sich Akteure zu Wort melden können, um die Gesellschaft zu erreichen, weshalb Presseerzeugnisse eine geeignete Grundlage für Diskursanalysen darstellen (20; 34; 48; 52, S. 24).
Nach RUDZIO und ISMAYR sind die bedeutendsten Printmedien der deutschen Qualitätspresse die Financial Times, die Frankfurter Allgemeine, die Frankfurter Rundschau, der Focus, das Handelsblatt, der Spiegel, die Süddeutsche, die taz, die Welt, die Welt am Sonntag und die Zeit (27; 42). In diesen Medien wurde nach den Schlagwörtern "Maisanbau" und "Vermaisung" gesucht. Der Untersuchungszeitraum beginnt am 01. Januar 2007, da in diesem Jahr erstmals das Schlagwort "Vermaisung" in der Presse erwähnt wurde (12, S. 40). Insgesamt liefert die Suche circa 130 Artikel, von denen 117 in die weitere Analyse eingehen. Die übrigen Artikel enthielten zwar eines der beiden Suchwörter, befassten sich aber inhaltlich mit einem anderen Thema.
Die Auswertung der Artikel erfolgt in Anlehnung an HESS ET AL. in einer zweistufigen Inhaltsanalyse (25, S. 9). Der erste Schritt besteht aus der Identifikation der beteiligten Akteure und der Frames durch eine qualitative Inhaltsanalyse. Anschließend werden im Rahmen einer quantitativen Inhaltsanalyse das Standing der Akteure und die Bedeutung der einzelnen Frames ermittelt.
Eine Sichtung der Pressebeiträge ergibt, dass sich insgesamt 37 unterschiedliche Akteure an dem Diskurs beteiligen, knapp die Hälfte meldet sich allerdings nur einmalig zu Wort. Die Akteure setzen sich zusammen aus Politikern, Verbänden, Wissenschaftlern und anderen. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die am Diskurs beteiligten Akteure. Die Werte in Klammern geben an, wie häufig sich jeder Akteur in dem Diskurs zu Wort melden konnte und kann daher als Maßzahl für das Standing des entsprechenden Akteurs in dem Diskurs interpretiert werden. Insgesamt meldeten sich die Akteure 212 Mal zu Wort.
Tabelle 1: Akteure im Vermaisungsdiskurs | |||
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Politik (54) | Verbände (71) | Wissenschaftler (21) | Andere (66) |
CDU/CSU (19) Verwaltung (16) Bündnis 90/Die Grünen (10) FDP (5) Die Linke (1) Freie Wähler (1) ÖVP (1) Parteilos (1) | NABU (12) Bioenergieverbände (11) Bauernverband (9) BUND (8) Jagdverbände (5) Imkerverbände (4) Ernährungsindustrieverbände (3) Wasserschutzverbände (3) Bund Naturschutz (2) Agrarbündnis (1) Allgäuer Moorallianz (1) Biosphärenzweckverband (1) Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (1) Deutsches Maiskomitee (1) Deutsche Ornithologen-Gesellschaft (1) Deutscher Raiffeisenverband (1) Euronatur (1) Greenpeace (1) Landesbund für Vogelschutz (1) Ostfriesisches Landvolk (1) Umweltinstitut München (1) Vauna (1) WWF (1) | Umweltwissenschaftler (12) Agrarwissenschaftler (9) | Medien (44) Unternehmen (11) Landwirte (6) Einzelpersonen (5) |
Quelle: Eigene Darstellung
Die meisten Akteure sind mit einer Gesamtzahl von 23 Verbände, gefolgt von Akteuren aus dem Bereich Politik (acht Akteure). Von Seiten der Wissenschaft meldeten sich ausschließlich Ökologen und Agrarwissenschaftler zu Wort. Neben Politikern, Verbänden und Wissenschaftlern beteiligten sich auch einzelne Unternehmen, Landwirte und Privatpersonen an der Debatte. Eine besondere Rolle nehmen hier die Medien selbst ein. Da Medien nicht nur anderen Akteuren ein Standing verschaffen oder versagen können, sondern – etwa im Rahmen von Kommentaren – durchaus eigene Positionen äußern und sich damit aktiv in Diskurse einbringen, sind sie hier als separater Akteur aufgeführt.
Als Gruppe sind die Verbände auch bei der Anzahl der Meinungsäußerungen mit 71 (33,5 Prozent) führend. Medien und Politik sind mit 44 und 54 Stellungnahmen (20,8 und 25,5 Prozent) in einem mittleren Bereich, die Wissenschaftler bleiben mit 21 Debattenbeiträgen (9,9 Prozent) dahinter zurück. Von den weiteren Akteuren spielen am ehesten noch die einzelnen Unternehmen mit elf Äußerungen (5,2 Prozent) eine Rolle, während die einzelnen Landwirte (6; 2,8 Prozent) und die Einzelpersonen (5; 2,4 Prozent) zu vernachlässigen sind.
Blickt man auf die Akteure in den einzelnen Gruppen und beginnt mit der Politik, so ist zunächst auffällig, dass die Hälfte aller Äußerungen durch Parteivertreter von den Christdemokraten kommt; sie meldeten sich mit Abstand häufiger zu Wort als Vertreter der anderen Parteien. Die Grünen stehen mit zehn Auftritten an zweiter Stelle; die FDP hat mit fünf Beiträgen ein deutlich niedrigeres Standing, beteiligt sich damit aber als eine von drei Parteien überhaupt nennenswert an dem Diskurs, während sich die Linke nur einmal, die SPD gar nicht zu Wort meldet.
Diese ungleiche Verteilung innerhalb der Politiker-Gruppe spiegelt unterschiedliche Interessen einzelner Parteien an unterschiedlichen Politikfeldern wider, wie sie in früheren Arbeiten auch festgestellt wurden. In einer Befragung von Funktionsträgern deutscher Parteien haben etwa LINHART & WINDWEHR festgestellt, dass Grüne, CDU/CSU und FDP diejenigen Parteien sind, die den Geschäftsbereich Landwirtschaft als am bedeutsamsten für ihre Partei einschätzen, während SPD und Linke darauf einen geringeren Schwerpunkt richteten (36; 37). Die Grünen besitzen zusätzlich einen Schwerpunkt auf dem Geschäftsbereich Umwelt (36, S. 592), mit dem der Diskurs um die Vermaisung der Landschaft ebenfalls verknüpft ist. Somit ist wenig verwunderlich, dass Union und Grüne sich am stärksten in den hier untersuchten Diskurs einbringen, während SPD und Linke hier Zurückhaltung üben und sich mutmaßlich dafür stärker an Themen beteiligen, die stärker mit ihren Schwerpunkten korrespondieren.
Akteure aus der Verwaltung beteiligen sich insgesamt 16 Mal am Diskurs. Hierbei handelt es sich um Ämter wie das Bundesamt für Naturschutz oder das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie um Gremien wie den Sachverständigenrat für Umweltfragen oder die Biosphärenreservatsverwaltung.
Von den 23 involvierten Verbänden beteiligten sich lediglich neun häufiger als einmal. Fokussiert man auf diese neun, so finden sich darunter vier Naturschutzverbände: Der NABU hat mit einer Anzahl von zwölf Auftritten den größten Anteil in dieser Gruppe, der BUND hat acht, die Wasserschutzverbände drei und der Bund Naturschutz zwei. Es ist demnach angemessen, von einer Dominanz der Naturschutzverbände im Maisdiskurs zu sprechen. Dem NABU folgen mit elf Diskursbeiträgen die Bioenergieverbände, welche hauptsächlich durch den Fachverband Biogas vertreten werden. Der Deutsche Bauernverband (DBV) ist mit neun Beiträgen an dritter Stelle. Die Ernährungsindustrie-, Imker- und Jagdverbände können sich in den Diskurs zwischen drei und fünf Mal einbringen. Unter den 14 Akteuren mit je einer Meldung sind neun weitere Naturschutzverbände, die anderen fünf vertreten landwirtschaftliche Interessen, wie zum Beispiel das deutsche Maiskomitee. Zusammenfassend lässt sich für die Verbände also festhalten, dass sich erstens eine große Anzahl an Interessengruppen an diesem Diskurs beteiligt, viele jedoch nur einmalig, und zweitens, dass ökologische und landwirtschaftliche Interessen am stärksten beteiligt sind.
Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Gruppe der Wissenschaftler. Auch diese kommen entweder aus dem landwirtschaftlichen oder dem Umweltbereich, wobei hier das Verhältnis der Wortmeldungen zwischen Vertretern der Agrarwissenschaften und Vertretern der Ökologie ausgewogener ist. Die Ökologen kommen zwölf Mal, die Agrarwissenschaftler neun Mal zu Wort. Wissenschaftler aus anderen Fachbereichen nehmen nicht am Diskurs teil.
Die Diskursteilnehmer aus der Unternehmer-Gruppe verzeichnen elf Wortmeldungen. In dieser Gruppe befinden sich lokale Akteure wie der Geschäftsführer einer Brauerei ebenso wie Vertreter bundesweit tätiger Unternehmen wie der Carl Kühne KG und weltweit agierende Firmen wie die Citigroup oder die KWS Saat AG.
Unter Landwirte sind diejenigen zusammengefasst, die nicht ausdrücklich als Vertreter eines Verbandes oder einer Partei auftreten, sondern als Betroffene ihres Berufsstandes. Sechs Landwirte konnten sich insgesamt in den Diskurs einbringen. Neben den Landwirten konnten sich weitere fünf Personen zu Wort melden, die weder Landwirte, noch in einem Verband oder einer Partei sind, die aber dennoch in verschiedener Art und Weise von dem Maisanbau betroffen sind. Hierzu gehören beispielsweise ein Imker, ehemalige Mitglieder von Verbänden oder Erdrutschopfer.
Blickt man abschließend auf das Gesamtbild über alle Gruppen beteiligter Akteure hinweg und lässt die Medien als Akteur beiseite, in deren Berichterstattung gewohnheitsmäßig auch eigene Meinungen der Journalisten und Redaktionen einfließen, so ist die CDU/CSU der Akteur, der die Debatte mit 19 Beiträgen am stärksten prägt, gefolgt von der Verwaltung mit 16 Meldungen. Die relativen Anteile dieser beiden Akteure (9 und 7,5 Prozent) zeigen aber, dass keine Dominanz einzelner Akteure an diesem Diskurs vorliegt, sondern sich ein breites Spektrum an unterschiedlichen Akteuren hier beteiligt.
Bei der Analyse des Diskurses fällt auf, dass sich bestimmte Aussagen und Argumente rund um den Maisanbau wiederholen. Hierzu gehört die am häufigsten mitgeteilte Ansicht, dass die Landwirte durch Maisanbau verhältnismäßig höhere Gewinne erzielen könnten als mit anderen Pflanzen. Dieser Meinung ist beispielsweise HORST-PETER KAROS, Geschäftsführer des Bundesverbandes der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK), wenn er sagt, dass "Bauern mit Maisanbau mehr verdienen können als mit Kartoffeln" (13). Andere Akteure, unter anderem der Landwirt JANN ADEN (46), sehen hingegen die niedrigen Lebensmittelpreise als Ursache für den zunehmenden Maisanbau, denn durch diesen könne man Gewinne in der Energieerzeugung statt in der Lebensmittelproduktion erzielen. Politiker wie HANS-HEINRICH SANDER, ehemaliger Umweltminister in Niedersachsen (FDP), vertrauen gerade bei dieser Konkurrenz zwischen Lebensmittelproduktion und Energieerzeugung in die Marktkräfte, wodurch sich die Preise langfristig stabilisieren würden (32). Andere Akteure wie der NABU sehen vielmehr negative wirtschaftliche Aspekte durch den Maisanbau. Neben dem Pachtpreisanstieg würden auch die Lebensmittelpreise steigen. Zudem gebe es ökonomische Alternativen zum Mais. Wenngleich mit unterschiedlicher Stoßrichtung oder zumindest mit unterschiedlichen Begründungen, so ist diesen Aussagen gemeinsam, dass sie die Zunahme des Maisanbaus aus ökonomischer Perspektive diskutieren und sich mit wirtschaftlich positiven oder negativen Ursachen oder Folgen auseinandersetzen. Als einen wichtigen Frame im Diskurs über zunehmenden Maisanbau wird somit den ökonomischen Frame identifiziert, der sowohl eine positive als auch eine negative Ausrichtung haben kann.
Aus einem anderen Blickwinkel befassen sich die beteiligten Akteure mit dem Thema Vermaisung, wenn sie Aussagen tätigen, welche die Entstehung einer Mais-Monokultur konstatieren und vor daraus folgenden Umweltschäden warnen. Der großflächige Anbau von Energiemais habe "unabsehbare Folgen für die Umwelt", meint etwa der Grünen-Agrarpolitiker DANIEL MAY (4). Verschiedene Akteure betonen auch regelmäßig die Bedrohung der Artenvielfalt durch den Maisanbau. So seien Feldhasen, Rebhühner, Feldlerchen oder Wachteln bedroht (DIETRICH MÖLLER, Präsident des Landesjagdverbands Hessen, 41), aber auch Regenwürmer (NABU, 7) oder Bienen (Badischer Imkerverband, 14) seien durch den zunehmenden Maisanbau gefährdet. Andere Akteure halten dem entgegen, dass durch den für die Energieerzeugung genutzten Mais eine positive Klimabilanz erreicht werden kann (11). Neben Argumenten zur Wirtschaftlichkeit des Maisanbaus findet sich also eine weitere Aussagen-Gruppe zu den Auswirkungen auf die Natur. Diese Aussagen werden als ökologischen Frame gebündelt, wobei ebenfalls eine Untergliederung in positive und negative Aussagen stattfindet.
Eine wieder andere Gruppe von Aussagen enthält Forderungen nach politischen Reformen. Vielfach wurden politische Maßnahmen zur Eindämmung des Maisanbaus gefordert, beispielsweise schlägt der Fachverband Biogas eine finanzielle Unterstützung vom Staat vor als Anreiz an die Landwirte, weniger effiziente Pflanzen anzubauen (15). Kritik wird auch am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geübt. Insbesondere der Bonus für nachwachsende Rohstoffe müsse abgeschafft werden, meinen um Beispiel CHRISTIAN DÜRR, niedersächsischer FDP-Fraktionsvorsitzender, und MARTIN BÄUMER, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen (15). Alle Forderungen, die sich auf Änderungen der politischen Rahmenbedingungen beziehen, lassen sich in einem weiteren Frame "politische Maßnahmen" bündeln. Auch innerhalb dieses Frames wird die entsprechende Gegenposition formuliert, die sich für den gesetzlichen Status quo ausspricht und die Notwendigkeit politischer Reformen negiert. Diese Gegenposition stellt allerdings eine klare Minderheitsmeinung innerhalb dieses Frames dar.
Häufig diskutiert wird auch die entstehende Konkurrenz zwischen Energierohstoffherstellung und Lebensmittelproduktion, allerdings nicht (nur) aus einer ökonomischen, sondern auch aus einer gesellschaftlich-moralischen Perspektive. Das Handelsblatt schrieb hierzu "Mais für die Bioenergie statt Getreide aufs Brot" (40), und LESTER BROWN vom Earth Policy Institut befürchtet, dass es durch den wegen Ethanol bedingten Anstieg bei der Maisnachfrage weltweit zu Verteilungskämpfen kommen könnte und die Wahrscheinlichkeit von Revolten in Ländern wie Indonesien oder Nigeria steigen würde (3). Andere Akteure halten es für ethisch nicht vertretbar, Nahrungsmittel zu vergären, wenn gleichzeitig in vielen Ländern ein Mangel an Nahrungsmitteln herrsche (39). Die Aspekte dieser Diskussion, die weder ökologische noch ökonomische Argumente beinhalten oder konkrete politische Konsequenzen einfordern, bilden somit einen zusätzlichen Frame, innerhalb dessen sich die Akteure mit der moralischen Nutzung des Mais als Energiepflanze auseinandersetzen. Auch in diesem Frame werden kaum positive Aussagen getätigt. Einzig das niedersächsische Landwirtschaftsministerium und der hessische Bauernverband stehen auf dem Standpunkt, dass Maisanbau zur Energiegewinnung sich nicht zwingend negativ auf die Produktion von Nahrungsmitteln auswirken muss, und sehen in dem zunehmenden Maisanbau kein gesellschaftlich-moralisches Problem.
Schließlich gibt es noch einige vereinzelte Beiträge über die landschafts-ästhetischen Folgen des Maisanbaus. Neben anderen ist etwa Bundeslandwirtschaftsministerin ILSE AIGNER (CSU) der Auffassung, das Landschaftsbild leide unter dem Maisanbau (33). Andere Diskursteilnehmer wie der Wissenschaftler ARMIN WERNER vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung sind hingegen überzeugt, dass die Landschaft sich durch den Maisanbau kaum verändere und dieser aus ästhetischer Sichtweise unproblematisch sei (9). Da diese Position und ihre Gegenposition einen von den bisherigen Frames losgelösten Aspekt behandeln, fassen wir diese unter dem kleinsten, aber eigenständigen ästhetischen Frame zusammen.
Insgesamt lassen sich in diesem Diskurs also fünf Frames identifizieren, die jeweils sowohl positive als auch negative Aussagen zum zunehmenden Maisanbau enthalten. Tabelle 2 gibt einen Überblick über diese Frames und die einzelnen ihnen zugeordneten Aussagen. Die Werte in Klammern geben an, wie häufig die jeweiligen Argumente vorgebracht wurden.
Tabelle 2a: Frame Ökologie im Vermaisungsdiskurs (Gesamtanzahl: 165) | |
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+ (keine Probleme durch Maisanbau) | - (Probleme durch Maisanbau) |
Positive Klimabilanz durch Maisanbau (11) | Monokultur führt zu Umweltschäden (30) |
Es gibt keine Monokultur/Vermaisung (7) | Es gibt Monokultur/ Vermaisung (21) |
Der Einsatz von Düngemitteln ist gerechtfertigt (1) | Durch zunehmenden Maisanbau sind bestimmte Tierarten bedroht (18) |
Maisanbau belastet die Gewässer nicht (1) | Maisanbau belastet die Gewässer (15) |
Durch Maisanbau können Fruchtfolgen aufgelockert werden (1) | Für den Maisanbau werden Moore umgebrochen (14) |
Zur Anpassung an den Klimawandel kann Mais statt Winterweizen angebaut werden (1) | Negative Klimabilanz durch Maisanbau (12) |
Jede Energieerzeugung hat ökologische Nebenwirkungen (1) | Durch Maisanbau erhöht sich die Wildschweinpopulation (10) |
Mais als Monokultur ist unnötig, weil es Alternativen gibt (10) | |
Monokultur führt zu Pro-blemen durch Dünger (5) | |
Vermehrter Maisanbau erhöht die Gefahr von Gentechnik (3) | |
Maisanbau führt zu Erdrutschen (1) | |
Trockene Maisfelder können bei Sturm zu Verwehungen führen (1) | |
Die Grenze zwischen Grünlandwirtschaft und Maisanbau verschiebt sich nach oben (1) | |
Wenn Feldfrüchte durch harte Winter zerstört wurden, säen die Bauern stattdessen Mais (1) |
Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 2b: Frame Politische Maßnahmen im Vermaisungsdiskurs (Gesamtanzahl: 72) | |
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+ (keine Probleme durch Maisanbau) | - (Probleme durch Maisanbau) |
Es sollte keine politischen Maßnahmen in Bezug auf den Maisanbau geben (3) | Forderung nach politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Maisanbaus (19) |
Durch den Nawaro-Bonus wird Maisanbau gefördert: Änderung / Abschaffung des Bonus (15) | |
Es gibt verschiedene Nebenwirkungen des EEG (14) | |
Durch das EEG wird Maisanbau gefördert: Reform des EEG (13) | |
Bisherige EEG-Reformen sind wirkungslos oder nicht zielgerecht (4) | |
Maisanbau sollte durch die EU- Agrarreform eingedämmt werden (4) |
Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 2c: Frame Ökonomie im Vermaisungsdiskurs (Gesamtanzahl: 77) | |
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+ (keine Probleme durch Maisanbau) | - (Probleme durch Maisanbau) |
Mais bringt am meisten Gewinn (33) | Durch den Maisanbau steigen die Pachtpreise (17) |
Wegen niedriger Lebensmittelpreise bauen die Landwirte Mais an (4) | Durch Maisanbau steigen die Lebensmittelpreise (9) |
Durch Wettbewerb werden sich die Preise für Energierohstoffe und Lebensmittel stabilisieren (3) | Es gibt ökonomische Alternativen zum Mais (4 |
Durch den Maisanbau steigen die Pachtpreise nicht (1) | Maisanbau ist nur als Monokultur rentabel (1) |
Eine kleinflächige Struktur der Betriebe verhindert, dass es zu großflächigen Monokulturen kommt (1) | Durch die wachsende Konkurrenz um Rohstoffe steigt der Preis für Mais (1) |
Profitinteressen und falsche Subventionen sorgen dafür, dass Moore trockengelegt und Mais angebaut wird (1) | |
Durch Maisanbau sinkt der Düngemittelabsatz (1) | |
Wenn große Anbieter auf den Biogasmarkt drängen, führt dies zu massiven Maisanbau (1) |
Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 2d: Frame Gesellschaft und Moral im Vermaisungsdiskurs (Gesamtanzahl: 33) | |
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+ (keine Probleme durch Maisanbau) | - (Probleme durch Maisanbau) |
Maisanbau zur Energiegewinnung und Lebensmittelproduktion sind gleichzeitig möglich (2) | Es entsteht eine Konkurrenz zwischen Energierohstoffherstellung und Lebensmittelproduktion (17) |
Bioenergie muss Akzeptanz finden, gegebenenfalls durch Alternativen zum Mais (6) | |
Der Preisanstieg beim Mais führt zu Problemen in Entwicklungsländern (2) | |
Es ist ethisch nicht vertretbar, Lebensmittel zur Energiegewinnung zu nutzen (2) | |
Durch Maisanbau wird der Tourismusmarkt gefährdet und bäuerliche Strukturen zerschlagen (2) | |
Es muss sich für Landwirte lohnen, Lebensmittel anzubauen, deshalb hat auch der Kunde im Supermarkt Verantwortung, nicht nur die günstigsten Produkte zu kaufen (1) | |
Viele Bauern haben bereits die Kompetenz für Maisanbau, deshalb bauen sich nichts anderes mehr an (1) |
Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 2e: Frame Ästhetik im Vermaisungsdiskurs (Gesamtanzahl: 10) | |
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+ (keine Probleme durch Maisanbau) | - (Probleme durch Maisanbau) |
Die Landschaft verändert sich nicht (2) | Die Landschaft verändert sich (8) |
Quelle: Eigene Darstellung
Alleine die Anzahl von 52 unterschiedlichen Argumenten, die vorgebracht werden, ist ein Indiz für eine sehr ausdifferenzierte Debatte, die sich nicht mit wenigen Standpunkten zusammenfassen lässt. Selbst das meistvorgebrachte Argument, Mais bringe den meisten Gewinn ein, kommt auf 33 von insgesamt 357 Nennungen und kann mit einer Nennhäufigkeit von folglich unter zehn Prozent kaum als diskursbestimmend angesehen werden. Gleichwohl sind Unterschiede in der Nennhäufigkeit der einzelnen Argumente durchaus feststellbar. Weitere hinsichtlich der Nennhäufigkeit herausragende Statements sind die Feststellung, dass Monokulturen durch Vermaisung entstehen (21) und dass derartige Monokulturen zu Umweltschäden führen (30). 13 weitere Argumente, die hier nicht einzeln angeführt werden, die aber in Tabelle 2 aufgelistet sind, besitzen mit zwischen zehn und 20 Nennungen eine mittlere Nennhäufigkeit. Die Vielzahl an Argumenten – 36 an der Zahl – wurden weniger als zehn Mal in den Diskurs eingebracht, 18 sogar nur einmalig.
Richtet man den Blick von den einzelnen Aussagen auf die strukturierenden Frames, so lässt sich erkennen, dass die ökologischen Aspekte den Vermaisungsdiskurs stärker prägen als die anderen Fragen. Mit einem Anteil von rund 46 Prozent nimmt der ökologische Frame eine dominante Stellung in dem Diskurs ein. Ökologische Aussagen werden demnach mehr als doppelt so häufig in den Diskurs eingebracht wie ökonomische (80; 22 Prozent) oder solche zu politischen Maßnahmen (72; 20 Prozent). Als eher randständig erweist sich mit 33 Nennungen (9 Prozent) der gesellschaftlich-moralische Frame. Mit zehn Nennungen und einem Anteil von rund drei Prozent ist der ästhetische Frame nahezu unbedeutend.
Fokussiert man auf das Verhältnis positiver zu negativer Aussagen, so ist ein Überhang der kritischen Stimmen zu sehen. Von den 52 Argumenten sind nur 16 positiv, aber 36 negativ. Ein noch deutlicheres Bild ergibt sich für die Nennhäufigkeiten der Aussagen: Nur 75 der 360 ausgewerteten Aussagen zum Maisanbau sind im positiven Bereich einer der Frames verortet, was einem Anteil von 21 Prozent entspricht. Insbesondere in den Frames "politische Maßnahmen" (4 Prozent) und 'Ethik und Moral' (6 Prozent) werden fast keine positiven Aussagen getätigt. Der ökonomische Frame ist der einzige, in dem mit 45 die Anzahl der positiven Aussagen höher ist als die der negativen (35), woraus sich ein Anteil von 56 Prozent positiver Aussagen ergibt. Mit 23 positiven von insgesamt 165 Nennungen (14 Prozent) befinden sich im ökologischen Frame des Diskurses leicht überdurchschnittlich viele negative Aussagen. Der ästhetische Frame liegt mit zwei von acht Nennungen und 20 Prozent ziemlich genau im Durchschnitt.
Nach der Identifikation der relevanten Akteure und der Frames, die den Diskurs strukturieren bleibt die Frage, welche Akteure sich wo in dem Diskurs verorten lassen. Um einen ersten Eindruck über diese Verteilung zu erhalten, liefert Abbildung 1 skizzenartig einen Überblick, freilich ohne einzelne Feinheiten in aller Komplexität erfassen zu können. Randständige Akteure mit nur einer oder zwei Aussagen sind in der Grafik vernachlässigt.
Abbildung 1: Verortung der Akteure innerhalb der Frames
Quelle: Eigene Darstellung
Es ist erkennbar, dass sich eine ganze Reihe von Akteuren im Wesentlichen auf einen einzelnen Frame innerhalb des Diskurses fokussiert. Von Einzelnennungen abgesehen argumentieren der DBV, die Umweltwissenschaftler, die Jagdverbände, die Imkerverbände, die Wasserschutzverbände und die Einzelpersonen ausschließlich im ökologischen Frame, Landwirte, Unternehmen und die Verbände der Ernährungsindustrie ausschließlich im ökonomischen. Hierbei sind der DBV und die Landwirte die einzigen Akteure, die im positiven Bereich der jeweiligen Frames zu verorten sind. Umweltwissenschaftler und Unternehmer platzieren überwiegend kritische Aussagen, sind aber zumindest teilweise auch im positiven Bereich zu finden.
Die Umweltverbände BUND und NABU sowie Bündnis 90/Die Grünen besetzen negative Aussagen zum zunehmenden Maisanbau sowohl im ökologischen Frame als auch im Politische-Maßnahmen-Frame (PM-Frame). Ebenfalls überwiegend im ökologischen und im PM-Frame aktiv sind die Akteure der Verwaltung und die Agrarwissenschaftler; diese beiden Gruppen argumentieren aber zusätzlich in nennenswertem Umfang ökonomisch. Während Vermaisung in der Verwaltung ausschließlich kritisch gesehen wird, gewinnen die Agrarwissenschaftler dem zunehmenden Maisanbau auch positive Aspekte ab, allerdings ausschließlich im ökonomischen Bereich.
Am breitesten argumentieren schließlich CDU/CSU, Bioenergieverbände, Medien und die FDP. Die FDP ist hierbei so diffus über die Frames verteilt, dass sie nicht sinnvoll in der Grafik verortet werden kann, sondern nahezu gleichmäßig über die Frames verteilt werden müsste. Ebenfalls als insgesamt diffus erweisen sich die Medien. Gleichwohl ist hier ein Schwerpunkt auf den ökologischen Frame wie auch auf negative Aussage erkennbar. Positive Aussagen tätigen sie nur im ökonomischen Frame. In den Bereichen Gesellschaft und Moral sowie Ästhetik melden sich die Medien ebenfalls zu Wort, allerdings in eher geringerem Umfang. Die Union ist schwerpunktmäßig im PM-Frame zu verorten, ist aber in allen Frames aktiv. Der überwiegende Teil ihrer Aussagen ist hierbei Maisanbau-kritisch – die Skizzierung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass aus den Reihen von CDU/CSU auch vereinzelte positive Aussagen zu dem Thema zu finden sind. Ebenfalls mit vier Frames sehr breit argumentieren die Bioenergieverbände ohne einen Schwerpunkt in einem dieser Frames. Auffällig ist allerdings der überwiegend negative Tenor mit Ausnahme des ökonomischen Frames, in dem sich ausschließlich positive Aussagen zum Maisanbau finden.
Nachdem Abbildung 1 einen ersten überblicksartigen Eindruck vermittelt, wo zentrale Akteure des Diskurses argumentativ zu verorten sind, ist die Frage nach Gemeinsamkeiten und Gegensätzen in diesem Abschnitt systematischer nachzugehen. Freilich vermittelt die Abbildung einen intuitiven Überblick, als Basis für exakte Aussagen ist sie aber unterkomplex. Mit Hilfe einer Clusteranalyse hingegen lässt sich frei von interpretativen Darstellungen zeigen, welche Akteure ähnlich oder unähnlich argumentieren. Nicht ganz trivial ist hierbei allerdings die Frage, auf welcher Datengrundlage eine solche Clusteranalyse sinnvollerweise durchzuführen ist. Dies wird deutlich, wenn man sich die Struktur des Nominaldatensystems ansieht, das eine Diskursanalyse als Ergebnis hervorbringt. Diese sieht wie folgt aus: Alle Argumente lassen sich in n Frames einordnen, wobei jeder Frame i wiederum mi unterschiedliche Argumente enthält. Finden sich in einem Frame sowohl positive als negative Aussagen zu dem untersuchten Diskurs, so ist zwischen diesen ebenfalls zu entscheiden; mi lässt sich demnach jeweils aufteilen in mi+ und mi-, wobei mi+ die Anzahl positiver, mi- die Anzahl negativer Argumente in Frame i notiert und in Konsequenz mi = mi+ + mi- gilt.
Jedes Argument j lässt sich hierbei sowohl seinem zugehörigen Frame i als auch seiner Stoßrichtung (positiv oder negativ) zuordnen. Formal seien f(j) = i und sign(j)∈{+,-} die beiden entsprechenden Zuordnungsfunktionen. Relevant ist darüber hinaus, wie häufig ein Akteur k ein Argument j benutzt. Diese Anzahl sei mit #k(j) bezeichnet.
Eine erste Möglichkeit besteht nun darin, eine Clusteranalyse auf Basis der einzelnen Argumente durchzuführen. Dann ist jedes Argument j eine Kategorie für sich, es gibt nges = ∑ni=1mi disjunkte Kategorien, und für jeden Akteur k kann ein Vektor der Form (#k(1), #k(2), …, #k(nges)) erstellt werden, dessen Ähnlichkeit zu den Vektoren der weiteren Akteure zu überprüfen ist. Diese Möglichkeit besitzt den Vorteil, dass die Ähnlichkeit der Akteure auf der feinstmöglichen Ebene des Einzelarguments untersucht werden kann. Es geht nicht nur darum, ob Akteure in eine ähnliche Richtung argumentieren oder innerhalb gleicher Frames debattieren, sondern darum, dass sie tatsächlich die gleichen Argumente vorbringen.
Diese Feinheit besitzt jedoch ihren Preis: In dieser Variante werden die ordnenden Frames gänzlich vernachlässigt, ebenso wie die Frage, ob ein Argument zunehmenden Maisanbau als problematisch oder unproblematisch darstellt. Dies hat ganz praktische und aus unserer Sicht wenig wünschenswerte Konsequenzen. Man stelle sich drei Akteure vor, von denen sich einer aus ökonomischen Gründen für verstärkten Maisaubau ausspricht und zwei aus ökologischen Gründen dagegen, im Detail aber unterschiedlich argumentieren. Auf Basis eines auf Einzelargumenten beruhenden Kategoriensystems sind alle denkbaren Paarbildungen aus diesen drei Akteuren mit einer Schnittmenge von null Argumenten maximal unähnlich und clustern folglich erst im letzten Schritt der Analyse gleichzeitig. Dass der erste Akteur sich von den beiden anderen deutlicher unterscheidet als die beiden anderen untereinander, kann diese Variante nicht berücksichtigen.
Da sich dieses Problem mit einer zunehmenden Anzahl mi unterschiedlicher Argumente je Frame i verschärft und in unserer Analyse die mi vergleichsweise groß sind (im ökonomischen Frame finden sich beispielsweise 13 unterschiedliche Aussagen, im ökologischen Frame sogar 21), ist diese Variante hier nicht zielführend und wird nicht weiter verfolgt.
Die einzelnen Argumente sollten also in einer sinnvollen Weise gebündelt werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Da sich die Argumente j sowohl hinsichtlich ihrer zugehörigen Frames als auch hinsichtlich ihres Vorzeichens der Bewertung voneinander abgrenzen lassen, sind dies die beiden naheliegenden Möglichkeiten der Zusammenfassung. Beide Möglichkeiten sowie die dritte sich daraus ergebende Option, solche Argumente zusammenzufassen, die sich sowohl in ihrer Richtung als auch in der Frame-Zugehörigkeit gleichen, halten wir für grundsätzlich sinnvoll, wenngleich die Art und Weise der Bündelung selbstredend bei der Interpretation zu berücksichtigen ist.
Bündelt man nach positiven und negativen Aussagen, so besitzt jeder Akteur k genau zwei Datenpunkte: (∑ngesj=1 #k(j), ∑nges j=1 #k (j)). Ähnlichkeit hinsichtlich dieser beiden Datenpunkte drückt zwar nicht zwingend aus, dass die entsprechenden Akteure in denselben Kategorien debattieren, aber sie besitzen eine ähnliche Intensität hinsichtlich der Zustimmung oder Ablehnung eines zunehmenden Maisanbaus. Solche Akteure können als indirekte Bündnispartner füreinander interessant sein (wenn sie nicht ohnehin direkte inhaltliche Verbündete sind). Befürwortet ein Akteur vermehrten Maisanbau aus ökonomischen Gründen, ein anderer aus ökologischen, so nutzen die beiden Akteure zwar unterschiedliche Argumente, sind sich in ihren Zielen aber einig. Hierfür wird allerdings keine Clusteranalyse benötigt. Eine einfache Gegenüberstellung der Häufigkeiten positiver und negativer Aussagen besitzt denselben Erklärungsgehalt.
Bündelt man nach Frame-Zugehörigkeit, so werden auf dieser Datengrundlage Akteure identifiziert, die im gleichen Frame diskutieren. Da diese jedoch völlig entgegengesetzte Positionen vertreten können, ist eine Clusteranalyse auf dieser Basis wenig aussagekräftig. Differenziert man die Argumente hingegen nach Frames und nach Richtung, so lassen sich hierdurch tatsächlich möglichst ähnlich argumentierende Akteure zu finden. Früh clusternde Akteure auf dieser Datengrundlage können somit als direkte inhaltliche Verbündete gelten. Formal notiert der 2n lange Datenvektor jedes Akteurs
Beginnend mit der Gegenüberstellung der relativen Häufigkeiten positiver und negativer Aussagen jeder Akteursgruppe, lassen sich die Verteilungen Abbildung 2 entnehmen. Der Bereich in dunklerem Grau steht für den Anteil an Aussagen, der einen zunehmenden Maisanbau als positiv oder zumindest unproblematisch ansieht, der hellere Bereich für den Anteil negativer Aussagen. Die Werte in der Grafik geben die jeweiligen Anteile des dunkelgrauen Bereichs wider. Berücksichtigt sind hier wie im Folgenden wieder nur Akteure über der Relevanzschwelle von mindestens drei Aussagen.
Abbildung 2: Anteile der positiven Aussagen
Quelle: Eigene Darstellung
Beginnt man die Grafik-Interpretation auf der linken Seite, so fallen zunächst vier Akteure auf, die sich zum zunehmenden Maisanbau ausschließlich kritisch äußern: Bündnis 90/Die Grünen, die Imker- und die Wasserschutzverbände sowie die Einzelpersonen, die zu Wort kamen. Mit dem NABU, den Jagdverbänden und der CDU/CSU folgen drei Akteure, deren Anteil positiver Aussagen ebenfalls sehr gering ist. Ein Großteil der am Diskurs beteiligten Akteure äußert sich grob gerundet in zwischen 20 und 30 Prozent seiner Aussagen positiv zu vermehrtem Maisanbau. Neben den Medien selbst, den Unternehmen und der Verwaltung gehören zu dieser Gruppe sowohl Umwelt- als auch Agrarwissenschaftler und Verbände der Ernährungsindustrie, der Bioenergie-Branche sowie – mit dem BUND – aus dem Umweltbereich. Im rechten Rand der Grafik finden sich lediglich drei der 18 Akteure, die eine Zunahme des Maisanbaus nicht überwiegend negativ bewerten: Die FDP, der Deutsche Bauernverband sowie die einzelnen Landwirte, die in dem Diskurs zu Wort kamen. Mit Anteilen positiver Aussagen von 50, 64,3 und 85,7 Prozent unterscheiden sich diese Akteure allerdings auch deutlich untereinander.
Geht man stärker ins Detail und fragt nicht nur nach der Zustimmung oder Ablehnung zunehmenden Maisanbaus, sondern bezieht mit ein, in welchen Frames Akteure Aussagen tätigen, so lassen sich genau diejenigen Akteure identifizieren, die besonders ähnlich argumentieren, denen also eine argumentative Nähe bescheinigt werden kann. Diese Frage ist für die Verbändeforschung besonders relevant, als sie aufzeigt, wo ein Potenzial für Koalitionen zwischen Interessengruppen liegen kann, aber auch, welche Parteien geeignete Ansprechpartner für die Interessen sind, um sich bestmöglich Gehör zu verschaffen. Abbildung 3 zeigt das Dendrogramm der Clusteranalyse, das die Reihenfolge der Clusterung der Akteure visualisiert.
Abbildung 3: Cluster nach Frames sowie positiven und negativen Aussagen
Quelle: Eigene Darstellung
Es lassen sich im linken Grafikbereich Akteure erkennen, die eher früh clustern. Dies sind erstens Die Grünen und die Wasserschutzverbände, zweitens die Einzelpersonen und die Medien unter Einbezug der Imker- und der Ernährungsindustrie-Verbände, und drittens die CDU/CSU und der BUND. Unter Einbeziehung der Agrarwissenschaftler verschmelzen diese Akteure zu einem mittleren Zeitpunkt zu einem großen Cluster, wobei der Cluster aus Union und BUND am spätesten mit den anderen hier genannten Akteuren verschmilzt. Je früher im Dendrogramm die Akteure miteinander zu Clustern verschmelzen, desto eher ergeben sich Potenziale für die oben angesprochenen advocacy coalitions, also des wechselseitigen Fürsprechens.
Interpretiert man zunächst diesen Cluster, so finden wir einige erwartbare Ergebnisse. Es ist beispielsweise wenig überraschend, dass die Wasserschutzverbände, deren Ziel die Bewahrung eines Umweltgutes ist, ähnlich wie die Grünen argumentieren. Auch dass die Imkerverbände, die ein spezielles Interesse der Ernährungswirtschaft vertreten, früh mit den allgemeinen Verbänden der Ernährungsindustrie clustern, überrascht nicht. Andere Ergebnisse hingegen entsprechen nicht unbedingt unseren intuitiven Erwartungen. Wenngleich der BUND als eher moderater Umweltverband gilt, ist doch erstaunlich, dass seine Argumentation am ehesten der der Unionsparteien ähnelt. Auf der anderen Seite gelten die Grünen nicht unbedingt als Vertreter von Interessen der Ernährungsindustrie oder der Landwirtschaft. Sie sind jedoch die Partei, die als erste in einen gemeinsamen Cluster mit den Ernährungsindustrie-Verbänden und den Agrarwissenschaftlern fällt. Im Falle des Vermaisungs-Diskurses ist diese Nähe offensichtlich gegeben.
Blickt man auf die Akteure, die im Dendrogramm rechts dargestellt sind, so finden sich zwei weitere, kleinere Cluster, die auf höherem Unähnlichkeitsniveau verschmelzen. Der eine dieser Cluster besteht aus den Bioenergie-Verbänden und der FDP, der andere aus dem NABU und den Jagdverbänden unter späterer Einbeziehung der Umweltwissenschaftler. In diesem Bereich existieren keine weiteren, eigenständigen Clusterbildungen. Vielmehr verschmelzen einzelne Akteure und diese beiden kleinen Cluster sukzessiven mit dem großen, links dargestellten. Dies kann so interpretiert werden, dass sich kein größerer Block mit entgegen gerichteter Argumentation zu dem ersten Cluster bildet, sondern die Akteure in abgestufter Form mehr oder weniger ähnlich wie die Akteure dieses Clusters argumentieren. Zunächst verschmelzen Verwaltung, Unternehmen und der FDP-Bioenergie-Cluster mit dem Großcluster, anschließend die einzelnen Landwirte und der Dreiercluster mit NABU, Jagdverbänden und Umweltwissenschaftlern, und zuletzt der DBV.
Das heißt umgekehrt, dass der DBV eine absolute Außenseiterposition in diesem Diskurs einnimmt. Selbst ähnlich randständige Akteure wie etwa die einzelnen Landwirten clustern eher mit den Großcluster als mit dem Bauernverband. Dies liegt nicht nur daran, dass sich der DBV stark überdurchschnittlich positiv zu Maisanbau äußert – dies tun die einzelnen Landwirte noch stärker –, sondern auch damit, dass er dies im Grunde ausschließlich im ökologischen Frame tut. Im positiven ökologischen Bereich steht er ziemlich alleine, wie schon Abbildung 1 andeutet. Selbst die Umweltwissenschaftler, die allenfalls als argumentative Bündnispartner in Frage kommen, sind stärker im negativen Bereich der Ökologie verhaftet und verschmelzen eher mit dem Großcluster als mit dem DBV. Aus Sicht der Bildung fürsprechender Koalitionen heißt dies, dass die rechts dargestellten, später clusternden Akteure potenziell größere Schwierigkeiten haben sollten, Fürsprecher zu finden, die ihre Argumente teilen und unterstützen. Speziell der Bauernverband ist in diesem Sinne von den übrigen Akteuren isoliert.
Fasst man die Ergebnisse unserer Analysen zusammen, so lässt sich Folgendes festhalten: Erstens ist der hier untersuchte Diskurs vergleichsweise stark von Interessengruppen geprägt. Vertreter der Verbände melden sich deutlich häufiger zu Wort als Parteivertreter oder Wissenschaftler, wobei der NABU, die Bioenergieverbände, der DBV und der BUND die Verbände sind, die sich am häufigsten zu Wort melden. Unter den Parteien prägen CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen den Diskurs.
Zweitens lassen sich die vorgebrachten Argumente in fünf inhaltliche Frames gruppieren. Mit Abstand am häufigsten werden hierbei Themen im Bereich Ökologie diskutiert, gefolgt von ökonomischen Fragen und politischen Maßnahmen. Gesellschaftlich-moralische und ästhetische Fragen spielen eher am Rande eine Rolle. Insgesamt überwiegen Aussagen, die Vermaisung problematisch sehen. Dies trifft auch mehr oder weniger für die einzelnen Frames zu. Einzig im ökonomischen Frame überwiegen positive Aussagen zu einem zunehmenden Anbau von Mais.
Drittens lässt sich zeigen, welche Akteure ähnlich und welche unterschiedlich argumentieren. Diese Frage ist vor allem für Interessengruppen relevant, um Ansprechpartner in der Politik für ihre Interessen zu erkennen oder andere Interessengruppen für ein gemeinsames Vorgehen sowie als wechselseitige Fürsprecher zu gewinnen. Hierbei lassen sich sowohl Ähnlichkeiten identifizieren, die nicht überraschen, als auch solche, die in dieser Form weniger zu erwarten waren. Mit Blick auf die Vertreter der Agrarinteressen lässt sich feststellen, dass der Bauernverband mit seinem argumentativen Schwerpunkt im positiven Bereich des ökologischen Frames eine Außenseiterposition einnimmt und kaum Bündnispartner finden kann, die ihn bei seiner Argumentation unterstützen, weder in der Politik noch unter den anderen Verbänden.
Damit ist jedoch noch nichts darüber gesagt, ob diese Platzierung von Argumenten sinnvoll oder strategisch eher ungünstig ist. Auf der einen Seite ist klar erkennbar, dass der DBV mit dieser Art von Argumentation in der Debatte weitgehend isoliert ist und mutmaßlich Schwierigkeiten besitzt, Fürsprecher zu finden. Auf der anderen Seite ist festzustellen, dass ohne den Bauernverband der wichtige ökologische Frame noch stärker durch negative Aussagen geprägt wäre als ohnehin schon, während im ökonomischen auch ohne Zutun des DBV überwiegend Maisanbau-freundlich diskutiert wird. Strategisch kann es daher durchaus auch klug sein, hier ein Gegengewicht zu setzen und dafür den Preis der argumentativen Isolation zu zahlen.
Ziel dieses Beitrags ist eine Analyse des öffentlichen Diskurses um das Thema Vermaisung. Eine solche Analyse ist von Relevanz, da Mediendiskurse sowohl die öffentliche Meinung als auch Politikentscheidungen beeinflussen. Mithilfe einer Diskursanalyse identifizieren wir die Akteure, die die Debatte maßgeblich prägen sowie die wichtigsten Argumente.Über eine darauf aufbauende Clusteranalyse wird untersucht, welche Akteure ähnliche Argumentationsstrukturen besitzen und damit am ehesten als wechselseitige Fürsprecher und Bündnispartner in Frage kommen.Als zentrale Ergebnisse lassen sich festhalten, dass i) ökologische Interessengruppen ein besseres Standing in der Debatte haben als agrarische, ii) Interessengruppen insgesamt die Debatte stark prägen, und iii) der Deutsche Bauernverband argumentativ weitgehend isoliert ist, während ein Teil der Umwelt-Interessengruppen wie der BUND sowie die am stärksten beteiligten Parteien (CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen) gute Chancen haben, mit ihrer Argumentationsstruktur Gleichgesinnte zu finden.
This contribution aims at analyzing the public debate on increased maize growing in Germany. Such an analysis is relevant since debates in the media influence both public beliefs and policy decisions. By analyzing the contributions to this discourse we can identify the actors that mainly influence the debate and we can find out which of the arguments used are of the greatest importance. A cluster analysis based on the results of this analysis allows us to identify actors which use the same argumentation structure and thus are likely partners for advocacy coalitions. The main results are that i) ecological interest groups have a better standing in this debate than agrarian groups, ii) various interest groups are strongly involved in the debate, and iii) that the German Farmers’ Association (Deutscher Bauernverband) finds itself in a rather isolated position whereas some of the ecological interest groups like the BUND and those political parties that are most strongly involved (CDU/CSU and Greens) stand good chances of finding advocacy coalition partners given their structure of arguments.
L’objectif de cette contribution est d’analyser le discours public sur le thème de la monoculture intensive du maïs. Une telle analyse s’impose puisque les discours médiatiques influencent à la fois l’opinion publique et les décisions politiques. Grâce à une analyse du discours, nous pouvons identifier les acteurs qui marquent les débats d’une empreinte significative, ainsi que les arguments les plus importants. Une analyse ultérieure de partitionnement des données permet d’examiner les acteurs ayant des structures d’argumentation similaires et pouvant ainsi être pris en considération en tant que porte-parole et alliés. On peut retenir les principaux résultats suivants : i) dans le débat, les groupes d’intérêt écologiques ont un meilleur standing que les groupes d’intérêt agricoles, ii) dans l’ensemble, les groupes d’intérêt ont une grande influence sur les débats, et iii) le syndicat agricole allemand (Deutscher Bauernverband) est largement isolé dans son argumentation, alors qu’une partie des groupes d’intérêt sur l’environnement comme le BUND, ainsi que les partis les plus représentés (CDU/CSU et Bündnis 90/Die Grünen) ont de bonnes chances de trouver des personnes partageant les mêmes idées grâce à la structure de leur argumentation.
1) Eine grob gegliederte Diskursanalyse würde etwa einen Frame "Vermehrter Maisanbau besitzt ökologische Auswirkungen" zulassen, der einzelne Aussagen wie "Vermaisung schadet der Bodenqualität", aber auch deren Negation ("Zunehmender Maisanbau wirkt sich nicht auf Böden aus") umfasst. Eine feinere Analyse würde zumindest die Negation der Aussage als separaten Frame ausweisen.
Wir haben wertvolle Hinweise von Christian Henning, Eva Krampe, Laura Seide, Susumu Shikano und Nana Zarnekow erhalten, bei denen wir uns hierfür bedanken!
Jun.-Prof. Dr. Eric Linhart, Anna-Katharina Dhungel, B.A., Institut für Agrarökonomie, Abteilung Agrarpolitik
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Wilhelm-Seelig-Platz 7, 24105 Kiel, Deutschland,
eric.linhart@ae.uni-kiel.de