Von Oliver Mußhoff, André Tegmeier und Norbert Hirschauer, Göttingen/Halle
Nach einem Hoch mit etwa 43.000 landwirtschaftlichen Auszubildenden im Jahr 2007 war in den vergangenen Jahren ein deutlicher Rückgang der Nachwuchskräfte zu verzeichnen (6: 28). Zunehmend berichten Betriebe von Problemen, geeignete Arbeitskräfte und insbesondere Führungskräfte zu gewinnen. Ein großer Bedarf an Nachwuchsführungskräften besteht insbesondere in den großen ostdeutschen Unternehmen. Aufgrund der strukturellen Anpassungen nach der Wiedervereinigung steht hier in den nächsten Jahren ein nahezu vollständiger Generationenwechsel auf der Führungsebene an (20: 26).
Nach allen demografischen Prognosen wird die produktive Bevölkerung in Deutschland in Zukunft insgesamt stark sinken. Die Anzahl der Erwerbsfähigen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren lag 2010 bei ungefähr 50 Millionen. Es wird erwartet, dass dieser produktive Bevölkerungsanteil bis zum Jahr 2060 um 30 Prozent und damit unter 35 Millionen sinkt (19). In den ostdeutschen Bundesländern kommt es voraussichtlich schon bis zum Jahr 2025 zu einer 30-prozentigen Reduzierung der erwerbsfähigen Bevölkerung. Mit dieser Entwicklung wird auch das Arbeitskräftereservoir für landwirtschaftliche Arbeitgeber kleiner werden. Ein Indiz hierfür ist die geringe Arbeitslosigkeit landwirtschaftlicher Fachkräfte. Nach THEUVSEN et. al. (16: 16) lag diese zum Beispiel in den Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern von 2009 bis 2011 bei durchschnittlich 0,65 Prozent.
Der technologische Fortschritt hat auch in der Landwirtschaft zu einem Rückgang des Arbeitskräftebedarfs geführt. So waren 1995/96 noch 3,6 Arbeitskräfte pro 100 Hektar (AK/100 ha) beschäftigt; 2009/10 waren es nur noch 3,1 AK/100 ha (5: Tabelle 13; 7: 59). Diese Entwicklung wird wohl auch zukünftig anhalten. Selbst wenn es gelingt, den demografisch bedingten Rückgang des Arbeitskräfteangebots durch Rationalisierung aufzufangen, muss das Image der Landwirtschaft und die Attraktivität landwirtschaftlicher Arbeitsplätze verbessert werden. Sonst drohen Engpässe. Zudem muss unabhängig vom Rationalisierungspotenzial in der Produktion die Nachfolge von Führungskräften gewährleistet werden.
Das allgemeine Image der Landwirtschaft ist in den vergangenen Jahren mehrfach untersucht worden. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut EMNID im Mai 2007 ging es um die Wahrnehmung der Landwirtschaft seitens der deutschen Bevölkerung (17). VON ALVENSLEBEN (18) untersuchte das Image von Landwirten bei Politikern und Journalisten. Untersuchungen zur Attraktivität einer landwirtschaftlichen Tätigkeit und den Jobchancen in der Landwirtschaft beschränken sich hingegen auf Teilgruppen. WAGNER (19) führte zum Beispiel eine Befragung unter Absolventen der Agrarwissenschaften der Universität Halle durch, in der es um die Zufriedenheit mit dem Studium und die Chancen beim Berufseinstieg ging. BRINGE (9) fokussiert auf die berufliche Entscheidungsfindung von Schülern und Auszubildenden in der Landwirtschaft.
Die genannten Untersuchungen vernachlässigen Einkommensaspekte oder behandeln sie nur am Rande. PERLOFF (11) dagegen untersuchte, wie sich Lohnunterschiede – neben Alter, Bildung, ethnischer Zugehörigkeit und Herkunftsregion – auf die Wahl einer landwirtschaftlichen Tätigkeit auswirken. Die Untersuchung ist jedoch alt, bezog sich auf die USA und ist kaum auf den deutschen Arbeitsmarkt zu übertragen. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel des vorliegenden Beitrags darin, Unterschiede in der Wahrnehmung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu identifizieren und Hinweise abzuleiten, wie die Attraktivität einer landwirtschaftlichen Tätigkeit erhöht werden kann.
Zu diesem Zweck wurden Fach- und Hochschüler, landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer sowie landwirtschaftliche Unternehmer online zu den folgenden Themenbereichen befragt:
Die hier behandelten Fragestellungen sind sowohl für landwirtschaftliche Unternehmen und für Landwirtschafts- und Arbeitgeberverbände als auch für die Politik relevant.
Im folgenden Abschnitt dieses Beitrags werden die diesbezüglich zu prüfenden Hypothesen abgeleitet. Abschnitt 3 beschreibt das Untersuchungsdesign und die Datengrundlage. Im vierten Abschnitt wird dargelegt, wie unterschiedliche Gruppen eine landwirtschaftliche Tätigkeit wahrnehmen. In Abschnitt 5 geht es um die Frage, von welchen Einflussfaktoren die Einkommensforderungen abhängen. Die Schlussfolgerungen werden in sechsten Abschnitt gezogen.
Nach RIEGER (12: 159f) leiden Arbeitskräfte in der Landwirtschaft vermehrt unter Rücken-, Kreuz-, Nacken- und Schulterschmerzen. Da solche Beschwerden in Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft gebracht werden, lautet die erste Hypothese:
H1 (Arbeitsbedingungen): Es gibt Unterschiede, wie in der Landwirtschaft Tätige im Vergleich zu Außenstehenden die Arbeitsbedingungen einer landwirtschaftlichen Tätigkeit wahrnehmen.
Spitznagel (13: 6) zeigt, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in der Landwirtschaft 3,6 Stunden über der des produzierenden Gewerbes lag. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die zweite Hypothese mit der Frage der Wahrnehmung der Arbeitszeitbelastung:
H2 (Arbeitszeit): Es gibt Unterschiede, wie in der Landwirtschaft Tätige im Vergleich zu Außenstehenden die Arbeitszeiten einer landwirtschaftlichen Tätigkeit einschätzen.
Nach BREHMER und SEIFERT (8: 513) liegen die Löhne in der Landwirtschaft um zehn Prozent unter denen in der Industrie. Dem entspricht die verbreitete Wahrnehmung der Landwirtschaft als Niedriglohnbereich. Vor diesem Hintergrund geht es in der dritten Hypothese um die Einkommensmöglichkeiten:
H3 (Einkommen): Es gibt Unterschiede, wie in der Landwirtschaft Tätige im Vergleich zu Außenstehenden die Einkommensmöglichkeiten einer landwirtschaftlichen Tätigkeit einschätzen.
In vielen Untersuchungen werden Zusammenhänge zwischen soziodemografischen Variablen (zum Beispiel Geschlecht, Alter oder Bildungsabschluss) und dem Einkommen gefunden (vgl. 11; 10). Vergleichsportale wie www.lohnspiegel.de erweitern für ihre Auswertung diese Parameter um Arbeitszeit, Vorgesetztenfunktion, Berufserfahrung und Betriebsgröße (4). Dementsprechend wurden fünf weitere Hypothesen in die Untersuchung einbezogen:
H4 (Arbeitszeit und Gehalt): Die Höhe der Arbeitszeit hat einen Einfluss auf Gehaltsforderungen.
H5 (Einsatzfeld und Gehalt): Das Einsatzfeld hat einen Einfluss auf Gehaltsforderungen.
H6 (Arbeitsweg und Gehalt): Der Arbeitsweg hat einen Einfluss auf Gehaltsforderungen.
H7 (beruflicher Status und Gehalt): Der berufliche Status hat einen Einfluss auf Gehaltsforderungen.
H8 (soziodemografische Faktoren und Gehalt): Soziodemografische Faktoren haben einen Einfluss auf Gehaltsforderungen.
Im ersten Teil der im Sommer 2011 durchgeführten Onlineumfrage wurden allgemeine Informationen (wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad) erhoben. Im zweiten Teil ging es um die Wahrnehmung der eigenen landwirtschaftlichen oder nicht-landwirtschaftlichen Tätigkeit im Vergleich zu einer Tätigkeit im jeweils anderen Bereich. Dies bezog sich auf Kriterien wie zum Beispiel Einkommen, Arbeitszeit, Arbeitsfreude oder Naturnähe. Zudem wurden die Wunschvorstellungen zu diesen Kriterien erhoben. Im dritten Teil wurde die Reaktion auf ein fiktives Jobangebot in einem konventionell wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betrieb erfasst.
Die folgenden Konditionen waren vorgegeben:
Zu diesem Vertragsangebot wurde die Einkommensforderung erhoben, und zwar mit der Frage: "Ab welchem Monatsgehalt (Arbeitnehmerbrutto inklusive umgerechnetes Urlaubs- und Weihnachtsgeld) würden Sie das Jobangebot annehmen?" Neben diesem Standardvertrag wurden 16 Vertragsvariationen beschrieben. Das Ziel dabei war, herauszufinden, welchen Einfluss (1) die Arbeitszeit, (2) das Einsatzfeld und (3) der Arbeitsweg auf die Gehaltsforderung haben. In den einzelnen Varianten wurde gegenüber dem Ausgangsvertrag jeweils nur ein Merkmal geändert, das durch Fettdruck hervorgehoben wurde. In der ersten Vertragsvariante wurde beispielsweise die folgende Frage gestellt: "Ab welchem Monatsgehalt würden Sie das Jobangebot annehmen, wenn die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit nicht 40, sondern 36 Stunden betragen würde?"
Den letzten Befragungsteil bildete ein Quiz mit allgemeinen Fragen zur Landwirtschaft. Auf die Befragung wurde über verschiedene E-Mail-Verteiler von Landwirtschaftskammern hingewiesen. Um die Teilnahmebereitschaft zu erhöhen, wurden Prämien im Gesamtwert von 1.500 Euro ausgesetzt.
985 Teilnehmer haben aktiv begonnen, den Onlinefragebogen zu beantworten. 402 Personen haben alle vier Teile vollständig bearbeitet. Insgesamt wurden die Antworten von 638 Teilnehmern zur Auswertung herangezogen. Davon waren 307 Fach- und Hochschüler aus dem Agrarbereich, 160 nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (überwiegend aus dem vor- und nachgelagerten Bereich), 126 landwirtschaftliche Arbeitnehmer und 45 landwirtschaftliche Unternehmer. Bei den Fach- und Hochschülern und den nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmern betrug der Frauenanteil ungefähr 50 Prozent. Dagegen waren von den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern und Unternehmern nicht einmal 20 Prozent weiblich (Tabelle 1).
Tabelle 1: Allgemeine Informationen über die Befragungsteilnehmer a) | |||||
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Fach- und Hochschüler (n = 307) | Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 160) | Landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 126) | Landwirtschaftliche Unternehmer (n = 45) | Gesamt (n = 638) | |
Durchschnittsalter | 23,8 (4,4) | 37,6 (13,2) | 32,9 (13,1) | 36,9 (11,4) | 30,0 (11,6) |
Höchster Schulabschluss b) | 5,9 c) (1,3) | 5,4 (1,7) | 3,8 (1,5) | 4,0 (1,5) | 5,2 (1,7) |
Frauenanteil in Prozent | 56 | 50 | 19 | 18 | 45 |
a) In Klammern ist die Standardabweichung angezeigt.
b) Erfasst auf einer 7er-Skala: 1 (Schule abgebrochen ohne Abschluss), 2 (Volks-/Hauptschulabschluss), 3 (Mittlere Reife/Realschulabschluss), 4 (Fachhochschulreife), 5 (Abitur), 6 (Fachhochschulabschluss), 7 (Universitätsabschluss).
c) Angestrebter höchster Schulabschluss.
Quelle: Eigene Darstellung und Berechnung
Beim Schulabschluss liegt der Mittelwert aller Befragten bei 5,2 und somit leicht über der allgemeinen Hochschulreife. Dieser Wert ist durch die hohe Anzahl an Fach- und Hochschülern zu erklären. Die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer haben im Mittel ihre Schullaufbahn früher beendet als die nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmer. Die Stichprobe ist zwar nicht repräsentativ. Sie liefert aber Indizien über die (wahrgenommene) Attraktivität einer landwirtschaftlichen Tätigkeit und erlaubt erste Rückschlüsse darauf, wie die Attraktivität einer landwirtschaftlichen Tätigkeit gesteigert werden könnte.
Die folgenden Auswertungen basieren auf Mittelwertvergleichen mittels einfaktorieller ANOVA. Werden die Mittelwerte von mehr als zwei Gruppen analysiert, zeigt die ANOVA zunächst nur an, ob ein signifikanter Unterschied zwischen mindestens zwei Mittelwerten besteht; sie erlaubt aber keine Aussage, welche Gruppen voneinander abweichen. Dies wird in einem zweiten Schritt mittels Post-Hoc-Tests ermittelt. Wird die ANOVA auf die Mittelwerte zweier Gruppen angewendet, liefert sie mit dem t-Test übereinstimmende Ergebnisse.
Die Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft wurde in vier Themenfeldern erfasst:
Sowohl die nicht-landwirtschaftlichen als auch die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer verbinden eine Tätigkeit in der Landwirtschaft überwiegend mit Naturnähe, dem Einsatz moderner Technik und einem hohen Grad an Selbständigkeit und Aufgabenvielfalt (Tabelle 2). Die nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmer erwarten in signifikant größerem Umfang Geruchsbelästigungen, körperliche Belastungen und Unfallrisiken. Gleichzeitig schätzen sie den Grad der Selbständigkeit bei der Arbeitserledigung signifikant niedriger ein. Die Landwirtschaft wird also von außen tendenziell negativer gesehen als von den in der Landwirtschaft-Tätigen.
Tabelle 2: Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft (LW)a) | |||
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Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 154) | Landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 119) | Signifikanzb) | |
Eine Arbeit in der LW ist überwiegend in der Natur zu leisten. | 2,3 (0,8) | 2,3 (0,9) | |
Eine Arbeit in der LW ist mit vielfältigen Gerüchen verbunden, die von Tieren ausgehen. | 2,4 (0,8) | 2,9 (1,4) | *** |
Eine Arbeit in der LW ist mit viel Lärm verbunden. | 2,9 (0,7) | 2,8 (0,9) | |
Eine Arbeit in der LW ist mit viel Schmutz verbunden. | 2,6 (0,8) | 2,5 (0,9) | |
Die in der konventionellen LW-Tätigen müssen mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien arbeiten. | 2,9 (1,0) | 2,8 (1,1) | |
Eine Arbeit in der LW ist überwiegend mit moderner Technik verbunden. | 2,2 (0,8) | 2,1 (0,8) | |
In der LW in meiner Region wird veraltete Technik eingesetzt. | 3,8 (0,8) | 3,8 (0,8) | |
Eine Arbeit in der LW ist überwiegend selbständig zu leisten. | 2,0 (0,8) | 1,8 (0,7) | * |
Eine Arbeit in der LW umfasst vielfältige Aufgabenbereiche. | 1,6 (0,8) | 1,6 (0,8) | |
Eine Arbeit in der LW ist mit starker körperlicher Belastung verbunden. | 2,2 (0,8) | 2,5 (0,9) | * |
Das Unfallrisiko bei der Arbeit in der LW ist hoch. | 2,5 (0,8) | 2,8 (1,0) | ** |
a) Erfasst auf einer 5er-Skala von 1 (trifft voll und ganz zu) bis 5 (trifft überhaupt nicht zu). In Klammern ist die Standardabweichung angezeigt.
b) p-Werte bei zweiseitigem t-Test auf Mittelwertgleichheit; * (**, ***) bedeutet p < 0,05 (p < 0,01, p < 0,001).
Quelle: Eigene Berechnungen
Hypothese H1 kann damit nicht abgelehnt werden: Es gibt signifikante Unterschiede, wie landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft einschätzen.
Bei den in Tabelle 2 aufgelisteten Charakteristika handelt es sich um mögliche Einflussfaktoren für die Akzeptanz der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Tabelle 3 verdeutlicht, was Arbeitnehmern wichtig ist.
Tabelle 3: Wünsche an die eigene Arbeita) | |||
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Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 151) | Landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 117) | Signifikanzb) | |
Mir gefällt es, in der Natur zu arbeiten. | 1,5 (0,7) | 1,4 (0,6) | |
Mich stören Gerüche, die von Tieren ausgehen. | 3,8 (1,1) | 4,1 (0,8) | ** |
Mich stören Arbeitsstätten, an denen es Lärmquellen gibt. | 2,8 (1,1) | 3,2 (0,9) | ** |
Mich stören Arbeitsstätten, an denen es Schmutzquellen gibt. | 3,5 (1,0) | 3,7 (0,9) | |
Mir macht der Umgang mit moderner Technik viel Spaß. | 1,9 (0,8) | 1,5 (0,7) | ** |
Mir ist wichtig, dass ich meine Arbeit selbstständig erledigen kann. | 1,7 (0,6) | 1,6 (0,8) | |
Mir ist wichtig, dass meine Arbeit einen vielfältigen Aufgabenbereich umfasst. | 1,5 (0,6) | 1,5 (0,7) | |
Mir ist wichtig, dass meine Arbeit keine starke körperliche Betätigung beinhaltet. | 3,2 (0,9) | 3,2 (0,9) | |
Mir ist wichtig, dass das Unfallrisiko bei der Arbeit gering ist. | 2,5 (1,1) | 2,3 (1,0) |
a)Erfasst auf einer 5er-Skala von 1 (trifft voll und ganz zu) bis 5 (trifft überhaupt nicht zu). In Klammern ist die Standardabweichung angezeigt.
b)p-Werte bei zweiseitigem t-Test auf Mittelwertgleichheit; * (**, ***) bedeutet p < 0,05 (p < 0,01, p < 0,001).
Quelle: Eigene Berechnungen
Sowohl den nicht-landwirtschaftlichen als auch den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern sind Naturnähe, moderne Technik, Selbstständigkeit und Aufgabenvielfalt sehr wichtig. Den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern ist der Umgang mit moderner Technik im Vergleich wichtiger. Gleichzeitig stören sie Lärm und Gerüche weniger. Bei den nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmern fällt eine Überschätzung der Geruchsbelästigung mit einer höheren Ablehnung negativer Gerüche zusammen. Das Thema "Geruch" wirkt also für Außenstehende attraktivitätsmindernd für eine landwirtschaftliche Tätigkeit. Gleiches gilt für die körperliche Belastung und das Unfallrisiko, die beide aus Sicht der tatsächlich in der Landwirtschaft Tätigen nicht so hoch sind wie von Außenstehenden wahrgenommen.
Die erwünschte Wochenarbeitszeit liegt bei allen Gruppen deutlich unter den 50,5 Stunden, die von den Arbeitnehmern in der Landwirtschaft tatsächlich geleistet werden (Tabelle 4). Zudem bevorzugen die nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmer im Vergleich zu den anderen Befragten eine signifikant geringere Wochenarbeitszeit und überschätzen signifikant die Wochenanzahl, in denen in der Landwirtschaft Überstunden geleistet werden. Fach- und Hochschüler sowie nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer unterschätzen die zeitliche Flexibilität in der Landwirtschaft. Gleichzeitig werden die Wochenarbeitszeit und die Wochen mit Überstunden bei einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit von Fach- und Hochschülern und landwirtschaftlichen Arbeitnehmern unterschätzt.
Tabelle 4: Arbeitszeitbelastung in und außerhalb der Landwirtschaft (LW)a) | |||||
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Fach- und Hochschüler (n = 288) | Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 154) | Landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 116) | Mittelwert (n = 558) | Signifikanzb) | |
Gewünschte Wochenarbeitszeit (Stunden) | 42,4 (6,3) | 38,8 (6,2) | 41,9 (5,9) | 41,3 (6,4) | ***d) |
Wochenarbeitszeit in der LW (Stunden) | 52,8c) (13,6) | 52,4c) (14,1) | 50,5 (12,0) | 52,2 (12,0) | |
Wochenarbeitszeit außerhalb der LW (Stunden) | 39,6c) (7,9) | 43,7 (8,8) | 39,3c) (6,4) | 40,6 (8,1) | ***d) |
Wochen mit Überstunden in der LW | 13,9c)(8,5) | 16,4c) (8,3) | 12,2 (7,9) | 14,2 (8,4) | ***d) |
Wochen mit Überstunden außerhalb der LW | 8,3c) (10,5) | 11,0 (8,6) | 5,9c)(8,4) | 8,5 (9,7) | ***e) |
Flexible Arbeitszeiten in der LW in Prozent | 49c) | 48c) | 67 | 52 | **f) |
a)In Klammern ist die Standardabweichung angezeigt.
b)p-Werte bei F-Test auf Mittelwertgleichheit mittels ANOVA; * (**, ***) bedeutet p < 0,05 (p < 0,01, p < 0,001).
c)Diese Werte geben die Einschätzung der Befragten für eine entsprechende Tätigkeit wieder.
d)Gemäß Tamhane-T2-Test besteht ein signifikanter Unterschied zwischen nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmern und den anderen beiden Gruppen.
e)Gemäß Tamhane-T2-Test besteht ein signifikanter Unterschied zwischen allen Befragtengruppen.
f)Gemäß Tamhane-T2-Test besteht ein signifikanter Unterschied zwischen landwirtschaftlichen Arbeitnehmern und den anderen beiden Gruppen.
Quelle: Eigene Berechnungen
Die Hypothese H2 kann damit nicht abgelehnt werden: Bei der Einschätzung der Wochen mit Überstunden und der Arbeitszeitflexibilität lassen sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen feststellen. Außenstehende überschätzen die zeitlichen Zwänge des landwirtschaftlichen Arbeitsplatzes. Gleichzeitig unterschätzen die in der Landwirtschaft Tätigen die zeitlichen Anforderungen des nicht-landwirtschaftlichen Arbeitsplatzes.
Landwirtschaftliche Arbeitnehmer erzielen im Mittel ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.303 Euro (Tabelle 5). Sie erwarten bei einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit ein Einkommen von etwa 2.730 Euro, würden aber nur wechseln, wenn sie 3.250 Euro erzielen könnten. Die befragten nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmer haben ein durchschnittliches Einkommen von rund 2.950 Euro und gehen davon aus, dass sie in der Landwirtschaft nur 2.670 Euro verdienen würden. Wechseln würden sie nur, wenn sie dort 3.360 Euro verdienen könnten. Das mittlere Einkommen in der Landwirtschaft liegt mit 2.303 Euro signifikant (p-Wert < 0,001) unter dem Einkommen von 2.670 Euro, das nicht-landwirtschaftlich Arbeitnehmer für die Landwirtschaft erwarten. Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer gehen also von einem höheren Einkommen in der Landwirtschaft aus als von den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern tatsächlich erreicht wird. Hypothese H3 kann also zunächst nicht abgelehnt werden. Allerdings ist zu beachten, dass sich der Bildungsgrad der nicht-landwirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Arbeitnehmer unterscheidet (Tabelle 1).
Tabelle 5: Einkommen und Arbeitszufriedenheit in und außerhalb der Landwirtschafta) | |||
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Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 142) | Landwirtschaftliche Arbeitnehmer (n = 96) | Signifikanzb) | |
Einkommen im Beruf in Euro | 2.946 (1.233) | 2.303 (975) | *** |
Erwartetes Einkommen im anderen Bereich in Euro | 2.670 (1.082) | 2.733 (1.047) | |
Einkommensforderung zum Berufsfeldwechsel in Euro | 3.364 (1.244) | 3.247 (1.112) | |
Arbeitszuriedenheitc) | 5,9 (1,9) | 7,4 (1,9) | *** |
a)In Klammern ist die Standardabweichung angezeigt.
b)p-Werte bei zweiseitigem t-Test auf Mittelwertgleichheit; * (**, ***) bedeutet p < 0,05 (p < 0,01, p < 0,001).
c)Erfasst auf einer Skala von 1 (stark unterdurchschnittlich) bis 10 (stark überdurchschnittlich).
Quelle: Eigene Berechnungen
Das für einen Wechsel in den jeweils anderen Bereich geforderte Einkommen liegt bei beiden Gruppen deutlich über ihrem jetzigen Einkommen (vgl. auch 2). Besonders interessant ist, dass die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer für einen Wechsel eine sehr hohe Wechselprämie von über 900 Euro fordern. Da die Arbeitnehmer in der Landwirtschaft ihr Einkommensrisiko ähnlich hoch einschätzen wie bei einer nicht-landwirtschaftlichen Tätigkeit, spielt das Risiko hierfür keine Rolle. Auch bessere Zukunftserwartungen in der Landwirtschaft können nicht der Grund sein. Die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer erwarten sogar, dass ihre Einkommen mit knapp drei Prozent jährlich zukünftig etwas weniger stark steigen als die Einkommen außerhalb der Landwirtschaft, wo sie mit einer Steigerung von etwas mehr als drei Prozent rechnen.
Einen geringfügigen Erklärungsbeitrag liefert zunächst nur der um etwa zehn Kilometer längere Anfahrtsweg zur Arbeit, der bei einem Wechsel erwartet wird. Der Großteil der geforderten Wechselprämie lässt sich aber nicht mit materiellen Erwägungen, sondern nur mit der hohen Arbeitszufriedenheit erklären. Diese liegt bei den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern – gemessen auf einer Skala von 1 (stark unterdurchschnittlich) bis 10 (stark überdurchschnittlich) – im Schnitt bei 7,4 und damit signifikant über 5,9 Punkten der nicht-landwirtschaftlichen Arbeitnehmer.
Um zu untersuchen, wie sich die Änderung einzelner Vertragskonditionen auf die Gehaltsforderung auswirkt, wird folgende Regressionsgleichung geschätzt:
ln Wi = α+β'Vi +γ'Gi + δ'Si + ui
Die abhängi die logarithmierte Gehaltsforderung ln Wi der i-ten Beobachtung. Die Vertragsvariablen V1 bis V16, die Gruppenzugehörigkeitsvariablen (Status als landwirtschaftlicher Unternehmer, nicht-landwirtschaftlicher Arbeitnehmer oder Fach- und Hochschüler) G1 bis G3 sowie die soziodemografischen Variablen S1 bis S7 werden als unabhängige Variablen genutzt. Sie sind im Regressionsmodell als Vektoren Vi, Gi und Si dargestellt. Von den soziodemografischen Variablen ist nur das Alter metrisch skaliert und wird auf einen quadratischen Zusammenhang zu den Gehaltsvorstellungen überprüft. Die übrigen Variablen stellen Dummyvariablen dar. Die Konstante α und die Parametervektoren β, γ and δ sind zu schätzen. Aufgrund der Logarithmierung der Gehaltsforderungen zeigen die geschätzten Koeffizienten die prozentuale Veränderung der Gehaltsforderung an. Der Störterm ui wird als unabhängig und identisch verteilt über i (iid-Annahme) mit einem Erwartungswert von Null und einer Varianz von σ2u angenommen.
Für jeden der 459 Befragten, die auch den dritten Teil des Fragebogens vollständig bearbeitet haben, liegen Gehaltsforderungen für 17 Vertragsvariationen (Basisvertrag plus 16 Vertragsvarianten) vor. Die Vertragsvarianten werden als Zeitvariablen interpretiert. Damit entspricht die Struktur des Regressionsmodells einem Panelmodell mit fixen Zeiteffekten. Der einzige Unterschied besteht darin, dass anstelle von Dummies für verschiedene Zeitpunkte Dummies für verschiedene Vertragsvariationen berücksichtigt werden. Die Schätzung des Regressionsmodells kann auf insgesamt 7.803 Beobachtungen der abhängigen Variable ln Wi gestützt werden.
Das Panelmodell mit fixen Zeiteffekten wurde mittels der Statistiksoftware "Gretl" geschätzt. Ein Modell, das individuelle fixe Effekte berücksichtigt, kann ausgeschlossen werden, da – mit Ausnahme der durch die fixen Zeiteffekte erfassten Vertragsvariablen – alle Variablen nur zwischen den einzelnen Individuen schwanken und nicht innerhalb der Individuen. Die Zeiteffekte wurden nicht im Rahmen eines Random-Effects-Modells abgebildet, da man explizit an ihren Ausprägungen interessiert ist. Bei der Schätzung werden heteroskedastizitäts-robuste Standardfehler verwendet, da gemäß White-Test mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von kleiner 0,1 Prozent Heteroskedastizität nicht ausschlossen werden konnten. In Tabelle 6 sind die Ergebnisse der Regressionsanalyse dargestellt.
Tabelle 6: Ergebnisse des Modells mit fixen Zeiteffekten mit n = 7.545a) | |||||
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Koeffizient | Standardfehler | t-Wert | p-Wert | Signifikanzb) | |
Konstante | 7,316 | 0,143 | 51,0 | <0,001 | *** |
V1: -vier Wochenstunden (0 = nein, 1 = ja) | -0,103 | 0,007 | -15,1 | <0,001 | *** |
V2: +vier Wochenstunden (0 = nein, 1 = ja) | 0,073 | 0,007 | 11,0 | <0,001 | *** |
V3: Überstunden ausbezahlt (0 = nein, 1 = ja) | 0,014 | 0,007 | 1,8 | 0,070 | * |
V4: Flexible Arbeitszeiten (0 = nein, 1 = ja) | -0,050 | 0,007 | -6,8 | <0,001 | *** |
V5: Nur in fünf Wochen/Jahr Überstunden (0 = nein, 1 = ja) | -0,031 | 0,008 | -3,8 | <0,001 | *** |
V6: -fünf Urlaubstage (0 = nein, 1 = ja) | 0,093 | 0,008 | 11,7 | <0,001 | *** |
V7 : +fünf Urlaubstage (0 = nein, 1 = ja) | -0,051 | 0,007 | -7,0 | <0,001 | *** |
V8: Ältere Technik im Agrarbereich (0 = nein, 1 = ja) | 0,048 | 0,009 | 5,4 | <0,001 | *** |
V9: Leitende Funktion im Agrarbereich (0 = nein, 1 = ja) | 0,107 | 0,011 | 10,1 | <0,001 | *** |
V10: Bestandsbetreuung Schweinemast (0 = nein, 1 = ja) | 0,115 | 0,012 | 9,4 | <0,001 | *** |
V11: Ökologische Getreideproduktion (0 = nein, 1 = ja) | 0,065 | 0,013 | 5,1 | <0,001 | *** |
V12: Ausführende Tätigkeit im vor- / nachgelagerten Bereich (0 = nein, 1 = ja) | 0,058 | 0,010 | 5,5 | <0,001 | *** |
V13: Ausführende Tätigkeit in einem Industrieunternehmen (0 = nein, 1 = ja) | 0,132 | 0,013 | 10,0 | <0,001 | *** |
V14: -20 km Fahrtstrecke zur Arbeit (0 = nein, 1 = ja) | -0,053 | 0,007 | -7,1 | <0,001 | *** |
V15: +20 km Fahrtstrecke zur Arbeit (0 = nein, 1 = ja) | 0,101 | 0,008 | 12,6 | <0,001 | *** |
V16: +20 km Fahrtstrecke zur Kinderbetreuung (0 = nein, 1 = ja) | 0,109 | 0,009 | 12,3 | <0,001 | *** |
G1: Landwirtschaftliche Unternehmer (0 = nein, 1 = ja) | 0,381 | 0,065 | 5,9 | <0,001 | *** |
G2: Nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer (0 = nein, 1 = ja) | 0,093 | 0,051 | 1,8 | 0,068 | * |
G3: Fach- und Hochschüler (0 = nein, 1 = ja) | -0,119 | 0,054 | -2,2 | 0,028 | ** |
S1: Alter in Jahren | 0,020 | 0,007 | 2,8 | 0,004 | *** |
S2: Alter in Jahren zum Quadrat | -0,0002 | 0,0001 | -2,2 | 0,029 | ** |
S3: Geschlecht (0 = weiblich, 1 = männlich) | 0,058 | 0,031 | 1,8 | 0,064 | * |
S4: Hochschulabschluss (0 = nein, 1 = ja) | 0,179 | 0,037 | 4,8 | <0,001 | *** |
S5: Einwohnerzahl des Wohnorts (0 = < 5.000, 1 = ≥ 5.000) | 0,042 | 0,029 | 1,4 | 0,149 | |
S6: Partner in der Landwirtschaft tätig (0 = ja, 1 = nein) | 0,024 | 0,041 | 0,6 | 0,559 | |
S7: Eltern in der Landwirtschaft tätig (0 = ja, 1 = nein) | -0,016 | 0,030 | -0,5 | 0,599 |
a)R2 (adjusted R2) = 0,277 (0,275), F-Wert (p-Wert) = 110,790 (<0,001), σu2 = 0,312.
b)* (**, ***) bedeutet p < 0,1 (p < 0,05, p < 0,001).
Quelle: eigene Berechnungen
Gemäß F-Wert ist das Regressionsmodell hoch signifikant. Das R-Quadrat zeigt, dass 27,7 Prozent der Varianz der logarithmierten Gehaltsforderung vom Modell erklärt werden kann. Aufgrund der hier gewählten Belegung der Dummyvariablen gibt die Konstante die mittlere logarithmierte Einkommensforderung des Standardvertrages einer weiblichen, landwirtschaftlichen Arbeitnehmerin aus einer ländlichen Region (Wohnort unter 5.000 Einwohner) wieder, deren Partner und Eltern in der Landwirtschaft tätig sind/waren und die keinen Studienabschluss besitzt. Wenn dann davon ausgegangen wird, dass die so charakterisierte Arbeitnehmerin sich im Alter von 30 Jahren befindet, was dem Gesamtdurchschnitt aller Befragten entspricht, beläuft sich die geschätzte Einkommensforderung auf 2.404 Euro pro Monat.
Bei den arbeitszeitbezogenen Vertragsvariationen (V1 bis V7) ergibt sich der folgende, zu erwartende Zusammenhang: Die Einkommensforderung steigt (fällt) signifikant, wenn die jährliche Arbeitszeitbelastung steigt (fällt). Hypothese H4 kann damit nicht abgelehnt werden. Zudem wurde mittels F-Test analysiert, ob die relativen Veränderungen der Einkommensforderung bei einer Erhöhung oder Verringerung der Arbeitszeit gleich sind und damit eine lineare Restriktion zutreffend ist (1: 72ff). Es zeigt sich, dass die Veränderungen auf einem 5-prozentigen Niveau jeweils signifikant voneinander abweichen. Eine relative Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit führt also im Vergleich zu einer gleich hohen relativen Verringerung der Wochenarbeitszeit zu einer anderen betragsmäßigen Relativänderung der Einkommensforderung (V1 vs. V2). Derselbe Sachverhalt gilt für die Veränderung der Jahresarbeitszeit über den Urlaubsanspruch (V6 vs. V7).
Darüber hinaus wurde untersucht, ob die Gehaltsänderung, die bei einer Erhöhung/Reduzierung der Wochenarbeitszeit oder einer Reduzierung/Erhöhung des Jahresurlaubs gefordert/akzeptiert wird, proportional zur damit verbundenen Arbeitszeitveränderung ist. Eine Erhöhung/Reduzierung der Wochenarbeitszeit um vier Stunden entspricht einer Veränderung der Jahresarbeitszeit von plus/minus zehn Prozent. Eine Reduzierung/Erhöhung der Urlaubszeit um fünf Tage bedeutet eine Veränderung der Jahresarbeitszeit von etwa plus/minus 2,2 Prozent. Bei einer Verringerung der Wochenarbeitszeit (V1) reduzieren die Befragten ihre Gehaltsforderung nahezu proportional zur Arbeitszeitänderung. Bei einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit (V2) steigt die Gehaltsforderung dagegen mit 7,3 Prozent unterproportional zur Arbeitszeitänderung. Bei der Veränderung der Jahresarbeitszeit über die Urlaubstage (V6 und V7) reagieren die Befragten sehr viel stärker, und zwar insbesondere bei einer Reduzierung des Jahresurlaubs: Für eine Reduzierung des Urlaubs um fünf Tage fordern sie eine Gehaltserhöhung von 9,3 Prozent.
Diese Ergebnisse kann man dahingehend interpretieren, dass unterschiedliche Ausgestaltungsformen der Jahresarbeitszeit, auch wenn sie jeweils zu denselben Personalkosten führen, sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben. Sieht man von den zeitlichen Anforderungen der verschiedenen Arbeitsprozesse im Betrieb ab, könnte man die Quintessenz wie folgt zusammenfassen:
Mit der Variation des Einsatzfeldes (V8 bis V13) ändert sich die Einkommensforderung. Wenn ein Betrieb zum Beispiel mit alter Technik ausgestattet ist oder es sich um einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb handelt, steigt die Gehaltsforderung um 4,8 oder 6,5 Prozent (V8 und V11). Dieses könnte mit der Assoziation einer stärkeren körperlichen Belastung erklärt werden. Bietet man den Befragten eine Beschäftigung in der Bestandsbetreuung eines Schweinemastbetriebs, so steigt die Einkommensforderung um rund zwölf Prozent (V10). Man könnte dies als ablehnende Haltung gegenüber diesem Einsatzfeld interpretieren und in Zusammenhang mit der Geruchsbelastung bringen. Allerdings fordern die Befragten für eine ausführende Tätigkeit in einem Industrieunternehmen 13,2 Prozent mehr Gehalt (V13). Es scheint also so zu sein, dass vor allem monotone Tätigkeiten, die sowohl in der Schweinehaltung als auch im Industrieunternehmen zu erwarten sind, zu höheren Gehaltsforderungen führen. Die Kombination aus mehr Verantwortung und mehr Bürotätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb (V9) führt zu einer um etwa elf Prozent höheren Gehaltsforderung. Insgesamt ergibt sich ein höchst signifikanter Zusammenhang zwischen den verschiedenartigen Einsatzfeldern und der Einkommensforderung. Hypothese H5 kann also nicht abgelehnt werden.
Die Fahrtstrecke (V14 bis V16) hat einen signifikanten Einfluss auf die Gehaltsforderung. Dieser ist jedoch signifikant nicht-linear zur gefahrenen Wegstrecke: Die Gehaltsforderungen steigen beispielsweise für eine zusätzliche Fahrtstrecke von 20 Kilometer im Mittel um etwa zehn Prozent an. Bei einer Reduzierung der Wegstrecke um 20 Kilometer sinken die Gehaltsforderungen dagegen um rund fünf Prozent. Ob die zusätzliche Strecke zu einem weiter entfernt liegenden Betrieb oder zu einer Kinderbetreuungsstätte zurückgelegt werden muss, macht für die Befragten keinen signifikanten Unterschied. Hypothese H6 kann somit nicht abgelehnt werden.
Mit Blick auf die Gruppenzugehörigkeit (G1 bis G3) zeigt sich, dass landwirtschaftliche Unternehmer im Mittel eine um 38 Prozent höhere Gehaltsforderung und nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer eine um 9,4 Prozent höhere Einkommensforderung als landwirtschaftliche Arbeitnehmer haben. Die noch in der Ausbildung befindlichen Befragten haben eine um 11,9 Prozent niedrigere Einkommensforderung als landwirtschaftliche Arbeitnehmer mit Berufserfahrung. Die Hypothese H7 kann somit ebenfalls nicht abgelehnt werden.
Es besteht kein signifikanter Zusammenhang zwischen den Einkommensforderungen und dem Beruf des Partners oder der Eltern (S6 und S7). Gleiches gilt für die Wohnortsgröße (S5). Der über S5 bis S7 vermutete Einfluss von Tradition oder regionaler Zugehörigkeit auf die Einkommensforderung kann also nicht bestätigt werden. Allerdings wirkt sich neben dem Alter das Geschlecht und der Bildungsgrad (S1 bis S4) signifikant auf die Einkommensforderung aus. Teilnehmer im Alter von 55,7 Jahren erheben die höchsten Einkommensforderungen. Männliche Befragte besitzen eine im Mittel um 5,8 Prozent höhere Einkommensforderung als weibliche Befragte. Mit Blick auf den Bildungsgrad ist festzustellen, dass Hochschulabsolventen im Mittel ein um 17,9 Prozent höheres Gehalt fordern als nicht-studierte Befragte. Ausgewählte soziodemografische Variablen haben also einen signifikanten Einfluss auf die Einkommensforderung. Wir können somit die Hypothese H8 nicht ablehnen.
Es ist zu erwarten, dass die produktive Bevölkerung in Deutschland stark sinken wird. Damit stellt sich für die Landwirtschaft die Frage, wie in der Zukunft eine ausreichende Versorgung mit qualifizierten Fach- und Führungskräften gewährleistet werden kann. Das Ziel des vorliegenden Beitrags besteht darin, Unterschiede in der Wahrnehmung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu identifizieren und Hinweise abzuleiten, wie die Attraktivität einer landwirtschaftlichen Tätigkeit erhöht werden kann. Dazu wurden Fach- und Hochschüler, landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer sowie landwirtschaftliche Unternehmer befragt.
Die zentralen Ergebnisse der Befragung lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:
Für die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern im einzelnen Unternehmen gibt es zwei offensichtliche Ansatzstellen:
Trotz aller Vorteile, die die Tätigkeit in der Landwirtschaft in den Augen der dort Tätigen hat, muss das erzielbare Einkommen als fair empfunden werden und für ein Leben reichen, das eine als adäquat wahrgenommene Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Besondere Schwierigkeiten bei der Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern zeichnen sich in den Veredlungsbereichen der Schweine- und Hähnchenmast ab. Diese Tätigkeiten werden ähnlich unattraktiv eingeschätzt wie Fließbandarbeit. Hier hat man es nicht mit Fehlinformationen oder einem Kommunikationsproblem zu tun. Vielmehr verringern monotone Tätigkeiten und in geringerem Umfang die Geruchsbelästigung die Attraktivität eines Arbeitsplatzes. Hat man als Arbeitgeber diesbezüglich technologiebedingt keine Gestaltungsmöglichkeiten, müssen die Nachteile über höhere Gehälter ausgeglichen werden.
Während das Angebot am Arbeitsmarkt vom einzelnen Unternehmen nicht beeinflusst werden kann, gibt es bei der Personalbeschaffung und -entwicklung weitreichende Möglichkeiten, den Kreis der in Frage kommenden Personen zu erweitern. Angesichts des hohen Bedarfs an Nachwuchsführungskräften sowie des knappen Angebots am Markt für landwirtschaftliche Fach- und Führungskräfte kann es sich kein Unternehmen leisten, von vornherein auf bestimmte Personengruppen als Personalressource zu verzichten. Mit anderen Worten: Die Einräumung gleicher Chancen und die Förderung aussichtsreichen Führungspersonals unabhängig von Geschlecht und Herkunft ist nicht nur eine Frage der Fairness, sondern eine ökonomische Notwendigkeit. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Frauenanteil unter den befragten Berufsschülern und Studierenden signifikant höher war als unter den landwirtschaftlichen Unternehmern und Arbeitnehmern. Dies zeigt, dass hier ein bislang wenig genutztes Potenzial besteht, das sich bereits einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zugewendet hat und bei geeigneter Personalpolitik ausgeschöpft werden kann.
Der vorliegende Beitrag bestätigt im Wesentlichen bereits vermutete Zusammenhänge. Er geht aber über die vorliegende anekdotische Evidenz hinaus und liefert beispielsweise quantitative Informationen, wie sich Gehaltsforderungen ändern, wenn sich die Arbeitsbedingungen, das berufliche Einsatzfeld oder ähnliches ändern. Dieser Informationszuwachs ermöglicht eine argumentative Fundierung und Konkretisierung von Handlungsempfehlungen, was angesichts der Brisanz des Themas "Gewinnung von Nachwuchskräften" von hoher Bedeutung ist.
Nach allen demografischen Prognosen wird die produktive Bevölkerung in Deutschland stark sinken. Damit stellt sich für die Landwirtschaft die Frage, wie in der Zukunft eine ausreichende Versorgung mit qualifizierten Kräften gewährleistet werden kann. Vor diesem Hintergrund wurden Fach- und Hochschüler, landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Arbeitnehmer sowie landwirtschaftliche Unternehmer zu ihren Präferenzen und Wahrnehmungen befragt.
Die Ergebnisse zeigen erstens, dass Außenstehende eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Vergleich zu den Wahrnehmungen von landwirtschaftlich Beschäftigten zu negativ einschätzen und zum Beispiel die zeitlichen Zwänge des landwirtschaftlichen Arbeitsplatzes überschätzen.
Zweitens, Beschäftigte in der Landwirtschaft sehen hohe nicht-ökonomische Vorteile ihres Arbeitsplatzes und sind mit ihrer Tätigkeit deutlich zufriedener als Arbeitnehmer außerhalb der Landwirtschaft.
Drittens, es gibt wirksame und weniger wirksame Möglichkeiten, über das "Drauflegen eines Euros" die Attraktivität der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu steigern. Eine Erhöhung des Gehalts löst eine nahezu proportional erhöhte Bereitschaft aus, die Jahresarbeitszeit durch eine höhere Wochenarbeitszeit zu erhöhen. Dieselbe Gehaltserhöhung führt zu einer deutlich unterproportional erhöhten Bereitschaft, die Jahresarbeitszeit über eine Reduzierung des Urlaubs zu erhöhen.
Eine effektive Information zu den Chancen und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft ist von besonderer Bedeutung, da bei Jugendlichen und damit potenziellen Nachwuchskräften die Aussichten einer agrarbezogenen Ausbildung am Arbeitsmarkt und die große Bandbreite möglicher Betätigungsfelder nicht ausreichend bekannt sind.
According to demographic forecasts, the German labour force supply will decrease dramatically over the next decades. In its attempt to attract sufficiently large numbers of young professionals the farming sector may thus face fierce competition from other industries. With this in mind, we have carried out a survey among various social groups: students of agriculture, employees from both within and from outside the agricultural field, and farmers.
Regarding the perception of jobs in the agricultural industry this survey produced some interesting results: First, outsiders have an overwhelmingly negative assessment of the industry’s working conditions. They overestimate, for example, the required overtime hours.
Second, given the great number of non-economic advantages the sense of professional fulfilment and job satisfaction are considerably higher within the farming industry than outside.
Third, there are effective and less effective ways to increase job satisfaction by providing a little "top-up". A pay rise leads to farm workers proportionally accepting an increased number of annual working hours by working more hours each weak. The opposite is true if the overall work load is increased by reducing employees’ annual leave entitlement. Since many people outside the agricultural world often have but poor information about the industry and its jobs, conveying objective information about the excellent and diverse working opportunities is crucial if the sector is to compete successfully for qualified young professionals.
D’après les pronostics démographiques, la population active va connaître en Allemagne une forte diminution. Ainsi, pour l’agriculture, se pose la question de savoir comment garantir un approvisionnement suffisant avec une main d’œuvre qualifiée. Dans ce contexte, des étudiants et élèves d’écoles supérieures, des employés agricoles et non-agricoles et des entreprises agricoles ont été interrogés sur leurs préférences et leurs perceptions.
Les résultats révèlent premièrement que les personnes extérieures jugent les activités agricoles de façon trop négative par rapport aux perceptions des employés agricoles et surestiment par exemple les contraintes de temps liées à un emploi agricole.
Deuxièmement, les employés du secteur agricole voient de gros avantages non économiques attachés à leur profession et sont nettement plus satisfaits de leur activité que les employés hors agriculture.
Troisièmement, il existe des possibilités efficaces et moins efficaces permettant d’augmenter l’attractivité des activités agricoles en "rajoutant quelques euros". Une augmentation de salaire suscite une propension quasi proportionnellement accrue à rallonger le temps de travail annuel en rallongeant le temps de travail hebdomadaire. Une augmentation de salaire suscite une propension nettement proportionnellement inverse à rallonger le temps de travail annuel en réduisant le nombre de jours de vacances. Une information effective sur les chances et les conditions de travail dans l’agriculture est d’une importance centrale puisque les jeunes, et ainsi les jeunes recrues potentielles, ne connaissent pas suffisamment les perspectives qu’offrent les formations agricoles sur le marché du travail et le large éventail des secteurs d’activité possibles.
Prof. Dr. OLIVER MUSSHOFF, ANDRÉ TEGTMEIER, Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Agrarwissenschaften, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen
oliver.musshoff@agr.uni-goettingen.de
Prof. Dr. NORBERT HIRSCHAUER, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Naturwissenschaftliche Fakultät III, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Ludwig-Wucherer-Straße 2, 06108 Halle (Saale)