Von FRIEDHELM TAUBE, JOHAN SCHÜTTE UND CHRISTOF KLUß, Kiel
Die Düngeverordnung (DüV; 9) in Deutschland dient zweierlei Zielen: Zum einen regelt sie die Düngung nach guter fachlicher Praxis (§ 1 der Düngeverordnung) im Sinne der sachgerechten Anwendung aller Düngemittel. Dies gilt für alle Nährstoffe, ist jedoch lediglich für N und P explizit konkretisiert. Zum anderen dient die DüV der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben im Rahmen der EU-Nitratrichtlinie (11) und der EU-Wasserrahmenrichtlinie (12) und ist somit wesentlicher Teil des Aktionsprogramms Deutschland zur Umsetzung dieser Richtlinien. Die Nitratrichtlinie zielt darauf ab, die Wasserqualität zu schützen, indem die Grund- und Oberflächengewässer vor Nitrat-Verunreinigungen aus landwirtschaftlichen Quellen bewahrt und gute landwirtschaftliche Praktiken in der Landwirtschaft gefördert werden.
Das Aktionsprogramm für Deutschland zur Erfüllung der Ziele der Nitratrichtlinie umfasst die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche (LF), basiert auf einem flächendeckenden Nitratmessnetz und hat eine Gültigkeit von jeweils vier Jahren. In diesem 4-Jahreszyklus ist eine Berichtspflicht der Mitgliedstaaten der EU an die EU-Kommission verpflichtend. Die EU-Kommission prüft die nationalen Vorschläge zur Umsetzung der Nitratrichtlinie und notifiziert dieselben, wenn überzeugend hinterlegt worden ist, dass die nationalen Maßnahmen mit der Zielerreichung im Einklang stehen. Der aktuelle Berichtszeitraum betrifft die Jahre 2009 bis 2013. Daraus resultiert, dass Deutschland gegenüber der EU-Kommission einen Vorschlag für die Weiterführung der DüV ab 2014 unterbreiten muss, der von der EU-Kommission akzeptiert wird. Die Berichtspflicht gegenüber der EU Kommission bezieht sich ausschließlich auf Vorgaben bezüglich des Nährstoffs Stickstoff.
Überschüsse an reaktiven N-Verbindungen aus der landwirtschaftlichen Produktion belasten die Umwelt auf mehrfache Weise. Neben der Belastung der Gewässer mit Nitrat sind negative Klima-Effekte in Form von Lachgas- und Ammoniakemissionen zu nennen. Letztere unterliegen der europäischen EU-NEC-Richtlinie (10), die für Deutschland Zielwerte von maximal 550.000 Tonnen pro Jahr ausweist. Dieser Zielwert wurde 2010 erstmals nahezu erreicht, aber im Jahr 2011 wieder deutlich überschritten (27). Reaktive N-Verbindungen gefährden darüber hinaus über Immissionen die nationalen Ziele der Strategie zur biologischen Vielfalt (5) sowie die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie Deutschland (6).
Über die Regeln der guten fachlichen Praxis der Düngung soll darüber hinaus im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie Deutschland der Zielwert der nationalen N-Salden von maximal +80 kg N pro Hektar bis zum Jahr 2010 erreicht werden. Dieser Zielwert wurde bisher nicht erreicht, sondern weist für 2011 mit einem Wert von +96 kg N pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche einen kurzfristig steigenden Trend aus, nachdem im Jahr 2010 erstmals ein Wert von unter +90 kg N/ha erzielt wurde (26). Damit ist zu konstatieren, dass jenseits der direkten Ziele der Nitratrichtlinie die oben angeführten weiterführenden Ziele bisher in Deutschland nicht in gewünschtem Maße erreicht wurden.
Im September 2012 publizierten das BMELV und das BMU den Nitratbericht Deutschland 2012 (27). Der Nitratbericht differenziert die Gewässerbelastung nach verschiedenen Kategorien. Während die Situation der Fließgewässer und Seen einen insgesamt guten bis befriedigenden Status ausweisen, stellt sich die Bewertung der Küstengewässer- und Grundwassermessstellen deutlich abweichend dar. So steigen die Nitratbelastungen in den Küstengewässern der Nordsee seit dem letzten Berichtszeitraum deutlich und alle 28 bewerteten deutschen Übergangs- und Küstengewässerkörper der Nordsee verfehlen 2008 aufgrund von Eutrophierungseffekten den guten ökologischen Zustand nach EU-Wasserrahmenrichtlinie (12).
Die Nitratbelastung des Grundwassers sinkt zwar im Durchschnitt der ausgewerteten landesweiten Messstellen im Vergleich zum letzten Berichtszeitraum geringfügig, zeigt jedoch für das sogenannte Belastungsmessnetz (langjähriges Messnetz in Regionen intensiver landwirtschaftlicher Bodennutzung) erstmals eine deutliche Differenzierung in unterschiedliche Cluster. Während an etwa 48 Prozent der Messstellen mäßige bis deutliche Abnahmen der Nitratkonzentrationen zu konstatieren sind, steigen bei 40 Prozent der Messstellen diese Werte mäßig bis deutlich an. Tendenziell können die Abnahmen eher Ackerbauregionen zugeordnet werden, während Zunahmen eher in Veredlungs-/Biogas- und Futterbauregionen sowie Regionen mit intensivem Sonderkulturanbau zu beobachten sind. Es wird konstatiert, dass "der Einfluss der Landwirtschaft den mit Abstand bedeutendsten Eintragspfad für die hohen Nitratkonzentrationen im oberflächennahen Grundwasser darstellt".
Der Nitratbericht deutet die Ergebnisse abschließend dahingehend, dass die Daten "auf die Wirksamkeit der Maßnahmen des Aktionsprogramms hinweisen".
Dies ist eine Lesart, die auf Basis einer differenzierten Analyse der Daten des Nitratberichts bzw. auf Basis vorliegender Daten zur Entwicklung regionaler N-Salden in Tierhaltungs- und Biogasregionen (11) durchaus zu hinterfragen ist.
Zur Vorbereitung der Novellierung der DüV hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) im Auftrag des BMELV unter Federführung des Thünen-Instituts in Braunschweig die bestehende Düngeverordnung evaluiert und Optionen zu deren Weiterentwicklung in einem Abschlussbericht im November 2012 publiziert (3).
Diese Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass die aktuell bestehende DüV in verschiedenen Punkten nicht der Zielsetzung entspricht, und unterbreitet "Änderungsoptionen", die eine Verbesserung der Situation im Hinblick auf die Gewässergüte basierend auf dem Nitratbericht 2012 gewährleisten sollen.
Die zentralen Vorschläge lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die BLAG konstatiert, dass das derzeitige Bilanzierungsverfahren der Feld-Stall-Bilanz insbesondere in Futterbaubetrieben erhebliche Schwächen aufweist, da die Ertragsermittlung auf den meisten Betrieben nicht seriös durchführbar ist. In der Konsequenz führt dies häufig zu einer Überschätzung der Erträge und damit der N- und P-Entzüge und mithin zu einer Unterschätzung der Nährstoffüberschüsse. Die BLAG schlägt deshalb optional entweder die Wiedereinführung der Hoftorbilanz oder als Alternativoption eine um die "Grundfutteraufnahme plausibilisierte Flächenbilanz" vor, um die geringe Aussagefähigkeit der bisherigen Flächenbilanzen zu verbessern. Der maximal tolerierbare N-Saldo soll weiterhin +60 kg pro Hektar betragen, die Koeffizienten für die Berechnung des N-Saldos werden angepasst. Eine Begrenzung des Mineraldüngereinsatzes wie in Dänemark oder in den Niederlanden wird abgelehnt. Die maximal erlaubten Phosphatsalden werden dahingehend modifiziert, dass in der Bodenversorgungsstufe "C" ein maximaler Saldo von +20 kg pro Hektar erlaubt sein wird, während für Flächen, die die durchschnittlichen Versorgungsstufe "D" oder "E" aufweisen, ein ausgeglichener Saldo zu dokumentieren ist.
Die Sperrfristen für die Gülleapplikation werden ausgedehnt. So werden Gülleapplikationen auf Ackerland nach der Ernte der Hauptfrucht im Spätsommer/Herbst nur noch zu den Kulturen Raps (bis 30.9.), etablierten Zwischenfrüchten (bis 15.9.) und etablierten Feldgrasbeständen (bis 1.10.) erlaubt sein. De facto bedeutet dies für den Großteil der Milchvieh-/Futterbaubetriebe die Notwendigkeit, Güllelagerkapazitäten in der Größenordnung von bis zu neun Monaten (statt bisher sechs Monaten) vorzuhalten, insbesondere für solche Betriebe, die relativ wenig Grünland und viel Ackerland (Mais) aufweisen (die Sperrfristen für Grünland bleiben unberührt). Die Verlustkoeffizienten bei Weidehaltung werden auf das Niveau von Gülle verringert. Eine zentrale Veränderung betrifft insbesondere die spezialisierten Milchvieh-/Futterbau-/Biogasbetriebe, da Gärreste aus der Biogaserzeugung sowie Komposte und Klärschlämme künftig wie organische Dünger zu behandeln sind. Bei Neubauten von Gülle-/Gärrestlagerkapazitäten sind die oben angeführten notwendigen Lagerkapazitäten zu berücksichtigen. Für die Optimierung der Gülleapplikationstechnik (Injektion, Schleppschuh, Schleppschlauch) werden Übergangsfristen bis zum Jahr 2020 (Acker) und 2025 (Grünland) vorgeschlagen.
Da die Gesamtheit der BLAG-Vorschläge zur Novellierung der DüV in ihren regionalen Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe aufgrund begrenzter Datenverfügbarkeit (zum Beispiel flächendeckende Nährstoffvergleiche für N und P) nur schwer zu quantifizieren ist, sollen die Effekte beispielhaft anhand der Applikationsobergrenzen für Stickstoff aus organischen Düngemitteln dokumentiert werden, wohl wissend, dass insbesondere in Tierhaltungsregionen auch Phosphatüberschüsse eine limitierende Wirkung hinsichtlich der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern entfalten können (3).
Wie ausgeführt, sehen die Vorschläge der BLAG vor, zusätzlich zu den organischen Düngern tierischer Herkunft auch solche pflanzlicher Herkunft zu berücksichtigen. Letzteres betrifft insbesondere die Gärreste pflanzlichen Ursprungs aus der Biogaserzeugung, aber auch Klärschlämme. Die gesetzliche Obergrenze der Applikation organischer Dünger auf Ackerland und Grünland entspricht einem Äquivalent von 170 kg N pro Hektar. Auf Grünland können die Betriebe auf entsprechenden Antrag hin die sogenannte Derogationsregelung in Anspruch nehmen, die bedeutet, dass bei hoher Nutzungsfrequenz des Grünlands sowie entsprechender Düngeplanung, Applikationstechnik und Aufzeichnung bis zu 230 kg N pro Hektar an organischen Düngern ausgebracht werden können. Diese Regelung wird jedoch bisher in Deutschland nur von einer kleinen Minderheit der Betriebe in Anspruch genommen (3) und wird daher in den folgenden Kalkulationen zunächst nicht berücksichtigt. In einem speziellen Szenario kalkulieren wir jedoch später in dieser Abhandlung diesen Effekt.
Die Kalkulation der regionalen Auswirkungen der zusätzlichen Berücksichtigung von Gärresten und Klärschlämmen in der DüV ist deshalb vergleichsweise verlässlich möglich, weil
In Schleswig-Holstein werden von etwa 986.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche im Jahr 2010 rund 90.000 Hektar Silomais zur Erzeugung von Biogas angebaut (2; 31) und nach Schätzungen des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (MELUR) noch einmal zusätzliche Flächen-Äquivalente in der Größenordnung von ungefähr 20.000 Hektar Silomais aus Dänemark importiert, ohne dass eine nennenswerte Rückführung der Gärreste nach Dänemark erfolgen würde. Zusätzlich sind 38.600 Tonnen Trockenmasse aus Klärschlämmen zu berücksichtigen (32).
Auf Basis der BLAG–Vorschläge bedeutet dies, dass diese Flächen in die 170 kg N pro Hektar Gülleregelung neu einbezogen werden, mithin auf solchen Milchvieh-Biogasbetrieben, die derzeit bereits nah an der 170 kg N pro Hektar-Grenze liegen, weniger Fläche für die Gülle- und Gärrestapplikation zur Verfügung steht. Bezüglich der effektiven Flächenverfügbarkeit der landwirtschaftlichen Nutzfläche zur Ausbringung organischer Dünger in Höhe von maximal 170 kg N pro Hektar ist zudem zu berücksichtigen, dass von der Gesamt-LN von rund 986.000 Hektar die Flächen abzuziehen sind, die aufgrund von Vertragsnaturschutzprogrammen (23.700 Hektar) komplett von der organischen Düngung ausgeschlossen sind (etwa 15.800 Hektar) und aufgrund ökologischer Anbauverfahren (Gesamtumfang 32.400 Hektar) nur anteilig (etwa 10.800 Hektar) zur Ausbringung dieser N-Mengen zur Verfügung stehen. Daraus resultiert die maximale effektive LN für die Applikation organischer Dünger in Höhe von rund 948.600 Hektar. Auf Basis dieser Rahmenbedingungen wurde in der Abteilung Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau der Universität Kiel der Effekt der BLAG-Vorschläge zur Novellierung der DüV auf Landes- und Landkreisebene in Schleswig-Holstein untersucht.
Tabelle 1: Jährlicher N-Anfall an organischen Düngern in Tonnen differenziert nach Tierarten, Gärresten (ohne Gülle) und Klärschlamm in Schleswig-Holstein
Quelle: (1; 9; 30; 31), eigene Darstellung
Tabelle 2: N-Anfall in kg pro Hektar in Schleswig-Holstein mit und ohne Berücksichtigung der Gärrest- und Klärschlamm-N-Mengen bezogen auf die gesamte effektive Landwirtschaftliche Nutzfläche und auf die Hauptfutterfläche nach DüV
Quelle: (9); eigene Darstellung
Den in den Tabelle 1 und 2 sowie Abbildung 1 aufgeführten Daten liegen folgende Berechnungen zugrunde: Es wird die Stickstoffmenge betrachtet, die in den Landkreisen Schleswig-Holsteins aus Wirtschaftsdüngern auf den effektiv zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Flächen für die organische Düngung anfällt. Die Städte werden hierbei nicht berücksichtigt. Zur Futterfläche wurden die Flächen des Dauergrünlandes und der Pflanzen zur Grünernte gezählt.
Abbildung 1: N-Anfall organischer Dünger nach aktueller DüV (links) sowie nach Vorschlägen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) zur Novellierung der DüV (rechts)
Quelle: (3; 9); eigene Darstellung
Die Kalkulation der anrechenbaren N-Ausscheidungen der Tierhaltung (N-Ausscheidungen abzüglich Stall- und Lagerverluste) erfolgte auf zweierlei Wegen, um die Sensitivität der Ergebnisse in Abhängigkeit von der Datenbasis zu verdeutlichen. Es werden sowohl die anrechenbaren N-Ausscheidungen für die jeweiligen Tierarten und Altersgruppen nach der Anlage 5 der DüV kalkuliert (9), als auch die Kalkulationsdaten des KTBL herangezogen, die auf Großvieheinheiten basieren. Die Anwendung zweier verschiedener Kalkulationsansätze ist weiterhin damit zu begründen, dass einige Standard-N-Ausscheidungen in der Anlage 5 der DüV bei der Nutztierhaltung vergleichsweise niedrig angesetzt erscheinen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche der weiblichen und männlichen Nachzucht und Mast in der Rinderhaltung. Verschiedene Autoren (7; 29) kalkulieren in diesen Kategorien mit deutlich höheren Werten ebenso wie dies auch beim KTBL-Schlüssel (21) der Fall ist.
Im KTBL-Modell wurden die Tierzahlen vom Statistikamt Nord (30) mittels des GVE-Schlüssels des KTBL (21) in Großvieheinheiten umgerechnet. Je Rinder GVE wurde ein N-Anfall je Jahr von 100 kg angesetzt, wovon 85 Prozent anzurechnen sind (15 Prozent Stall- und Lagerverluste), was einem N-Anfall von 85 kg N pro Jahr je GVE entspricht. Schleswig-Holstein-weit fallen somit nach KTBL über 75.000 Tonnen Stickstoff aus Rindergülle an Analog wurde je Schweine-GVE ein jährlicher N-Anfall von 34 kg N angesetzt, wovon 70 Prozent angerechnet wurden. Dies entspricht einem anzurechnenden N-Anfall von 24 kg N pro Jahr je Schweine-GVE. Es ergibt sich somit nach KTBL für Schleswig-Holstein ein N-Anfall von über 14.000 Tonnen aus Schweinegülle. Die Anzahl der GVE multipliziert mit dem N-Anfall je GVE ergibt den gesamten aus der Rinder- und Schweinehaltung resultierenden N-Anfall auf Landkreisebene. Zusätzlich wurden die Daten für Schafe, Hühner und Pferde analog kalkuliert.
Nach den Vorschlägen der BLAG zur Novellierung der Düngeverordnung müssen auch die Gärreste als Wirtschaftsdünger mit angerechnet werden. Da der Stickstoff aus der Gülle schon vollständig bei den GVE angerechnet wurde, muss bei der Berechnung des zusätzlichen N-Anfalls aus Gärresten der Gülle–N–Anteil abgezogen werden. Der zusätzliche N-Anfall ergibt sich folglich aus den Stickstoffgehalten der eingesetzten Substrate (außer Gülle). Der Stickstoff verbleibt bei der Vergärung bis auf vernachlässigbare Ammoniak-Verluste in den Substraten, daher wurde konservativ geschätzt ein Verlustkoeffizient von fünf Prozent für die Lagerung von Gärresten angesetzt. Die durchschnittliche Ration der Biogasanlagen besteht aus 43 Prozent Gülle, 49 Prozent nachwachsenden Rohstoffen, sieben Prozent Bioabfall und ein Prozent industriellen und landwirtschaftlichen Reststoffen (13). Die Biogasausbeuten der verschiedenen Substrate wurden entsprechend der Angaben des KTBL kalkuliert (21). Als nachwachsende Rohstoffe werden in Schleswig Holstein etwa 95 Prozent Mais, 3,1 Prozent Getreide-Ganzpflanzensilage und 1,9 Prozent Grassilage eingesetzt (17; 26). Daraus ergibt sich eine für Schleswig-Holstein repräsentative Biogasration (Tabelle 3).
Tabelle 3: Kalkulationsdaten zum N-Anfall aus Gärresten ohne Gülle
Quelle: (9; 13; 17; 25; 26); eigene Darstellung
Die Multiplikation der Masseanteile mit den jeweiligen N-Gehalten je Tonne Frischmasse ergibt den N-Anfall aus den einzelnen Substraten, die für ein Megawatt installierte elektrische Leistung bei 8.000 Volllaststunden eingesetzt werden müssen. Je Megawatt installierter elektrischer Leistung fallen bei der angenommenen Ration folglich 78 Tonnen Stickstoff (exklusive der Gülleanteile) an, unter Berücksichtigung der Lagerungsverluste von fünf Prozent sind 74 Tonnen Stickstoff anrechenbar. Wird dieser Wert mit der installierten Leistung multipliziert, ergibt sich der N-Anfall aus den Gärresten ohne Gülle für die einzelnen Landkreise. Insgesamt fallen in Schleswig-Holstein somit über 22.500 Tonnen Stickstoff aus Gärresten an (Tabelle 1). Die Daten zu der aus Biogasanlagen installierten elektrischen Leistung in Megawatt auf Landkreisebene stammen vom MELUR (25).
Klärschlämme werden in einem Umfang von etwa 38.600 Tonnen eingesetzt (32), die N-Gehalte werden mit 45 kg N pro Tonne Trockenmasse angesetzt (19). Daraus ergeben sich anzurechnende N-Mengen aus Klärschlamm von über 1.700 Tonnen für Schleswig-Holstein.
Aus Tabelle 1 wird ersichtlich, dass der Großteil des Stickstoffes aus Wirtschaftsdüngern, trotz des massiven Zubaus von Biogasanlagen in den vergangenen Jahren, aus der Rinderhaltung stammt. Durch die BLAG-Vorschläge im Rahmen der Novellierung der Düngeverordnung Gärreste und Klärschlämme als Wirtschaftsdünger anzurechnen, erhöht sich das Aufkommen an anzurechnendem Stickstoff um etwa 30 Prozent.
Auf Basis dieser Kalkulationen ergibt sich nach DüV-Kalkulationsdaten der Tierhaltung ein anzurechnender N-Anfall aus organischen Düngern von durchschnittlich 110 kg je Hektar effektiver landwirtschaftlicher Nutzfläche in Schleswig-Holstein (Tabelle 2). Werden diese Kalkulationen auf die Landkreisebene herunter gebrochen, so zeigt die Abbildung 1 den Effekt der Berücksichtigung der Gärreste und Klärschlamm insbesondere für die Kreise Nordfriesland (NF) und Schleswig-Flensburg (SL-FL) mit Zunahmen von 38 oder 44 kg N pro Hektar, insbesondere der Kreis SL-FL nähert sich damit der Grenze von 170 kg N pro Hektar (ungefähr 154 kg N pro Hektar). Wird die Rechnung auf Basis der KTBL-Datenkalkulation durchgeführt, steigt der N-Anfall im Vergleich zur Datengrundlage DüV erheblich und überschreitet in drei Landkreisen (NF, SL-FL und Steinburg) den Hektarwert von 150 kg N (Abbildung 2).
Abbildung 2: Anzurechnender N-Anfall aus organischen Düngern nach verschiedenen Kalkulationsgrundlagen (links nach KTBL; rechts nach DüV, Anlage 5, auf Basis der Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) zur Novellierung der DüV
Quelle: (3; 9; 21); eigene Darstellung
Wird realistischerweise unterstellt, dass nicht jeder effektiv verfügbare Hektar LN in einem Landkreis für Gülleapplikationen zur Verfügung steht, zumindest nicht in der Größenordnung von 170 kg N pro Hektar, ist festzustellen, dass in den oben genannten drei Landkreisen Gülleexporte in andere Landkreise notwendig werden. Wird zusätzlich unterstellt, dass ein hoher Spezialisierungsgrad der Milchvieh-/Futterbaubetriebe gegeben ist und somit auf diesen Betrieben kaum Marktfruchtflächen zur Gülleapplikation zur Verfügung stehen, werden auf einzelbetrieblicher Ebene die in Spalte 5 und 6 der Tabelle 2 aufgeführten anzurechnenden organischen N-Dünger je Hektar Hauptfutterfläche relevant. Auf Basis dieser Kalkulationsgrundlage liegt der organische N-Anfall der spezialisierten Milchviehbetriebe in allen Landkreisen deutlich oberhalb der 170 kg N pro Hektar. Besonders deutlich wird am Vergleich der Spalten 5 und 6 zum Beispiel für den Landkreis SL-FL der zusätzliche Effekt der Gärreste, der sich mit zusätzlich über 62 kg N pro Hektar Hauptfutterfläche niederschlägt. In der Konsequenz bedeutet dies, dass spezialisierte Milchvieh-/Biogasbetriebe in erheblichem Umfang Gülleexporte von den Betrieben vornehmen müssen, um die zu erwartenden Vorgaben einer novellierten DüV erfüllen zu können. Erschwerend dürfte hinzukommen, dass aufgrund der räumlichen Clusterbildung der Milch- und Biogasproduktion (Geeststandorte) der Gülletransport aus den Milchviehregionen heraus führen muss, also relativ große Transportentfernungen relevant werden dürften, um die Gülle- und Gärrestmengen in Ackerbauregionen zu transferieren. Dies ist ein Kostenfaktor, der für die Milchviehbetriebe ebenso evident wird wie die zusätzlichen Investitionskosten für Gülle-/Gärrestlagerraum, da die aus pflanzenbaulicher wie wasserwirtschaftlicher Sicht sinnvolle Ausdehnung der Applikationssperrfristen kompensiert werden muss.
Die obigen Ausführen haben gezeigt, dass in mehreren Landkreisen Schleswig-Holsteins selbst bei einer unterstellten maximalen Applikation von Gülle und Gärresten von 170 kg N pro Hektar auf jedem effektiv verfügbaren Hektar LN des Kreises die anfallenden organischen N-Mengen eine Größenordnung je nach Berechnungsmodell (DüV; KTBL) zwischen 154 und 170 kg N pro Hektar erreichen und somit nah an der maximalen Kapazität liegen. Wie oben ausgeführt, ist die Flächenverfügbarkeit zur Gülleapplikation in diesem Maße jedoch nicht gegeben. Wir haben daher für unterschiedliche Flächenverfügbarkeiten zur Gülleapplikation die daraus resultierenden notwendigen Gülleexporte aus den jeweiligen Kreisen kalkuliert und deren ökonomische und ökologische Kosten (Treibhausgasemissionen für Transport) abgeschätzt.
Für diese Modellrechnungen wurden fünf Szenarien unterstellt: Die Szenarien 1 bis 4 unterstellen, dass 100, 90, 80 oder 70 Prozent der LN zur Applikation von 170 kg N pro Hektar aus organischen Düngern zur Verfügung stehen. Nach verschiedenen derzeit nicht verifizierbaren Angaben aus der landwirtschaftlichen Beratung dürfte aktuell das Szenario 3 (80 Prozent) als vergleichsweise realistisch einzuschätzen sein. Im Szenario 5 wird schließlich der Effekt einer intensiven Akzeptanz der Derogationsregelung (vorbehaltlich der Verlängerung derselben in einer novellierten DüV) simuliert, indem angenommen wird, dass 80 Prozent der effektiv verfügbaren LN als verfügbare Applikationsflächen für organische Dünger genutzt werden und zusätzlich unterstellt wird, dass auf 50 Prozent der Grünlandflächen eines jeden Landkreises von der Derogationsregelung (230 kg N pro Hektar aus organischen Düngern) Gebrauch gemacht wird.
Zur Ermittlung des Transportaufwandes wurden für die fünf Szenarien folgende Annahmen getroffen:
Für die anteilige Rückrechnung der N-Anfälle auf die Transportmengen werden N-Gehalte von 3,8, 5,3 und 4,5 kg pro Tonne Frischmasse (Rinder-, Schweinegülle und Gärreste ohne Gülle) und 45 kg pro Tonne Trockenmasse für Klärschlamm angenommen (1; 19).
Die berechneten N-Anfälle aus der Tierhaltung sowie aus Gärresten der Landkreise Schleswig-Holsteins wurden auf die gesamten landwirtschaftlichen Nutzflächen verteilt. Unter Berücksichtigung der Grenze für die Ausbringung von organischen Düngemitteln von 170 kg pro Hektar ergeben sich für die einzelnen Landkreise entweder Aufnahmekapazitäten (positive Werte) oder aus dem Kreis heraus zu transportierende Überschüsse (negative Werte). Die Überschüsse/Aufnahmekapazitäten der einzelnen Landkreise berechnen sich hierbei aus dem Produkt der für organische Düngung zur Verfügung stehenden LN mit der Differenz der durchschnittlich je Hektar anfallenden N-Menge und den erlaubten 170 kg N pro Hektar (zum Beispiel Schleswig-Flensburg: 142.543 ha LN ∙ 80 Prozent LN-Nutzung ∙ (192 kg N/ha – 170 kg N/ha) = 2.508 Tonnen N-Überschuss).
Um die zu transportierende Menge zu bestimmen, wurde zunächst für den N-Anfall aus der Tierhaltung sowie aus Gärresten jeweils ein Transportäquivalent errechnet (zum Beispiel bei einem Rindergülle N-Gehalt von 3,8 kg N pro Tonne werden 263 Tonnen Gülle transportiert, um eine Tonne Stickstoff zu bewegen). Im nächsten Schritt wurden die relativen Anteile des Stickstoffs aus Tierhaltung sowie Gärresten und Klärschlamm am insgesamt anfallenden Stickstoff je Landkreis ermittelt. Mit diesen Werten wurden die Transportäquivalente gewichtet und anschließend mit den Überschüssen/Aufnahmekapazitäten multipliziert. Das Ergebnis hieraus ist die Transport- oder Aufnahmemenge für Wirtschaftsdünger in Tonnen für die einzelnen Landkreise.
In einem weiteren Schritt wurde der Transportaufwand berechnet. Hierzu wurden die Wegstrecken zwischen den Kreissitzen nach der Entfernung sortiert und die Überschüsse auf möglichst kurzem Wege in die kapazitativen Landkreise verteilt, bis alle Überschüsse ausgeglichen waren. Um eine durchschnittliche Transportentfernung zu ermitteln, wurden die Transportstrecken zwischen den Kreissitzen nach dem relativen Anteil des zu transportierenden Wirtschaftsdüngers gewichtet. Durch Multiplikation der durchschnittlichen Transportentfernung mit den zu transportierenden Mengen und den Transportkosten in Euro je Tonnenkilometer ergeben sich die nach dieser Modellrechnung zu erwartenden Transportkosten und Transportkilometer sowie die resultierenden CO2-Äquivalte für den Transport auf Basis der DüV und KTBL Kalkulationsdaten (9; 21; 30; 31).
Die Szenarien 1 bis 4 unterstellen, dass 100, 90, 80 oder 70 Prozent der effektiven LN zur Applikation von 170 kg N pro Hektar aus organischen Düngern zur Verfügung stehen.
Tabelle 4: Anzurechnender N-Anfall organischer Dünger in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden effektiven Landwirtschaftliche Nutzfläche (100 bis 70 Prozent) – Szenario 1 bis 4 mit Gülle-/Gärrest-N Kalkulation nach DüV, Anlage 5
Quelle: (9); eigene Darstellung
Tabelle 5: Anzurechnender N-Anfall organischer Dünger in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden effektiven Landwirtschaftliche Nutzfläche (100 bis 70 Prozent) – Szenario 1 bis 4 mit Gülle-/Gärrest-N Kalkulation über Großvieheinheiten (GVE) nach KTBL
Quelle: (21); eigene Darstellung
Die Zahlen der Tabellen 4 und 5 machen zwei Dinge sehr deutlich: Zum einen den deutlichen Effekt der Berechnungsgrundlage der N-Ausscheidungen in der Tierhaltung nach DüV und KTBL. Im Sinne einer verlässlichen Datengrundlage ist anzuregen, dass zukünftig ein verbindlicher einheitlicher Schlüssel genutzt wird. Zum anderen zeigen die absoluten Zahlen der zu transportierenden Mengen an organischen Düngern über Landkreisgrenzen hinweg, dass beim konservativen Ansatz nach DüV bereits ab dem Szenario 2 (90 Prozent der effektiven LN für maximale organische Düngung verfügbar) Transporte über Kreisgrenzen hinweg einsetzen müssen. In einem derzeit realistischen Szenario 3 (80 Prozent der effektiven LN für Gülleapplikationen in Höhe von 170 kg N pro Hektar verfügbar) sind die Transportmengen bereits erheblich. Etwa eine Million Tonnen sind dort zu transportieren und lösen damit Transportkosten von etwa fünf Millionen Euro und über 1,5 Millionen LKW-Transportkilometer aus, die Treibhausgasemissionen in der Größenordnung von 2.600 Tonnen CO2-Äquivalente induzieren. Selbst bei Nutzung der Derogationsregelung auf Grünland (Szenario 5, Tabelle 6) sind bei diesen Ausgangsbedingungen Transporte in geringem Umfang notwendig. Im ungünstigen Szenario 4 (70 Prozent effektive LN verfügbar) steigen diese Werte im Vergleich zum Szenario 3 (80 Prozent) etwa um den Faktor drei an.
größere Darstellung
Tabelle 6: Simulation des anzurechnenden organischen N-Anfalls bei Nutzung der Derogationsregelung, mit der Annahme, dass 80 Prozent der effektiv verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche als verfügbare Applikationsflächen für organische Dünger genutzt werden und auf 50 Prozent der Grünlandflächen eines jeden Landkreises von der Derogationsregelung (230 kg N pro Hektar aus organischen Düngern) Gebrauch gemacht wird
Quelle: (9; 21); eigene Darstellung
Das Szenario 3 (80 Prozent) erscheint regional auch deshalb als konservativ realistisch, weil es in der Konsequenz bedeutet, dass rund 50 Prozent aller Marktfruchtflächen (Getreide; Raps) mit organischen Düngern in Höhe von 170 kg N pro Hektar versorgt werden. Dies dürfte zurzeit kaum der Fall sein und mit den zu erwartenden Änderungen im Rahmen der Novellierung der DüV bezüglich der Einschränkung der Applikationszeiträume für organische Düngung (keine organische Düngung auf Ackerland nach Ernte der Hauptfrucht) stehen weitere Einschränkungen an, da ein erheblicher Teil dieser Flächen aufgrund der guten Befahrbarkeit der Böden bisher nach der Ernte mit organischen Düngern versorgt wurde. In Landkreisen wie NF (Marschböden) dürfte die eingeschränkte Befahrbarkeit der Böden mit hohen Lasten im Frühjahr die Gülleapplikation auf Ackerland eher zusätzlich einschränken. Ähnliche Verhältnisse sind im Kreis SL-FL gegeben, der sich zudem durch einen hohen Spezialisierungsgrad der Betriebe auszeichnet (Futterbaubetriebe im Landschaftsraum Geest; Marktfruchtbetriebe im Landschaftsraum Hügelland).
Die obigen Ausführungen verdeutlichen, dass Optimierungsstrategien notwendig sind, um die Problematik der Nährstoffüberschüsse an organischen N-Düngern regional zu reduzieren. Aufgrund der geringen Transportwürdigkeit von Rohgüllen oder Gärresten kompensieren bereits Transportentfernungen jenseits von etwa 10 bis 20 Kilometer in der Regel den Düngewert der organischen Dünger. Die durchgeführten Kalkulationen, die durchweg nur Transportentfernungen deutlich jenseits dieser Distanzen berücksichtigen, weisen diese Transporte (Straßentransport per LKW) sowohl ökonomisch als auch ökologisch als fragwürdig aus.
Mittelfristig ist somit die derzeit weiter fortschreitende regionale Konzentration der Tierhaltung/Biogaserzeugung in Frage zu stellen. Dies umso mehr, als die Nährstoffüberschüsse aus dem Futterbau und der Tierhaltung/Biogaserzeugung mit entsprechenden Defiziten an organischen Düngern in Ackerbauregionen korrespondieren, die durch Mineraldüngerzukauf kompensiert werden müssen und damit die nationalen Nährstoffsalden zusätzlich belasten. Die mittelfristige Anpassungsstrategie sollte daher, unabhängig vom Gesamtumfang der Tierhaltung in Deutschland, darauf abzielen, Tierhaltungsanlagen präferenziell in Ackerbauregionen anzusiedeln und parallel auch die positiven Allokationseffekte intensiver Tierhaltung (zum Beispiel Infrastruktur oder Beratung) in der Fläche auszudehnen. Damit ist die Notwendigkeit gekoppelt, die Akzeptanzproblematik gegenüber Tierhaltungsanlagen und dem Einsatz organischer Dünger in Ackerbauregionen sowohl innerhalb als auch außerhalb des agrarischen Sektors zu lösen. Mit einem solchen Ansatz wären weitere positive Koppeleffekte verbunden wie eine Erweiterung von engen Fruchtfolgen um Futterpflanzen in Marktfruchtregion und damit eine Reduktion von zunehmenden Problemen im Pflanzenschutz (zum Beispiel Resistenzen von Acker-Ungräsern gegen Herbizide im Getreideanbau).
Kurzfristig sind bei den gegebenen Strukturen in den Tierhaltungsregionen vornehmlich technische Optimierungen zu prüfen. Neben der weiteren Optimierung in den Futterrationen (Reduktion N/P) dürfte der technischen Gülle- und Gärrestaufbereitung eine besondere Bedeutung zukommen. Mit dem derzeitigen technischen Stand der Gülle-/Gärrestseparierung können etwa 25 Prozent des Stickstoffs und des Phosphats aus der Rohgülle extrahiert und in die feste Phase überführt werden. Wird die feste Phase zudem einem Trocknungsprozess unterworfen, ist eine deutlich höhere Transportwürdigkeit gegeben. Neben der Steigerung der technischen Effizienz sind jedoch erhebliche Kostenreduktionen notwendig, um das Verfahren in der Fläche in größerem Umfang einsetzen zu können.
Die oben dargelegten Ausführungen zeigen weiterhin in Verbindung mit den Daten der Nitratbelastung des oberflächennahen Grundwassers, dass insbesondere auf den sandigen Standorten der Geest in Schleswig-Holstein weiterhin deutlicher Optimierungsbedarf bezüglich des Düngemanagements in den Milchvieh-Futterbau- und Biogasbetrieben besteht. Es ist neben der geschilderten Problematik des organischen N-Düngeranfalls davon auszugehen, dass eine novellierte DüV nach den Vorschlägen der BLAG zusätzlichen Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Einhaltung maximaler N-Salden (+60 kg N pro Hektar) verursachen dürfte (18). Gleiches dürfte für hoch intensive Betriebe mit hohen Maisanteilen auch bezüglich der zu erwartenden Änderungen zu den akzeptierten Phosphatsalden (maximal +20 kg Phosphat/ha bei Bodenversorgungsstufe "C") gelten. Die Empfehlungen aus pflanzenbaulicher Sicht gehen diesbezüglich sogar noch deutlich weiter (33). Mit dem offensichtlich derzeit vom BMELV aus rechtlichen Gründen bevorzugten Ansatz der um die "Grundfutteraufnahme plausibilisierten Feld-Stall Bilanz" (statt der Hoftorbilanz) soll sichergestellt werden, dass die von den Betrieben angegebenen Futtererträge der tatsächlich möglichen Grundfutteraufnahme der Tierbestände entsprechen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Betriebe die Stickstoffnutzungseffizienz, aber auch die Phosphatnutzungseffizienz erhöhen müssen, um den Vorgaben zu entsprechen.
Der zentrale Schlüssel für beide Bereiche (N, P) ist das optimierte Güllemanagement in Futterbau- und Biogasregionen insbesondere beim Maisanbau. Mehrjährige Ergebnisse aus Niedersachsen zeigen, dass die Gülle-Unterfußdüngung zu Mais in der Lage ist, den Zukauf von mineralischen Phosphat- und Stickstoffdüngern durch Gülle zu substituieren, zudem die Ammoniakemissionen nachhaltig zu reduzieren und so die Nährstoffverwertungseffizienz deutlich zu steigern. Da Mais auf den sandigen Böden der Geest zu großen Anteilen in Selbstfolge angebaut wird, ist zudem der "kritische Rohproteingehalt" in den Maissilagen als Indikator für die gute fachliche Praxis der Düngung zu nutzen (15). Der "kritische Rohproteingehalt" ist der Proteingehalt in der Pflanze zur Siloreife, der den maximalen Trockenmasse-Ertrag sichert. Dieser Wert beträgt nach eigenen Untersuchungen zwischen 6,6 und 7 Prozent Rohprotein zur Silomaisernte. Liegen die Rohproteinwerte über sieben Prozent, ist von einer Überversorgung der Bestände mit Stickstoff sowie steigenden N-Auswaschungsverlusten auszugehen (16; 34) und es sind Abschläge in der Düngeplanung für das Folgejahr vorzunehmen. Nach Auswertungen der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein sind auf dieser Kalkulationsbasis mehr als 70 Prozent der Maisbestände im Lande mit Stickstoff überversorgt (36). Hier bestehen somit erhebliche Reserven für die Betriebe, die zu nutzen sind. Unsere Untersuchungen zeigen weiterhin, dass alternativ zum Maisanbau in Selbstfolge der Einsatz von Ackerfutterbaufruchtfolgen auf sandigen Böden (zum Beispiel Ackerkleegras/Mais/Triticale) erhebliche Potentiale zur Erhöhung der Nährstoffnutzungseffizienz bei nur geringen Ertragseinbußen aufweist und dies mit reduzierten N-Austrägen über den Pfad Sickerwasser gekoppelt ist (4). Zudem wird damit sichergestellt, dass im Gegensatz zu Mais in Selbstfolge Flächen für die Gülleapplikation im Spätsommer/Herbst zur Verfügung stehen (Ackergras/Kleegras).
Darüber hinaus zeigen unsere Untersuchungen, dass im Sinne des Wasserschutzes die Derogationsregelung (Ausnahmegenehmigung für höhere Gülle-N-Mengen (230 statt 170 kg N pro Hektar) auf Grünland) wesentlich intensiver von den Betrieben genutzt werden könnte (vorbehaltlich der Verlängerung dieser Regelung). Mit 230 kg N pro Hektar organischer N-Düngung auf intensiv genutztem Grünland (drei bis vier Schnitte), bodennah (Schleppschuh) oder Injektion in den Boden zum 1. bis 3. Aufwuchs appliziert, besteht keine Gefahr der Nährstoffausträge über das Sickerwasser (34). Daraus resultiert im Sinne des Wasserschutzes für Betriebe mit Dauergrünland und Maisflächen: so viel Gülle wie möglich auf das Grünland zu applizieren, um mineralischen N-Dünger zu substituieren und so wenig wie unbedingt für die Ertragsbildung notwendig zum Mais zu düngen. Für den Vergleich der Gülle-Applikationstechnik Schleppschlauch/Schleppschuh versus Gülleinjektion auf Grünland scheint einiges für das Gülleinjektionsverfahren zu sprechen, da selbst bei Schleppschlaucheinsatz noch erhebliche Ammoniakemissionen auftreten können (28) und andererseits die Lachgasemissionen nach Gülleinjektion nach neueren Erkenntnissen sehr niedrig sein dürften (36).
Insgesamt bedeutet ein optimiertes Güllemanagement, dass der Zukauf an mineralischen N- und P-Düngern auf den meisten Betrieben deutlich reduziert werden kann und so das Ziel, die N- und Phosphat-Salden rechtskonform zu gestalten, erreichbar ist.
Die Kalkulationen zu den Auswirkungen einer erwarteten Ausgestaltung der novellierten DüV zeigen, dass in den Zentren der Milchvieh- und Biogaserzeugung in Schleswig-Holstein auf der Geest eine Modifikation der Wachstumsstrategien der Betriebe notwendig werden dürfte, wenn nicht sogar die weitere Ausweitung der Milchproduktion in diesen Regionen in Frage zu stellen ist. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sind steigende Kosten für Güllelagerkapazitäten und Gülletransporte zu kalkulieren. Aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive stellt sich mit der Novellierung der DüV noch deutlicher als bisher die Frage nach den Vor- und Nachteilen dieser Allokationseffekte, aber auch die Frage nach der Akzeptanz der zunehmenden Konzentration in der Tierhaltung und den damit verbundenen zusätzlichen Transporten von Gülle und Gärresten über weitere Strecken. Aus Sicht des Gewässerschutzes sind diese Limitierungen notwendig, da insbesondere die sandigen Böden in Norddeutschland die deutlichsten Probleme im Hinblick auf die Erfüllung der EU-Wasserrahmenrichtlinie aufzeigen.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wird die Düngeverordnung (DüV) novellieren. Vorschläge für Veränderungen wurden von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) im Auftrag des BMELV erarbeitet. Diese Vorschläge sehen unter anderem vor, die Kategorie der anzurechnenden organischen Dünger um den Bereich der Gärreste aus Biogasanlagen und Klärschlämme zu erweitern.
Da insbesondere in den norddeutschen Veredlungs- und Milcherzeugungsregionen eine enge räumliche Verknüpfung zwischen der Tierhaltung und der Biogaserzeugung gegeben ist, wurden auf der Datenbasis des Bundeslandes Schleswig-Holstein die zu erwartenden Effekte entsprechend der Vorschläge der BLAG auf den Anfall organischer N-Dünger auf Landes- und Kreisebene kalkuliert.
Die zusätzliche Anrechnung der oben aufgeführten organischen N-Dünger erhöht den landesweiten N-Anfall aus organischen Düngern (N-Ausscheidungen abzüglich Stall- und Lagerverluste) um 25 auf 110 kg N pro Hektar effektiv verfügbarer landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN). Die effektiv verfügbare LN ergibt sich aus der LN abzüglich der Flächen, die zum Beispiel aufgrund von Agrarumweltmaßnahmen nicht für die Applikation organischer Dünger genutzt werden können. Unter Berücksichtigung der maximal zu applizierenden organischen Düngung in Höhe von 170 kg N pro Hektar zeigen die Ergebnisse, dass in einigen Landkreisen mit gleichzeitig intensiver Tierhaltung und Biogaserzeugung die Flächenverfügbarkeit zur Aus-bringung organischer N-Dünger limitiert ist.
Vorausgesetzt, die gesamte effektiv verfügbare LN eines jeden Landkreises stünde für die Applikation von 170 kg N pro Hektar aus organischen Düngern zur Verfügung, würden die Flächen in allen Landkreisen ausreichen, um die Vorgaben einer novellierten DüV zu erfüllen.
Bereits bei einer Einschränkung der effektiven Flächenverfügbarkeit um zehn Prozent sind jedoch Exporte aus einzelnen Landkreisen erforderlich.
Bei einer derzeit angenommenen realistischen Flächenverfügbarkeit von 80 Prozent der effektiven LN für die Applikation organischer Dünger müssen bereits Gülle und Gärreste in einem Umfang von etwa 1.000.000 Tonnen Frischmasse über Kreisgrenzen hinweg exportiert werden, was zu LKW-Transportkosten von mehr als fünf Millionen Euro und transportbedingten zusätzlichen CO2-Emissionen von über 2.600 Tonnen CO2 führen würde. Die daraus resultierenden Anpassungsstrategien werden diskutiert.
The Federal Ministry of Food, Agriculture and Consumer Protection (BMELV) is currently preparing an amendment of the Fertilizer Application Ordinance (DüV). In this context a Federal Government-Länder Working group has offered proposals regarding a better management of organic fertilizers. According to these proposals especially organic nitrogen fertilizers, which have not been accounted for yet, (as digestate (D) from biogas plants and sewage sludge (SS)) should be taken into account in the future.
We calculated the effect of these proposals in terms of figures for cumulative organic nitrogen fertilizers to be taken into account on a regional scale using data from all administration dis-tricts (AD) from the state Schleswig-Holstein. As Schleswig-Holstein does have a strong dairy and biogas industry as well, these data offer representative figures for agricultural regions dominated by animal husbandry and biogas production.
Adding D and SS to slurry and manure increased the total available organic nitrogen sources by 25 kg N/ha up to 110 kg N/ha all over the state’s agricultural land. As the DüV gives a maximum figure of 170 kg N/ha to be applied from organic fertilizers it can be concluded, that enough agricultural land is available in all AD’s, if each field can be fertilizer at the maximum level allowed.
However, if only a reduction of available land for spraying slurry or digestate in a range of 10% occurs, farmers from some AD’s are forced to export slurry to other ones. Assuming an available share of agricultural land of 80% being suitable for slurry and digestate application up to the maximum level, more than 1.000.000 tonnes of slurry and digestate have to be exported to neighbour AD’s causing additional expenses for transport of more than 5 million Euro and greenhouse gas emissions due to transport costs in a range of 2.600 tons CO2 equivalents per year. Management strategies are discussed in order to deal with these surpluses on a regional scale.
Anhangstabelle 1: Transportentfernungen zwischen den Kreissitzen in Schleswig Holstein in Kilometer
Quelle: eigene Darstellung
Anhangstabelle 2: Rinder und Schweine Großvieheinheiten (GVE) nach KTBL und die installierte Leistung aus Biomasse in Kilowatt.
Quelle: (21; 25); eigene Darstellung
Anhangstabelle 3: Die Landwirtschaftliche Flächennutzung in Schleswig-Holstein
Quelle: (22; 24; 31); eigene Darstellung
Anhangstabelle 4: Schätzung der Rinder-N-Ausscheidungen nach DüV und mittels Großvieheinheiten (GVE) nach dem KTBL-Schlüssel
Quelle: (21; 31); eigene Darstellung
Prof. Dr. Friedhelm Taube, Johan Schütte, Christof Kluß, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau, Christian Albrechts Universität zu Kiel, Hermann-Rodewald-Straße 9, 24118 Kiel. E-Mail: ftaube@gfo.uni-kiel.de