Von Wilfried Brade, Hannover/Dummerstorf
Aktuell finden deutliche Klimaänderungen statt. Diese Änderungen verlaufen regional differenziert (27). Erste Auswirkungen zeigen sich in Form von Starkregen oder ausgeprägten Hitzeperioden. Auch dürften sich die Folgen des Klimawandels zukünftig zum Teil noch verstärken (zum Beispiel Zahl der Hitzetage/Jahr oder Länge der Dürreperioden). Generell wird vorausgesagt, dass die Sommer heißer und trockener werden.
Hitzestress tritt bei einer Kuh immer dann auf, wenn ihre metabolische Körperwärme größer ist, als die Kapazität, diese Wärme an die Umgebung abzugeben. Dies ist in der Regel schon bei Temperaturen über 20 Grad Celsius der Fall. Hitzedepressionen lassen sich beispielsweise durch stallbauliche oder technische Möglichkeiten reduzieren, indem die Stalltemperatur und die Luftfeuchtigkeit gesenkt, das Luftvolumen und die Luftaustauschrate im Stall gesteigert sowie die Wasseraufnahme permanent gesichert werden. Aber auch das richtige Herdenmanagement bietet interessante Möglichkeiten. Verbesserte Stall- und Lüftungssysteme sowie Veränderungen im Herdenmanagement und in der Fütterungsstrategie können somit die Wirkungen von Hitzestress mindern.
Der genetische Fortschritt sowie neue Haltungs- und Fütterungstechnologien in der Milchrindhaltung ermöglichten in den vergangenen Jahren einen rasanten Anstieg der Milchleistungen auf über 10.000 Kilogramm je Tier und Jahr. Dies erfordert im Leistungspeak eine Synthese von über 50 Kilogramm Milch je Tier und Tag. Energetisch betrachtet ist für diese Tagesleistung ein Input von mehr als 300 Megajoule (MJ) umsetzbare Energie erforderlich. Mehr als ein Drittel der aufgenommenen Energie mit dem Futter wird während des Stoffwechsels in Wärme umgewandelt, die von der Kuh an die Umgebung abgeführt werden muss (Abbildung 1).
Hohe Temperaturen belasten vor allem Hochleistungskühe, da diese notwendigerweise einen sehr intensiven Stoffwechsel aufweisen (Abbildung 1). Mit steigender Leistung der Kühe wird die Wärmeregulation in Milchrinderställen somit auch immer wichtiger.
Abbildung 1: Wärmeproduktion von Milchkühen (in MJ pro Jahr) in Abhängigkeit von der Jahresleistung (kg EKM pro Kuh und Jahr) und der Lebendmasse der Kühe (kg)
Quelle: (12), eigene Darstellung.
Gleichzeitig ist die Wärmebildung in den verschiedenen Geweben unterschiedlich. Mit steigender Milchleistung nimmt beispielsweise die Wärmebildung in der Leber (steigender Umfang der Glukoneogenese oder der Lipoproteinsynthese) und in der Milchdrüse deutlich zu. Erwähnt sei auch, dass infolge der mikrobiellen Verdauungsvorgänge in den Vormägen, die Temperatur des Panseninhaltes um bis zu zwei Grad Celsius (°C) über der üblicherweise vorhanden Rektaltemperatur (38,5 °C +/- 1°C) liegen kann (15, 16, 21).
Abbildung 2: Stresscharakteristika; aufbauend auf dem Temperatur-Luftfeuchte-Index (TFI)
Quelle: (30), eigene Darstellung.
Bereits ab einer Umgebungstemperatur (UT) von etwa 24°C und einer relativen Luftfeuchte (RLF) von rund 70 Prozent kann für Milchkühe - mit mittlerer Milchleistung (ungefähr 30 Kilogramm Milch pro Kuh und Tag) – ein beginnender Hitzestress beobachten werden1). Gleichzeitig kommt – bei Temperaturen von über 28°C – der RLF und der Luftbewegung (LB) eine besondere Bedeutung zu (Abbildungen 2 und 3).
Die Effekte der Hitzebelastung auf den Organismus hängen jedoch nicht nur von den genannten Faktoren (UT, RLF, LB), sondern darüber hinaus auch von der Dauer der Belastung ab (14). Parallel dazu wird die Sekretion von Thyroxin und weiterer Hormone eingeschränkt (14, 15, 19). Folgen des Hitzestresses sind eine sinkende Futteraufnahme und Milchleistung (Tabelle 1). Zu vermerken ist, dass die reduzierte Futteraufnahme mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa zwei Tagen dem Temperaturanstieg folgt (5, 16, 9).
Abbildung 3: Wärmeregulation und temperaturbedingte Verhaltensänderungeg
Quelle: eigene Darstellung.
In Bezug auf die Umgebungstemperatur/Luftfeuchte ist die Anpassungsfähigkeit der Tiere überfordert, wenn die physiologischen und ethologischen Mechanismen der Thermoregulation (zum Beispiel Schwitzen oder Reduktion der Futteraufnahme) nicht mehr ausreichen, um eine optimale Körpertemperatur aufrecht zu erhalten (Abbildung 3).
Tabelle 1: Anzeichen von Hitzestress | |
---|---|
Anzeichen von Hitzestress | Auswirkungen von Hitzestress |
leichter Stress (ab 24°C bis 27°C Umgebungstemperatur):
| bei direkter, längerer Sonneneinstrahlung zeigt sich Sonnenbrand zum Beispiel auf Euterhaut und Zitzen |
erheblicher Stress (über 27°C Umgebungstemperatur):
| Futteraufnahme** sinkt; die Speichelproduktion steigt; Häufigkeit von Stoffwechsel-erkrankungen steigt |
Milchleistung*** geht zurück | |
Immunglobulingehalt im Blut sinkt (verminderte Abwehrbereitschaft) | |
Zellzahlen in der Milch steigen an | |
Fruchtbarkeit geht zurück (Brunstsymptome weniger stark ausgeprägt, geringere Brunstraten, häufigerer embryonaler Frühtod) | |
auch Tod durch Kreislaufversagen ist möglich |
* erhöhte Atemfrequenz ("Hecheln"): etwa 80 bis 120 Atemzüge pro Minute bei mittlerem Hitzestress; rund 120 bis 160 Atemzüge pro Minute bei starker Wärmebelastung; über 160 Atemzüge pro Minute bei schwerem Hitzestress; ** bei 40°C kann die Nahrungsaufnahme um bis zu 40 Prozent sinken; *** die Milchleistung kann bei 35ºC bis zu 33 Prozent und bei 40ºC bis zu 50 Prozent sinken
Quellen: (11, 15, 18, 19).
Bereits Klein (14) zeigte in einem vergleichenden Haltungsversuch von Milchkühen mit/ohne kontinuierlicher Temperaturbelastung (= "Warmstallgruppe": kontinuierliche Temperaturbelastung: ≥ 28°C; "Kontrollgruppe": Stalltemperatur möglichst nicht über 18°C – siehe auch Abbildungen 4 und 5):
Abbildung 4: Milchleistung (oben) und Futterenergieaufnahme (NEL in MJ/Tag) im Laktationsverlauf; beobachtete Wochenmittelwerte im Haltungsversuch
Quelle: (14)
Abbildung 5: Atemfrequenz (oben) und Rektaltemperatur im Laktationsverlauf; beobachtete Wochenmittelwerte im Haltungsversuch
Quelle: (14)
Zur Wärmeabgabe werden tierseitig verschiedene Möglichkeiten genutzt. Die direkte Wärmeabgabe (WA), auch sensible Wärmeabgabe genannt, basiert auf folgenden Mechanismen (Abbildung 3):
Die indirekte Wärmeabgabe (WA), auch evaporative oder latente WA genannt, basiert auf der Wasserverdunstung mit der Atemluft oder durch das direkte Schwitzen. Je niedriger die UT, desto höher ist der mögliche Anteil der sensiblen Wärmeabgabe, die an die Umgebung abgegeben werden kann (11, 13). Bei einer Stalltemperatur von 30°C beträgt das Verhältnis von sensibler zu latenter Wärmeabgabe bereits etwa 30:70 (18). Mit zunehmender RLF wird die evaporative WA eingeschränkt. An heißen Sommertagen schwitzt und veratmet eine Hochleistungskuh bis zu 35 Liter Flüssigkeit. Diese Flüssigkeitsmenge muss notwendigerweise auch aus dem Stall abgeführt werden. Doch genau das ist oft ein Problem, denn häufig ist eine hohe Umgebungstemperatur mit hoher Luftfeuchtigkeit (= schwülwarme Luft) verbunden.
Bei auftretendem Hitzestress infolge hoher TFI-Werte (= Temperatur-Feuchte-Index; engl.: Temperature-Humidy-Index, THI)2) sind eine Vielzahl physiologischer und ethologischer Reaktionen für Milchrinder beschrieben worden (Abbildung 3). Der Anstieg der Atemfrequenz (AF) ist eine erste physiologische Schutzreaktion des Organismus bei hohen Temperaturen. Bei extremen Wärmebelastungen konnten für die AF-Maximalwerte von 200 Atemzügen pro Minute beobachtet werden (15). Das Angebot von Schatten hat einen deutlich senkenden Einfluss auf die AF (28). Eine hohe RLF behindert wiederum die Evaporation über die Haut; ein erheblicher Anstieg der AF ist die Folge (14, 15, 28, 29).
Als ein sicherer Indikator für eine bestehende Hitzebelastung, die mit den zur Verfügung stehenden physiologischen Mechanismen der Thermoregulation nicht (vollständig) ausgeglichen werden kann, ist der Anstieg der Körperkerntemperatur (KKT) anzusehen. Die Regulation der Körperkerntemperatur bei Rindern zwischen 37,5°C und 39,4°C besitzt in der Hierarchie der körpereigenen Regelsysteme höchste Priorität, so dass in Kompensationssituationen andere Systeme benachteiligt und gestört werden können (9, 16). Periphere Rezeptoren in Haut und Mundschleimhaut sowie zentrale Rezeptoren, vor allem im Hypothalamus und Rückenmark, erfassen Ist-Werte, die im thermoregulatorischen Zentrum des Hypothalamus mit dem Soll-Wert verglichen werden (9, 11). Abweichungen führen zu erhöhter Wärmeabgabe und verminderter Wärmeproduktion bei Hitzebelastung (Abbildung 3). Bei einer UT von (nur) 28°C beobachtete (14) bei Schwarzbunten Rindern eine um 0,5°C erhöhte KKT ein. Bei einer KKT zwischen 40,5°C und 41,7°C kommt es für die meisten Rinderrassen zum völligen Aussetzen der Körperfunktionen; man bezeichnet diese Schwelle auch als Letaltemperatur (1, 16, 28).
Weitere physiologische Parameter die zur Identifizierung einer Hitzebelastung verwendet werden können, zählen unter anderem die Herzfrequenz, Schilddrüsenhormone, Metaboliten des Fettstoffwechsels und eine Reihe chemischer Blutparameter (15, 21, 22, 29). Bei einem hohen TFI sind kürzere Liegezeiten zu beobachten (Abbildung 6). Abweichende Ergebnisse sind wahrscheinlich auf unterschiedliche Mikroklimata zurückzuführen (zum Beispiel Liegeboxengestaltung, Position der Liegeboxen, Milchleistung).
Abbildung 6: Zeitbudget (in Stunden/Tag) für Kühe – angeordnet vom niedrigsten (S3) zum höchsten TFI (S4)
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an (6)
Parks listet weitere gesundheitliche Auswirkungen eines Hitzestresses auf (19). Er nennt eine Zunahme der Inzidenz von Milchfieber, Metritis, Gebärmuttervorfällen, Euterinfektionen einschließlich weiterer uteriner Infektionen. Zusätzlich nimmt die Häufigkeit der Hufrehe zu und die Euter-Ödeme werden ausgeprägter.
Hohe TFI-Werte bewirken nicht nur einen Rückgang der Futteraufnahme (Tabelle 1), sondern auch ansteigende Milchharnstoffgehalte. Ursache ist ein vermehrtes Absterben von Pansenmikroben, die bei niedrigen pH-Werten kein optimales Wachstum im Pansen vorfinden. Der aus dem Proteinabbau freigesetzte Ammoniak im Pansen kann nicht mehr optimal verwertet werden. Er muss über die Leber entgiftet werden, so dass wiederum die Harnstoffwerte im Blut und in der Milch steigen.
Als eine weitere, eng mit einer Hitzebelastung verbundene Merkmalsänderung ist – wie fast immer in den Sommermonaten feststellbar – der erhöhte Zellgehalte in der Milch zu nennen (Abbildung 7); korrelierend mit häufigeren Euterinfektionen.
Abbildung 7: Mittlere Zellzahlen in der Milch im Jahresverlauf; Ergebnisse aus Niedersachsen
Quelle: eigene Darstellung
Auch die Fruchtbarkeit der Kühe leidet bei hohen TFI-Werten. So sind die Brunstsymptome weniger stark ausgeprägt und die Brunstdauer ist nicht selten verkürzt. Die Trächtigkeitsraten bleiben in dieser Zeit meist unbefriedigend und es ist mit einem vermehrten Absterben von Embryonen in der Anfangsphase der Trächtigkeit zu rechnen (25, 29). Ravagnolo und Misztal (20) untersuchten die Non-Return-Rate (NRR nach 45 Tagen) in Abhängigkeit von der Höhe des TFI vor, während und nach der Besamung der Kühe in drei US-Staaten (Georgia, Tennesse und Florida). Ein hoher TFI unmittelbar am Tag der Besamung hatte den größten depressiven Effekt auf den Besamungserfolg; gefolgt von der Höhe des TFI 2 oder 5 Tage vor der Besamung. Keine Beziehung wurde demgegenüber zwischen den TFI-Werten und der NRR für den Zeitraum 10, 20 oder 30 Tage nach der Insemination gefunden. Zusätzlich bestätigte sich in dieser Untersuchung die zusätzliche Abhängigkeit des Besamungserfolges von der Höhe der Milchleistung der Kühe (höherer Besamungserfolg bei den weniger leistenden Tieren).
In der Praxis beobachtet man immer wieder, dass es Wochen dauert, bis sich die Fruchtbarkeitslage einer Herde nach einer längeren Hitzperiode wieder normalisiert (28). In der bereits erwähnten Arbeit von Klein (1984) zeigten sich folgende Fruchtbarkeitskennwerte unter permanenter Temperaturbelastung (Tabelle 2).
Tabelle 2: Mittelwerte (x) und Standardabweichungen (s) für einige Fruchtbarkeitsmerkmale | ||||
---|---|---|---|---|
Merkmal / Kenngröße (alle Angaben in Tagen) | Warmstall | Kontrollstall | ||
x | s | x | s | |
Rastzeit | 87,4 | 26,2 | 75,2 | 22,9 |
Zwischentragezeit (Güstzeit) | 159,7 | 62,8 | 133,5 | 44,3 |
Zwischenkalbezeit (ZKZ) | 437,9 | 62,6 | 413,9 | 45,9 |
Quelle: (14)
Zusätzlich konnten in den Versuchen von Dikmen (7) und Klein (14) große Unterschiede in den Reaktionsmustern der Tiere auf eine Wärmebelastung beobachtet werden. Sie erschweren einerseits allgemein gültige Aussagen über das Adaptationsvermögen. Andererseits bietet die große Variation die Chance, gezielt geeignete Zuchttiere für Standorte mit hohen Umwelttemperaturen auszuwählen.
Die Hochträchtigkeit ist eine besonders kritische Periode bezüglich des Übergangs der Kuh von der Trockenstehphase in die nächste Laktation; aber auch für das im Mutterleib vorhandene Kalb (Fötus). Bei Milchrindern beträgt beispielsweise die Gewichtszunahme des Kalbes im Mutterleib – allein in den letzten beiden Trächtigkeitsmonaten – etwa 60 Prozent des späteren Geburtsgewichtes. Der Effekt eines Hitzestresses in der Hochträchtigkeits- und späten Trockenstehphase auf die Milchleistung ist nachfolgend aufgezeigt (Abbildung 8).
Abbildung 8: Effekte eines Hitzestresses in der Trockenstehperiode auf die Milchleistung in der nachfolgenden Laktation
Quelle: (25), eigene Darstellung
Ein maternaler Hitzestress während der Hochträchtigkeitsphase beeinflusst jedoch nicht nur die nachfolgende Laktationsleistung sondern auch den Fötus (Tabelle 3).
Tabelle 3: Effekte eines Hitzestresses (HS) in der späten Trächtigkeitsphase auf die Länge der Trächtigkeit und auf das Geburtsgewicht der Kälber | |||||
---|---|---|---|---|---|
Trächtigkeitslänge (Tage) | Geburtsgewicht des Kalbes (Kilogramm) | Differenz (Prozent) | Literaturquelle* | ||
HS | Kontr. | HS | Kontr. | ||
n.e. | n.e. | 40,6 | 43,2 | 8 | Wolfenson et al., 1988 |
n.e. | n.e. | 33,7 | 37,9 | 11 | Avendaño-Reyes et al., 2006 |
274 | 278 | 40,8 | 43,6 | 6 | Adino et al., 2009 |
n.e. | n.e. | 31,0 | 44,0 | 30 | do Amaral et al., 2009 |
n.e. | n.e. | 39,5 | 44,5 | 11 | do Amaral et al., 2009 |
274 | 277 | 41,6 | 46,5 | 11 | Tao et al., 2011 |
272 | 276 | 36,5 | 42,5 | 14 | Tao et al., 2012 |
*nach einer Zusammenstellung von (25); HS: hochträchtige Kühe unter Hitzestress, Kontr. = Kontrollgruppe; n.e. = nicht erfasst oder keine Angaben
Quelle: (11)
Eine maternale Hyperthermie in der späten Trächtigkeitsphase beeinflusst zusätzlich auch die Entwicklung der primären lymphoiden Organausbildung beim Kalb im Mutterleib (zum Beispiel bei Hitzestress ein geringeres Gewicht der Thymusdrüse).
Ein breites Spektrum an managementbedingten und technischen Lösungen können die Auswirkungen von feuchtheißen Tagen mildern. Möglichkeiten zur Minderung von Hitzestress sind:
Die LB hat in Kombination mit der Umgebungstemperatur und der RLF einen entscheidenden Einfluss darauf, wie gut die Tiere bei Hitze Wärme abgeben können. Das Optimum der Luftgeschwindigkeit hängt wiederum von der Lufttemperatur ab. Bei gleicher Lufttemperatur ist die Abkühlung umso stärker, je größer die Luftgeschwindigkeit ist (Tabelle 4).
Die ausreichende Energie- und Proteinversorgung in der Phase der Laktationsspitze ist ein Kernproblem in der modernen Milcherzeugung. Bekanntlich wird die höchste Futteraufnahme erst viel später als die höchste Tagesleistung erreicht. Somit stellen die ersten acht bis zwölf Wochen der Laktation eine besondere Belastung für Hochleistungskühe dar (2). Reduzierte Futteraufnahmen verstärken, speziell bei hoch leistenden Milchkühen unter Hitzestress, die gesundheitlichen Gefahren.
Eine einfache Vorgehensweise zur Verbeuge von Hitzedepressionen ist, vor allem in (älteren) Haltungssystemen mit geringer technischer Ausstattung zur Luftkühlung, die systematische Etablierung einer Abkalbe-/Besamungspause. Ziel sollte es sein, das Abkalben der Kühe im Zeitraum von etwa 10. Mai bis 15. August innerhalb eines Jahres zu vermeiden. Der Wunsch nach kontinuierlicher Milchanlieferung vor allem seitens der Molkereien – einschließlich der Etablierung entsprechender Bezahlungssysteme – führte in jüngerer Vergangenheit zur Abkehr von diesem Managementsystem; obwohl es aus der Blickrichtung der nachlassenden Eutergesundheit, Milchqualität und Fruchtbarkeit in der Sommerperiode weitere Vorzüge besitzt.
Für Tiere im Freien ist die Gewährleistung von Schatten (Bäume/schattenspendende Bepflanzung oder in Form bautechnischer Lösungen) eine der einfachsten und kostengünstigsten Methoden, um einen Schutz vor Sonnenstrahlung zu schaffen (21). Bäume/Bepflanzungen kombinieren die natürliche Beschattung mit der Schaffung eines wohltuenden Mikroklima (Wasserverdunstung). Ist eine Beschattung der Tiere auf der Weide nicht gegeben, sollten die Tiere an heißen Tagen tagsüber im Stall gehalten werden. Erst in den kühleren Abendstunden/Nachts sollten die Kühe Zugang zur Weide erhalten.
Prinzipiell unterscheiden sich die Stalllüftungssysteme hinsichtlich zweier Grundprinzipien:
Um die produzierte Wärme von Hochleistungskühen auch bei hohen Außentemperaturen abführen zu können, sollten ausreichende Sommerluftvolumenströme im Stall angestrebt werden. Dabei gilt die Regel: für hoch leistende Kühe ist eine Mindestluftrate von über 550 m³ je Kuh und Stunde erforderlich (Tabelle 4).
Tabelle 4: Notwendige Luftraten für Hochleistungskühe (30°C) | ||||
---|---|---|---|---|
Leistungsgruppe | Luftrate in m³ pro Stunde | |||
Mittelwert | 1. Laktationsdrittel | 2. Laktationsdrittel | 3. Latationsdrittel | |
10.000 Kilogramm | 477 | 569 | 473 | 412 |
12.000 Kilogramm | 521 | 632 | 517 | 439 |
Quelle: CIGR, 1984 zit. in (11)
Zu den Wärmeeinträgen durch das Tier kommt in den Ställen ein zusätzlicher Eintrag zum Beispiel durch ungedämmte Dächer hinzu. Bei voller Sonneneinstrahlung sind Dachtemperaturen über 60°C leicht möglich. Bei einer Dachfläche von rund 10 m² pro Kuh, ist mit einem daraus resultierenden, zusätzlichen Wärmeeintrag bis 900 Watt pro Kuh zu rechnen (18). Diesen negativen Effekt gilt es, vor allem bei ungedämmten und/oder dunklen Dächern, durch höhere Luftraten auszugleichen (Tabelle 5).
Eine Erhöhung der Luftgeschwindigkeit um 0,5 Meter pro Sekunde bewirkt bei einer Umgebungstemperatur von 27°C und einer Luftgeschwindigkeit von 1,25 Meter pro Sekunde einen Kühleffekt von über 3°C (Tabelle 5). Sinkt die Windgeschwindigkeit unter einen Meter pro Sekunde – bei hohen Umgebungstemperaturen – kann auch bei sonst optimaler baulicher Gestaltung des Stalls kein ausreichender Luftwechsel gewährleistet werden (18). Als besonders kritisch gelten hier die Bereiche Vorwartehof und Melkstand, gefolgt von Fress- und Liegebereich.
Tabelle 5: Abkühlungswirkung der Luftströmung ("Chill-Effekt")
Quelle: (11)
Werden Luftwechselraten mittels Ventilatoren gesteigert, ist es zum Erzeugen optimaler Kühlergebnisse wichtig, eine gleichmäßige Luftströmung im Bereich der Rinder zu schaffen. So wird ein "Saunaeffekt" vermieden. Besonders beim liegenden Tier sollte der "Saunaeffekt" durch eine gleichmäßige Luftbewegung verhindert werden. Standard für viele Neubauten ist mittlerweile der völlige Verzicht auf geschlossene Außenwände und der Einbau von Windschutznetzen, Curtains oder Jalousien zur Optimierung der Zu- und Abluftführung (Abbildungen 9 und 10).
Abbildung 9: Standard für viele Neubauten ist der Verzicht auf geschlossene Außenwände.
Quelle: W. Brade
Bereits bei der Standortwahl sollten die standortbedingten oder geografischen Bedingungen optimale Berücksichtigung finden, wie eine Anordnung des Stalles quer zur Hauptwindrichtung (3, 24).
Abbildung 10: Auch im Melkstand ist für eine optimale Luftströmung zu sorgen; hier: Fischgrätenmelkstand in einer großen Milchkuhfarm in Kalifonien.
Quelle: W. Brade
Grundsätzlich ist bei Umluftventilatoren zwischen Deckenventilatoren und Standard-Axial-Ventilatoren zu unterscheiden (24). Deckenventilatoren fördern die Luft zum Beispiel senkrecht nach oben gegen die Stalldecke. Der Einwirkungsbereich am Boden ist relativ klein und liegt "kreisrund" unterhalb des Ventilators. Axialventilatoren werden in der Regel so aufgehängt, dass sie die Luft waagerecht in den Raum bringen (3, 24). Ein leichtes Anwinkeln ermöglicht ein gezieltes Überblasen der Bodenfläche. Der Einwirkungsbereich am Boden ist ausgehend vom Ventilator "trichter-" oder besser "keulenförmig" (3). Kleine Ventilatoren mit hoher Drehzahl haben in der Regel eine große Wurfweite (bis über 20 Meter) während große Ventilatoren mit niedriger Flügelraddrehzahl demgegenüber häufig nur geringe Wurfweiten (12 bis 15 Meter) aufweisen (3, 24). Soll die Luft gleichmäßig im Raum verteilt werden, ergeben sich aus den Wurfweiten die Abstände zwischen den Ventilatoren (Abbildung 11).
Abbildung 11: Funktionsprinzip verschiedener Stalllüftungen
Quelle: in Anlehnung an (3) sowie (10)
Eine Sofortmaßnahme – speziell in Altbauten bei auftretendem Hitzestress – ist, zwecks Nutzung der natürlichen Luftbewegungen im Stall, das Aushängen der Fenster sowie Öffnen aller Tore (10, 11, 18, 24). Als weiterhin vorteilhaft sind zu nennen:
Im Sommer ist eine Luftwechselrate von 60- bis 100-mal pro Stunde empfehlenswert (24). Oft stößt hier zum Beispiel die häufig empfohlene Trauf-Firstlüftung an ihre Grenzen (3, 10, 11). Der Luftaustausch kann mit der Rauchkerze getestet werden: Bewegt sich der Rauch weniger als ein Meter pro Sekunde, so ist ein kaum genügender Luftwechsel vorhanden (24). Beim Einbau von Großraumventilatoren empfiehlt sich unter anderem Folgendes zu beachten (vgl. 3, 11, 24):
Mittels Sprinkleranlagen (Duschen) können Milchkühe auch direkt – durch die Verdunstungskälte auf der Haut – gekühlt werden. Derartige Duschsysteme sind leicht selbst herzustellen (zum Beispiel Rasensprenger oder Beregnungsschläuche mit Zeitschaltuhren). Wichtig dabei ist, dass die Tiere nur am Rücken befeuchtet werden sollten. Ein Feuchtwerden beispielsweise des Futters oder des Liegebereiches ist unbedingt zu vermeiden. Um Rangkämpfe der Tiere an der Dusche zu vermeiden, sind immer mehrere Duschplätze einzurichten.
Einen deutlichen Effekt bezüglich der Futteraufnahme bringt eine gezielte Wasserkühlung nach dem Melken und damit vor dem Fressen (18, 24). Das Prinzip der "Fogging-Systeme" ("Verneblung") besteht darin, dass das Wasser feintröpfig in der Umgebungsluft versprüht wird. Die Energie, die das Wasser zum Verdunsten benötigt, entzieht es der Luft, mit dem Effekt, dass eine Abkühlung der Umgebungstemperatur eintritt; gleichzeitig steigt aber die relative Luftfeuchte. Dieses System wird seit Jahren in Israel und im arabischen Raum genutzt (hohe Umgebungstemperatur mit niedriger RLF).
Mit zunehmender Umgebungstemperatur sinkt die Futteraufnahme, was sich bei länger andauernder Hitzebelastung deutlich negativ auf die produzierte Milchmenge auswirkt. Insbesondere die Grundfutteraufnahme geht zurück (14, 15, 22, 28, 29). Da das angebotene Kraftfutter bevorzugt gefressen wird, nimmt die Strukturwirksamkeit der Ration ab. Da auch weniger wiedergekäut wird, sinkt gleichzeitig die Speichelproduktion. Ein Abfall des pH-Werts im Pansen ist die Folge. Erkennbar wird dies meist auch an einem deutlichen Absinken des Fettgehaltes in der Milch. Auch wenn die Milchleistung absinkt, darf die Kraftfuttermenge nicht erhöht werden, da ansonsten die Gefahr einer Pansenübersäuerung (Azidose) deutlich zunimmt (15).
Wichtig ist es vielmehr, den (Grund-)Futterverzehr hoch zu halten, um eine ausreichende Rohfaserversorgung sicher zu stellen und so den pH-Wert des Pansens einigermaßen stabil zu halten. Höhere Getreideanteile in der Ration sind in Hitzephasen eher nachteilig, da sie den pH-Wert im Pansen weiter absenken. Um die Energieversorgung der Hochleistungskühe in Hitzeperioden zu stabilisieren, kann die Zulage von pansengeschützten Fetten sinnvoll sein (17). Auch der Zusatz von Lebendhefen kann die ruminalen Bedingungen verbessern helfen und die Verdaulichkeit der Ration erhöhen (8).
Die verstärkte Wärmeabgabe durch Atmung ("Keuchen") kann zu einer respiratorischen Alkalose führen. Zusätzlich verlieren hitzebeanspruchte Milchrinder eine große Menge an Mineralstoffen über die Schweißbildung. Der einsetzende erhöhte Mineralstoffverlust wird gleichzeitig – infolge einer reduzierten Gesamt-Futteraufnahme – zusätzlich verstärkt. Bei erhöhter kutaner Wasserabgabe infolge hoher Temperaturen werden somit generell Mineralstoffe – besonders K, Na, Ca, Mg und Cl – verstärkt ausgeschieden. Rinder, die hohen Temperaturen ausgesetzt waren, haben somit eine geringere Na- und K-Konzentration im Pansensaft. Negative Auswirkungen auf das Immunsystem sind eine zusätzliche Folge. Zum Ausgleich sollte die Mineralfuttermenge um etwa 20 Prozent erhöht werden, zusätzlich sollten etwa 30 Gramm Viehsalz pro Kuh und Tag angeboten werden.
Der Wasserbedarf steigt bei hohen Leistungen und speziell bei warmer Witterung deutlich an. Hochleistungstiere in Außenklimaställen können im Sommer sogar über 150 Liter Wasser pro Tag saufen. Verschmutzte Tränken bilden gerade bei höheren Umgebungstemperaturen optimale Wachstumsbedingungen für Keime und Mikroorganismen, reduzieren die Wasseraufnahme und damit auch die Leistung. Sie sind notwendigerweise regelmäßig zu reinigen.
Um die Futteraufnahme bei den Kühen hoch zu halten, sollte, speziell an warmen Tagen, das Grundfutter (oder die TMR) zweimal täglich verabreicht werden. Ist dies nicht möglich, sollte die Grundfutterration immer erst abends – frisch gemischt – vorgelegt werden. Eine mehrtägige Lagerung beispielsweise von Siloblöcken auf dem Futtertisch ist zu vermeiden. Da auch die Futterreste bei höheren Temperaturen schnell verderben, sollten diese vor dem Füttern stets vollständig entfernt werden. Wichtig ist auch ein ausreichender Vorschub bereits bei der Silageentnahme im Silo, um eine Nacherwärmungen und die Bildung von "Gärschädlingen" (Hefen, Schimmelpilze) frühzeitig zu vermeiden (Abbildung 12).
Abbildung 12: Zur Vermeidung von Fehl-/Nachgärungen ist ein ausreichender Vorschub bei jeder Silageentnahme sicherzustellen
Quelle: W. Brade
Leider wird der im Sommer gewünschte Entnahmevorschub von mindestens zwei Meter pro Woche vor allem dann nicht erreicht, wenn die Silos zu hoch und zu breit angelegt sind. In diesem Fall ist es sinnvoll, einen kleineren und dafür etwas längeren "Sommersilo" anzulegen. Alternativ kann es unter extremen Witterungsbedingungen auch sinnvoll sein, die fertige Mischration mit etwa drei Kilogramm Propionsäure je Tonne Futter systematisch zu stabilisieren.
Eine gezielte genetische Selektion auf größere Hitzetoleranz der verwendeten Zuchttiere ist eine weitere Strategie zur Eindämmung möglicher Auswirkungen von Hitzestress bei Milchkühen. Die wiederholt beobachtete große Variation hoch leistender Kühe bezüglich ihrer Reaktionen auf eine Wärmebelastung bietet die Chance zur Auswahl von Zuchttieren für Standorte mit hohen Umwelttemperaturen (14, 28). Auch existieren deutliche Rassenunterschiede. So findet man zwischen taurinen und zebuiden Rindern regelmäßige Unterschiede hinsichtlich der anatomischen Beschaffenheit der Haut sowie der Anzahl und der Effektivität der Schweißdrüsen (23, 28).
Zebuide Rinder haben eine größere Anzahl von Schweißdrüsen pro Flächeneinheit. Auch sind diese hier dichter unter der Hautoberfläche angeordnet als bei taurinen Tieren. Außerdem besitzen die Schweißdrüsen der Zebus eine größere Speicherkapazität; vergleichsweise gegenüber den Drüsen tauriner Rinder. Zusätzlich gibt es deutliche Rassenunterschiede in der Fellbeschaffenheit. Bei den zebuiden Rassen findet man vorzugsweise ein feines kurzes Haarkleid, das die Verdunstung des abgegebenen Schweißes von der Hautoberfläche begünstigt, während für die taurinen Rinder ein längeres, dichteres Haarkleid charakteristisch ist.
Olson et al. erbrachten den Nachweis, dass eine dominante Genvariante bei bestimmten Rassen spanischer Herkunft (Criollo) existiert und glatte Haare determiniert (23). Tiere mit diesem Gen hatten niedrigere rektale Temperaturen (RT) bei Hitzebelastung. Auch konnte ein positiver Effekt glatter Haaren auf die Milchleistung unter trockenen, tropischen Bedingungen gezeigt werden. Dikmen et al. quantifizierten die genetische Variabilität der Rektaltemperatur (RT) von Holstein-Kühen (7). Sie errechneten eine Erblichkeit der RT von h²= 0,17. Die RT während eines Hitzestress hat somit eine moderate Erblichkeit, die züchterisch genutzt werden kann. Interessant sind die in dieser Arbeit ermittelten genetisch positiven Beziehungen zwischen der Höhe der RT und der Milchleistung sowie Länge des "produktives Leben". Die positiven genetischen Beziehungen lassen die Schlussfolgerung berechtigt erscheinen: eine Fortsetzung der bislang üblichen konsequenten Auswahl der Kühe nach immer höherer Milchleistung (und damit indirekt verbesserter Futteraufnahme) lässt Tiere erwarten, die leider auch immer weniger Hitze tolerant sind.
Bei Nichtänderung dieser Züchtungspraxis ist – vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung – zu erwarten, dass die Auswirkungen eines Hitzestresses, speziell bei den hoch leistenden Holstein-Rindern, zukünftig noch größer werden. Die Züchtung bleibt deshalb gefordert, diese jetzt erstmalig beschriebenen Zusammenhänge weiter zu verfolgen und Strategien zu erarbeiten, damit künftige Milchkuhgenerationen nicht immer Hitze empfindlicher werden.
Der stattfindende Klimawandel wird den gesamten Landbau künftig nachhaltig beeinflussen. Einerseits werden die Landwirte weltweit zur Abmilderung des Klimawandels beizutragen haben; andererseits werden sie durch die Erderwärmung vor allem um ihre Erträge und ausreichende Wasserversorgung bangen müssen (2).
Seriöse Berechnungen gehen von einer weltweiten Temperaturerhöhung zwischen 1,6 bis 3,8 °C innerhalb der nächsten Jahrzehnte aus (27). Gleichzeitig werden Dürreperioden ebenso zunehmen wie Starkniederschläge. Der Klimawandel wird sich jedoch nicht nur auf den Pflanzenbau sondern auch auf die Tierhaltung (Leistung, Gesundheit) auswirken. Aus der Blickrichtung der künftigen Milcherzeugung lässt der Klimawandel Folgendes erwarten:
Hitzestress wirkt sich negativ auf die Leistung und Gesundheit der Tiere aus. Wenn die genetische Selektion auf weitere Steigerung der Milchleistung in bisherigem Umfang weiter geht, nimmt leider auch die Anfälligkeit der Kuh auf Hitzestress zu. Gewöhnlich ist der Tierhalter mit allgemeinen Maßnahmen zur Linderung des Hitzestresses gut vertraut.
Ein weit verbreitetes technisches Hilfsmittel zur Erhöhung der Luftwechselraten sind Ventilatoren im Stall (3, 10, 11, 24). Auf dem Markt sind eine Vielzahl von Herstellern und Fabrikaten. Neben den bekannten Umluftventilatoren (Durchmesser bis 1,5 Meter) gibt es seit einiger Zeit auch die sogenanntes HVLS (= High Volume Low Speed)-Deckenventilatoren, die einen Durchmesser von 4,5 bis über sechs Meter haben. Sie wälzen bis zu 320.000 m3 pro Stunde Luft ("normale" Ventilatoren schaffen etwa 40.000 m3pro Stunde) im Stall um. Für moderne Ställe mit hohen Traufseiten ist diese neue Lüftergeneration eine interessante Alternative, die langfristig auch geringere laufende Kosten verursacht.
Aus der Blickrichtung künftiger Züchtungsansätze erhalten vorhandene Gen-Netzwerke innerhalb und zwischen den Zellen und Geweben bei Säugern zunehmendes Interesse (5). Eine Aktivierung dieser Systeme scheint bei Oberflächentemperaturen über 35°C auf der Haut zu erfolgen. Sie führen zu veränderten Genexpressionen und Stoffwechselvorgängen wie (5):
Hitzestress ist nicht nur in tropischen Ländern zu beobachten, sondern wird zunehmend auch in Ländern mit gemäßigtem Klima – infolge des zu beobachtenden Klimawandels – ein Problem.
Rinder sind relativ kältestabil, aber nur wenig hitzeresistent. Milchkühe sind vor allem sensibel gegenüber Temperaturen oberhalb ihrer thermoneutralen Zone, die sich bei hoher Luftfeuchte zusätzlich verstärkt. Hitzestress wirkt sich negativ auf die Leistung und die Gesundheit der Tiere aus; vor allem bei hoch leistenden Tieren. Nicht nur der Rückgang der Leistung sowie die gleichzeitige Zunahme gesundheitlicher Probleme sondern auch die abnehmende Fruchtbarkeit der Tiere einschließlich die Verschlechterung der Milchqualität (zum Beispiel regelmäßige Zunahme des somatischen Milchzellgehaltes in den Sommermonaten) führen bei den Landwirten zu ökonomischen Einbußen.
Gewöhnlich ist der Tierhalter mit generellen Maßnahmen zur Linderung des Hitzestresses gut vertraut. Die in den vergangenen Jahren erzielten Leistungssteigerungen – in Verbindung mit weiter zu erwartenden Klimaänderungen – lassen diese Thematik in der tierärztlichen Beratung und bei Empfehlungen zum Neubau/Umbau von Stallanlagen jedoch zunehmend wichtiger werden.
Heat stress is a problem which is found not only in tropical countries but – as a result of climate change – increasingly in countries with temperate climate as well. While cattle are relatively cold-resistant, they are not very resistant to heat. Dairy cows are particularly sensitive to temperatures above their thermoneutral zone, which is aggravated at a high level of humidity.
Heat stress has a negative impact on the performance and health particularly of high-yielding animals. Farmers are confronted with economic loss caused not only by decreasing performance and a concurrent increase of health problems but also by the animals' declining fertility and the deteriorating milk quality (for example regularly rising levels of somatic cells in the milk during the summer months).
Farmers usually know which general measures to take to mitigate heat stress. However, the increase in performance achieved over the last few years – in conjunction with further antici-pated climate change – add more and more significance to this topic with regard to veterinary advice or recommendations for building/rebuilding housing systems.
Le stress thermique s’observe non seulement dans les pays tropicaux, mais pose aussi de plus en plus problème dans les pays à climat tempéré – par suite du changement climatique qui s’y observe. Les bovins résistent assez bien au froid, mais seulement peu à la chaleur. Les vaches laitières sont surtout sensibles aux températures supérieures à leur zone thermoneutre, ce qui se renforce encore à haute humidité de l’air.
Le stress thermique a des effets négatifs sur les performances et la santé des animaux, notamment sur ceux à grande productivité. Non seulement la baisse des performances ainsi que l’accroissement simultané des problèmes de santé, mais aussi la diminution de la fertilité des animaux, y compris la dégradation de la qualité du lait (par exemple par hausse régulière de la teneur en cellules somatiques les mois d’été), se traduisent par des pertes économiques chez les agriculteurs.
Habituellement, l’éleveur est bien au fait des mesures générales d’atténuation du stress thermique. Les gains de performances obtenus ces dernières années – alliés aux variations climatiques auxquelles il faut continuer de s’attendre – confèrent toutefois une importance croissante à cette thématique au niveau de l’assistance vétérinaire et des recommandations relatives à la construction/transformation des étables.
1) Als Zone thermischer Neutralität bezeichnet man diejenige Umgebungstemperatur innerhalb der Kühe ihre Körpertemperatur mit minimalen regulatorischen Maßnahmen aufrechterhalten können (= die Wärmeerzeugung ist weitestgehend konstant). Der thermoneutrale Bereich der Milchkühe kann mit etwa 4°C bis ungefähr 20°C angegeben werden. Zusätzlich stellt das Leistungsniveau hier einen bedeutenden Einflussfaktor dar. Oberhalb des kritischen Temperaturwertes (etwa 24°C) beginnt das Tier, seine Wasserverdunstung (über die Haut oder die Atmungswege) zu erhöhen, um einen Anstieg der Körperkerntemperatur zu verhindern (1, 8, 14, 15, 16).
2) Der von Thom eingeführte THI charakterisiert die klimatischen Umweltbedingungen anhand der Trockentemperatur und der rel. Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft (26) und wurde zunächst für den Menschen entwickelt: THI = 0,8 Ta + RLF (Ta − 14,4) + 46,4 oder THI = Ta + 0,36 Tdp + 41,2
mit Ta = Trockentemperatur [°C], RLF = relative Luftfeuchtigkeit [%] sowie Tdp =Taupunkt [°C].
Der THI wurde erstmalig von Johnson zur Erfassung klimatischer Faktoren bei Rindern genutzt (13) und seitdem wiederholt weiter entwickelt (15). Buffington et al. modifizierten den von Thom entwickelten THI, indem sie anstelle von Ta die "Black Globe Temperature (TBG)" benutzten (4) und so den "Black Globe Humidity Index" (BGHI) formulierten: BGHI = TBG + 0,36Tdp + 41,5.
Mit dem BGHI wurde erstmals eine Maßzahl beschrieben, in die Luftfeuchtigkeit, Radiation und Luftgeschwindigkeit Berücksichtigung finden. Je stärker die Sonneneinstrahlung und je höher die Windgeschwindigkeiten, desto stärker unterscheidet sich der BGHI vom THI (4). Die messtechnisch einfacher erfassbare Trockentemperatur (Ta) begründen die Bevorzugung des THI gegenüber dem BGHI in der Praxis.
Prof. Dr. WILFRIED BRADE, Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo); zurzeit: Leibniz-Institut (FBN) für Nutztierbiologie Dummerstorf, Wilhelm-Stahl-Allee 2, 18196 Dummerstorf