Von Christine Krieger, Jon Henrich Hanf, Vera Belaya, Geisenheim/Braunschweig
Der Ursprung von Winzergenossenschaften ist im 19. Jahrhundert zu finden, einem Jahrhundert geprägt von tiefgreifenden wirtschaftlichen und politischen Veränderungen. Mit Beginn des Industriezeitalters stiegen der Anteil billiger Auslandsweine und Weinfälschungen, sowie Anbauschwierigkeiten durch Rebkrankheiten und Schädlinge wie die Reblaus, Peronospora und Oidium. Als Reaktion hierauf schlossen sich Winzer zusammen, um ihre wirtschaftlich schwache Stellung zu verbessern. Von 1821 bis 1866 gründeten sich erste Gemeinschaften, die bereits maßgebliche Grundsätze der späteren Genossenschaften beinhalteten, bis 1867 schließlich der gesetzliche Rahmen für diese Organisationsform in Preußen erlassen wurde. Ein Jahr später wurde dieses Genossenschaftsgesetz auf den Norddeutschen Bund ausgedehnt und im gleichen Jahr die erste offizielle Winzergenossenschaft im Weinanbaugebiet Ahr gegründet. In den folgenden Jahren konnte eine Gründungswelle der Winzergenossenschaften in verschiedenen Weinanbaugebieten erkannt werden (Deutscher Raiffeisenverband e.V., kein Datum). Dies führte gerade im Anbaugebiet Baden zu einer steigenden, gegenseitigen Konkurrenz, weshalb 1952 die erste Zentralkellerei entstand, die zur Unterstützung örtlicher Genossenschaften und Vermarktung des Weines über die Grenzen der Weinbaugebiete hinweg zuständig war (4, S. 110 ff.).
Auch heute noch ist den Winzergenossenschaften eine hohe Bedeutung in Bezug auf die deutsche Weinproduktion zuzurechnen. Sie erzeugen ein Drittel des deutschen Weines und in bestimmten Anbaugebieten, wie Baden und Württemberg kann sogar ein Anteil von 70 Prozent verzeichnet werden (9, S. 4). Trotz des großen Anteils ist die Anzahl der Winzergenossenschaften rückläufig. So sank im Jahr 2010/11 die Zahl erstmals unter die 200-er-Marke, was jedoch größtenteils durch Fusionen bedingt ist. Die Gründe für diesen Strukturwandel sind verschieden, sodass kleine Erntejahre aber auch komplementäre Konzentrationen im Handel als Ursache angesehen werden. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation soll demnach durch die Schaffung von Synergien und Reduzierung von Kosten erfolgen (3, S.18 ff.). Durch die erfolgten Fusionen lässt sich ebenfalls eine Zunahme der durchschnittlichen Betriebsgröße begründen. Auch die Umsätze sind trotz regressiver Weinerzeugung leicht gestiegen, was eventuell mit dem Anstieg der Flaschenweinverkäufe zusammenhängen kann. Des Weiteren ist ersichtlich, dass die Anzahl der Mitglieder ebenfalls abnimmt, wohingegen der Bestand der Ertragsrebfläche relativ konstant bleibt. So kann konkludiert werden, dass Winzergenossenschaften durch hohe Kapazitäten eine wichtige Rolle in der deutschen Weinerzeugung einnehmen und durch einen Strukturwandel von Fusionen und geringeren Mitgliederzahlen geprägt sind.
Wendet man den Blick von der Erzeugerseite ab, werden Entwicklungen im Weinmarkt ersichtlich, die deutliche Präferenzen von Markenweinen aufzeigen. In Bezug auf die Verkaufsstätten spielen Markenweine eine unterschiedlich große Rolle. So werden sie als tragende Säule des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) bezeichnet, da sie dem Verbraucher eine gewisse Orientierung bei großer Sortimentstiefe und -breite am Point of Sale (POS) bieten. Dies begründet auch den Erfolg, den die meisten Markenweine verzeichnen können. In den vergangenen fünf Jahren ist der Absatz von Markenweinen im LEH kontinuierlich gestiegen. Lag dieser im Jahr 2007 noch bei 11,5 Prozent konnte im ersten Halbjahr 2012 ein Absatz von 15,5 Prozent verzeichnet werden. Generell legten die Verkaufszahlen von Markenweinen zu, während der gesamte Weinabsatz im LEH um 2,1 Prozent zurückging. Natürlich können auch negative Tendenzen bei einigen Markenweinen festgestellt werden, was jedoch den allgemeinen Erfolg nur wenig eingrenzt (3, S. 20 f.). Des Weiteren ist zu beobachten, dass bekannte Sektmarken wie beispielsweise Rotkäppchen seit einigen Jahren sehr erfolgreich Stillwein unter ihren Marken anbieten (9, S. 5). Demnach besteht ein grundsätzlicher Anreiz zur Markenbildung in der Weinbranche, um ebenfalls an den aufgezeigten Erfolgen partizipieren zu können.
Überträgt man nun Marktveränderungen und Erzeugungsstrukturen aufeinander, so kommt die Frage auf, wie deutsche Winzergenossenschaften im Hinblick auf steigende Markenpräferenzen agieren. Ausgehend von dieser Fragestellung, werden in diesem Artikel die Markenbildung und -führung bei deutschen Winzergenossenschaften untersucht. Im folgenden Kapitel wird basierend auf einer Literaturrecherche potenzielle Problematiken in Bezug auf eine Markenbildung und -führung bei Winzergenossenschaften aufgezeigt. Ausgehend von diesen Ansatzpunkten wird anschließend eine empirische Analyse anhand von Experteninterviews erarbeitet. Abschließend werden die Ergebnisse diskutiert, um darauffolgend eine überblickende Zusammenfassung darzustellen.
Da durch den technischen Fortschritt oft nur marginale Qualitätsunterschiede zwischen Marken bestehen, ist es umso wichtiger einen Zusatznutzen zur Differenzierung zu vermitteln. Die Differenzierung beschränkt sich dabei nicht nur auf funktionale Eigenschaften; vielmehr dienen Marken als emotionale Anker, die zur Abgrenzung und Vermittlung eigener Wertvorstellungen beitragen. Hierdurch wird ein positives und unverwechselbares Image bei Konsumenten aufgebaut und die Kaufentscheidung beeinflusst (5, S. 18 ff.). Obwohl die Qualität nicht mehr das vordergründige Differenzierungsmerkmal sein sollte, ist die gleichbleibende Wertbeständigkeit der Marke neben dem emotionalen Aspekt jedoch ein wichtiges Merkmal zur Bewerkstelligung der Kundentreue. Weiterhin ist ein kritischer Aspekt für eine erfolgreiche Markenbildung die Notwendigkeit einer langen Investitionsdauer. So bedarf es Zeit bis potenzielle Kunden die Marke wahrnehmen, sich diese einprägen und damit identifizieren. Unter anderem um dies zu fördern sind hohe Investitionen nötig, die zu Erfolgen im Bereich der Markenbekanntheit führen, sich jedoch nicht auf monetäre Art und Weise widerspiegeln. So sind auch bei gelungenem Markenaufbau nicht unbedingt unmittelbare kurzfristige, finanzielle Effekte die Folge (5, S.18 ff.).
Überträgt man nun dies auf Genossenschaften wird deutlich, dass somit das Prinzip des Förderzwecks gefährdet werden kann. Denn wird den langfristigen Investitionen einer Marke nachgegangen, können hierunter die Auszahlungen an die Mitglieder gefährdet werden. So müssen nach § 19 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) die erwirtschafteten Gewinne auf die Mitglieder verteilt werden (2). Hiernach sind finanzielle Erfolge notwendig, um dem Förderauftrag nachkommen zu können, was wiederum gerade zu Beginn eines Markenaufbaus kaum gewährleistet werden kann. Demnach könnten Markenbildung und Mitgliederförderung als konträre Vorhaben angesehen werden.
Die Problematik der Investitionen und dadurch eingeschränkten Auszahlungen ergibt sich natürlich auch in anderen Bereichen. Unter anderem müssen auch kostspielige, kellertechnische Anschaffungen getätigt werden. Hier kann jedoch aus den bereits dargestellten Gründen die Dauer der Amortisation als kürzer eingeschätzt werden. Darüber hinaus können Sachinvestitionen, durch den materiellen Gegenstandswert, für Mitglieder einen höheren Anreiz bieten wie noch im weiteren Verlauf aufgezeigt werden soll.
Wie im Teil der theoretischen Grundlagen schon dargestellt wurde, ist eine langfristige Positionierung bei der Markenführung eine wichtige Voraussetzung, weshalb das Markenmanagement in langjährigen Arbeitspositionen verankert sein sollte. Hierbei sollte sich jedoch der Verantwortungsbereich auf einen begrenzten Personenkreis beschränken, sodass Entscheidungen ohne größere Beeinflussungen getroffen werden können. Im Fall von Winzergenossenschaften obliegt nach § 34 Abs. 1 GenG die Geschäftsführung dem Vorstand. Dieser hat dafür Sorge zu tragen, dass der Gesellschaftszweck, also die Förderung der Mitglieder, erreicht wird. Bei erfolgtem Markenaufbau obliegt demnach, laut gesetzlicher Grundlage, die Markenführung in Winzergenossenschaften dem Vorstand, um hierdurch den Förderzweck zu erfüllen. So scheint auf den ersten Blick die Bedingung der langfristigen Orientierung und Positionierung erfüllt zu sein.
Es kann jedoch festgestellt werden, dass im Genossenschaftsgesetz keine Angaben zu Amtszeiten von Aufsichtsrat und Vorstand zu finden sind, woraus sich eine individuelle Regelung der Satzung ableiten lässt. Durch kurze Amtsperioden und häufige Wechsel im Vorstand, kann folglich die notwendige Kontinuität der Markenpositionierung gehemmt werden. Auch diese Problematik findet sich nicht ausschließlich in Genossenschaften, wobei jedoch zu erwähnen ist, dass die durchschnittliche Amtszeit eines CEOs im deutschsprachigen Raum im Jahr 2011, laut einer Studie der Booz & Company, 7,6 Jahre betrug (1).
Darüber hinaus ergibt sich bei näherer Betrachtung eine Problematik, die auch als Influence Cost-Problem bezeichnet wird, da die Findung eines Konsens durch die Organisation der Genossenschaften notwendig wird und somit Kosten entstehen (16, S. 142 ff.). So besteht also ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung. Da die Mitglieder über die Verwendung der Jahresüberschüsse beschließen (§ 48 Abs. 1 GenG) ist die Entscheidungsfreiheit des Vorstands tendenziell eingeschränkt. Auch der Aufsichtsrat, kann durch individuelle Kompetenzen, die in der Satzung festgelegt werden, die Entscheidungen des Vorstands beeinflussen (§38 Abs. 3 GenG), ebenso wie durch die Prüfung der Verwendung der Jahresüberschüsse (§ 38 Abs. 1 GenG).
Im unmittelbaren Zusammenhang hiermit steht das Control-Problem, was besagt, dass durch die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Gremien und der Geschäftsführung ebenfalls hohe Kosten entstehen (16, S. 142 ff.). So wird außerdem eine Umsetzung von Alternativlösungen statt der eigentlichen Strategie erdenklich. Insgesamt wird ersichtlich, dass nicht nur die alleinige Notwendigkeit der Konsensfindung, sondern zusätzlich die divergierenden Interessen der Entscheidungsträger zu Problemen führen.
Insgesamt wird dies auch als Pfadabhängigkeit bezeichnet, die besagt, dass Führungskräfte oft in gewissen Strukturen des Unternehmens gefangen sind und nur bedingt Entscheidungen treffen können (7). Somit ist die Maßnahmenregelung im Markenaufbau und der Markenführung von potenziellen Abhängigkeiten geprägt, was wiederum die erfolgreiche Umsetzung beschränken kann.
Weitere Problematiken ergeben sich, wenn man die individuellen Denkweisen der Mitglieder näher analysiert. Schenkt man Philosophen wie Max Stirner und Friedrich Nietzsche Glauben, so unterliegt jedes Individuum einem natürlichen Egoismus (15, S.66 ff.). Aus ökonomischer Sicht wird dies weitestgehend als Trittbrettfahrerproblematik (Free Rider Problem) bezeichnet, wobei eine Person den Nutzen eines Gutes erlangt, dafür jedoch nicht bezahlt (10, S. 942).
Dieses Free Rider Problem kann auch auf die genossenschaftliche Struktur übertragen werden. So profitieren alle Mitglieder einer Genossenschaft von den bestehenden Leistungen, ohne eine Berücksichtigung des individuellen Beitrags (16, S. 142 ff.). Zusammenhängend mit der Problematik Markenbildung und Mitgliederförderung kann davon ausgegangen werden, dass neueintretende Mitglieder bei erfolgter Markenetablierung von eventuell höheren Auszahlungen profitieren, ohne sich an Investitionen beteiligt zu haben und somit mit langjährigen Mitgliedern gleichgestellt werden. Zwar kann sich der Unternehmenswert einer Genossenschaft durch den Markenaufbau steigern, dies hat jedoch keinen Effekt auf individuelle Wertsteigerung der Anteile Einzelner, zum Beispiel langjähriger, Mitglieder (16, S. 142 ff.).
Eine weitere Problematik ist das sogenannte Investment-Horizon-Problem, wobei unter anderem die verbleibende Verweildauer der einzelnen Mitglieder im Fokus steht. Befinden sich diese in der Endphase ihrer Mitgliedschaft, wird kaum eine Präferenz von langfristigen Investitionen aufkommen, da eine Partizipation an den Erfolgen innerhalb der restlichen Mitgliedschaft weniger zu erwarten ist. Es scheint von dieser Seite her vorteilhafter sich für eine Erhöhung der Auszahlungen auszusprechen. So lohnen sich langfristige Investitionen nicht für jedes Mitglied, wodurch eine Kurzfristorientierung, also eine Bestrebung nach höheren Auszahlungen, resultiert (16, S. 142 ff.). Da aber generell viele Mitglieder hauptsächlich an hohen Traubengeldauszahlungen interessiert sind (8, S. 19 ff.), kann dies auch als generelles Problem und nicht nur als das von langjährigen Mitgliedern angesehen werden.
Die Investition in immaterielle Güter kann weiterhin die Markenbildung in einer Winzergenossenschaft beeinflussen. Durch die Bodenständigkeit, die viele Landwirte auszeichnet, kann die Investition in Sachgüter möglicherweise leichter erfolgen als in Marken, da diese keinen materiellen Gegenstandswert besitzen (18, S. 85). Der sicher erscheinende Erwerb von Sachgütern könnte somit stärker präferiert werden und eine Ablehnung von Markeninvestitionen erfolgen. Zudem sehen sich viele Mitglieder noch als Vorlieferanten und nicht als Erzeuger eines Endprodukts, weshalb das Interesse an solch einem Unterfangen gering sein kann (18, S. 84). Diese Denkprozesse können bei Mitgliedern zu negativen Entscheidungen bezüglich des Markenaufbaus führen. Darüber hinaus ergibt sich die Annahme, dass die Mitglieder eine starke Produktionsorientierung verfolgen und dadurch ein stärkeres Interesse an der Erzeugung als an der Vermarktung besteht.
Zwar ist die Qualität einer Marke nicht mehr das primäre Differenzierungsmerkmal, jedoch zur Gewinnung der Kundenloyalität ein weiteres fundamentales Element. Gerade im Bereich von Weinmarken führt dies aufgrund naturbedingter Jahrgangsschwankungen zu Herausforderungen. In einer Winzergenossenschaft sind zusätzlich unterschiedliche Verantwortungsbereiche vorzufinden, wodurch die Mitglieder in ihrem Ressort der Traubenerzeugung und -lese weitestgehend selbstständig agieren. Vertritt man auch hier wieder die Auffassung eines opportunistischen Verhaltens, besonders von Teil-Ablieferern, besteht die Möglichkeit, dass nur mangelhafte Trauben geliefert werden, was die Qualität des Markenweins negativ beeinflusst. Wie schon beschrieben, sehen sich darüber hinaus viele Traubenerzeuger nur als Vorlieferanten, weshalb die Lieferung von unzureichendem Traubenmaterial nicht unbegründet erscheint.
Insgesamt können also vier verschiedene Problemfelder identifiziert werden, die sich auf eine bevorstehende Markenbildung, jedoch auch auf die Markenführung beziehen. So stehen sich der notwendige Investitionsaufwand, die Dauer der Markenetablierung und der Unternehmenszweck diskrepant gegenüber. Bei erfolgtem Markenaufbau sind darüber hinaus weitere Problematiken, wie die langfristige Positionierung durch Pfadabhängigkeit und potenziell kurze Amtszeiten gegeben. Zusätzlich können die dargelegten Motive der Mitglieder eine Markenbildung hemmen. Abschließend ist zu sagen, dass die Qualitätssicherung durch die hybride Struktur der Genossenschaft als ein weiterer kritischer Bestandteil im Hinblick auf eine Marke erscheint.
Die aufgezeigten Problematiken ergeben sich jedoch ausschließlich aus der theoretischen Informationslage, weshalb dies nicht als Pauschalisierung angesehen werden soll. Umso interessanter ist es infolgedessen dies empirisch zu überprüfen und näher zu ergründen, welche Maßnahmen bei bestehenden Problemen Verwendung finden.
Nachdem nun die theoretische Analyse erfolgte, soll ein Großteil dieser Ergebnisse anhand von Experteninterviews erforscht werden. Ziel der empirischen Untersuchung ist es, die ausgearbeiteten Problematiken praxisorientiert zu überprüfen. Hierdurch soll festgestellt werden, inwiefern die theoretisch untersuchten Sachverhalte eine praktische Relevanz besitzen und welche Möglichkeiten zur Vermeidung dieser Problematiken bestehen.
Als Methode wurde das Experteninterview gewählt (14, S. 4f.), welches nach MAYER eine besondere Form des Leitfadeninterviews darstellt (11, S. 37 ff.). Der Leitfaden, welcher für die durchgeführten Interviews verwendet wurde umfasst mehrere Themenkomplexe und ist in Anhang I zu finden. Im ersten Teil sind Fragen zum allgemeinen Markenverständnis aber auch zu spezifischen Strategien und Durchführungen zu finden. So wird hier die markenstrategische Ausrichtung unter anderem im Hinblick auf Markenidentität, Differenzierung und Kommunikationsmaßnahmen erfragt. Im zweiten Teilabschnitt wird die Beeinflussung durch Fusionen miteinbezogen und das Thema der Markenführung somit weiter spezifiziert. Der dritte und letzte Themenkomplex des Leitfadens beinhaltet Fragen zu Problematiken, die bei einem Markenaufbau und der Markenführung in einer Winzergenossenschaft auftreten können. Dabei dient die vorangegangene theoretische Analyse als Ausgangspunkt. Insgesamt wurden neun Winzergenossenschaften aus verschiedenen Weinanbaugebieten interviewt (Tabelle 2). Die Auswahl dieser begründet sich einerseits durch die Marktrelevanz, andererseits durch die bestehende Erfahrung in den Bereichen Markenbildung und -führung. Die Interviewdauer betrug zwischen 16 und 60 Minuten, woraus eine Durchschnittsdauer von 32 Minuten resultiert.
Tabelle 1: Interviewübersicht | ||
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Interviewpartner | Position | |
1 | Kaufmännischer Vorstand | |
2 | Geschäftsführender Vorstand | |
3 | Geschäftsführender Vorstand | |
4 | Leitung Marketing | |
5 | Geschäftsführendes Vorstandsmitglied | |
6 | Geschäftsführender Vorstand | |
7 | Geschäftsführender Vorstand | |
8 | Geschäftsführer | |
9 | Geschäftsführer |
Quelle: eigene Darstellung
Als Grundlage zur Auswertung der Interviews dient die qualitative Inhaltsanalyse nach MAYRING. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit "fixierte Kommunikation zu analysieren und dabei systematisch, regel- und theoriegeleitet vorzugehen" (12, S. 13). Diese Systematik führt daher zu exakteren Ergebnissen und ist somit der freien Textinterpretation an Präszision überlegen. Generell können die drei Grundformen Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung unterschieden werden. Im Folgenden wird die Aufbereitung der Interviews anhand der inhaltlichen Strukturierung aufgezeigt (13, S. 65). Das deduktive Kategoriensystem wurde hierbei durch den Interviewleitfaden und die theoretische Analyse entwickelt. Hieraus resultieren die folgenden Haupt- und Unterkategorien (Abbildung 1).
Abbildung 1: Kategoriensystem
Quelle: eigene Darstellung
Anschließend wurde ein Kodierleitfaden erstellt, mit Hilfe dessen im auszuwertenden Material Fundstellen bezeichnet, bearbeitet und extrahiert wurden (13, S. 94). Das extrahierte Material wurde anschließend paraphrasiert.
Die Auswertung der Ergebnisse soll nun dargestellt werden und erfolgt nach MAYRING durch die Zusammenfassung der Paraphrasen pro Haupt- und Unterkategorie (13, S. 98). Zur Verdeutlichung und Belegung der Aussagen, sollen zusätzliche Zitate mit Zeitangaben innerhalb des Interviewverlaufs angeführt werden. In diesem Abschnitt der Arbeit werden die Resultate daher ausschließlich präsentiert, um im weiteren Verlauf eine Aufbereitung in Verbindung zur theoretischen Analyse darzustellen. Bevor jedoch die genaue Auswertung aufgezeigt wird, sollen die Haupterkenntnisse zur besseren Überschaubarkeit veranschaulicht werden (Tabelle 2).
Tabelle 2: Haupterkenntnisse | |
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Markenverständnis | Vielfältiges Markenverständnis |
Markenstrategie | Ansätze des Branded House und House of Brands |
Markenidentität | Oftmals Qualität, Tradition und Authentizität |
Differenzierung | Unterschiedliche Differenzierungsmerkmale |
Kommunikation | Anpassung an die Distributionsstruktur |
Entscheidungsprozesse | Unterschiedliche Kompetenzverteilungen in Genossenschaften |
Immaterielle Investition | Grundsätzlich erschwerte aber durchführbare Umsetzung |
Förderzweck | Vereinbarung von Mitgliederförderung und Markenaufbau |
Langfristige Positionierung | Abhängig von der Verteilung der Entscheidungskompetenzen |
Qualitätssicherung | Durch Verträge und Auszahlungssysteme |
Vor-/Nachteile | Grundsätzlich werden mehr Vorteile wahrgenommen |
Fusionsbedingte Markenführung | Häufige Weiterführung der Marken |
Quelle: eigene Darstellung
Der Begriff Marke wird von den Interviewpartnern unterschiedlich dargestellt, so steht teilweise die Markierung im Vordergrund "Für mich ist eine Marke etwas, was man sofort mit einem Slogan oder Motiv verbindet …" (Interviewpartner 9). Andererseits wird die Wiedererkennung als wesentliches Merkmal wahrgenommen "Du darfst etwas verändern, aber du musst als Marke immer erkennbar bleiben" (Interviewpartner 5). Auch das Produktionsvolumen wird als ein zentraler Aspekt angesehen "eine Marke bedarf einer bestimmte Menge"(Interviewpartner 2). Nationale Relevanz, Produktwelten und Emotionen werden vereinzelt als weitere Charakteristika einer Marke beschrieben "Marken sind Produkte die eine nationale Relevanz haben, die eindeutig erkennbar sind und bei denen der Verbraucher nicht nur das Produkt zuordnet, sondern auch Welten, Emotionen und andere Dinge" (Interviewpartner 4). Zudem werden Marken als "Orientierungspunkte für Verbraucher, Vertrauensfelder … die eine Verlässlichkeit bieten" ausgelegt (Interviewpartner 6).
Die dargestellten Dimensionen des Markenverständnisses zeigen, dass keine einheitlichen, sondern vielmehr individuelle Betrachtungen bestehen, die sich teilweise überschneiden. So hat sich kein eindeutiges Merkmal herauskristallisiert, welches von allen Befragten eindeutig einer Marke zugeordnet wird. Im Vergleich zur Begriffserklärung der Marke ist das Verständnis der Befragten weniger umfassend. Auffällig ist weiterhin, dass die Markenführung auf das Markenverständnis aufbaut und in diesem Umfang ausgeübt wird. Stehen beispielsweise die Markierung oder die Distributionsmenge im Fokus des Markenverständnisses, ist dies auch das Hauptargument für die genossenschaftliche Marke.
Ausgehend von den zwei Extrema, Branded House und House of Brands, finden sich unter den befragten Genossenschaften Grundzüge der beiden Ansätze. So konnte unter anderem die Präferenz eines House of Brands Ansatzes erkannt werden. "Im Lebensmitteleinzelhandel praktizieren wir schon eine Markenpolitik, eher eine Produktmarkenpolitik, also (Name der Genossenschaft) ist für uns nicht die Marke. Sondern für uns sind die Marken die einzelnen Weinlinien" (Interviewpartner 6).
Ferner werden auch umfassendere Markenarchitekturen erkenntlich. "Die Dachmarke ist (Markenname), unter der Dachmarke gibt es dann noch unterschiedliche Marken und unterschiedliche Betriebe …, die dann letztendlich als eigenständige Marken, aber in einem großen Betrieb vermarktet werden" (Interviewpartner 3).
Ebenfalls der Ansatz des Branded House wird angesprochen, wobei eine Dehnung der gewählten Strategie ersichtlich wird. "Eigentlich ist die Marke die Genossenschaft kann man sagen, also wir haben da keine Sonderlinien die man versucht als Marke zu platzieren; gut man hat einen Wein der heißt (Markenname), das ist dann so etwas wie unsere Hausmarke, aber den versuchen wir nicht irgendwie auszugliedern oder so. Eigentlich soll die Marke das Unternehmen an sich sein" (Interviewpartner 9). "Ich würde sagen, was uns betrifft, ist (Markenname) die Marke. Wir versuchen das auch auf den Etiketten usw. rauszustellen, der Turm unser Firmenzeichen, der steht immer im Vordergrund … wir haben den (Name eines Weins), wo wir ein bestimmtes Etikett haben, da steht jetzt aber nicht die (Markenname) im Vordergrund, sondern mehr ein Künstleretikett und das ist schon eine gewisse Marke bei uns" (Interviewpartner 2).
Weitere Verständnisse der Markenstrategie werden zudem durch das Miteinbeziehen des Weinanbaugebiets deutlich. "Bei uns ist es so, dass wir eine zweistufige Strategie fahren, wir versuchen Produktmarken zu kreieren … der Begriff Baden als Marke, als Dachmarke, als Verortung, spielt auf unseren Produkten eine große Rolle" (Interviewpartner 4). "Im Premiumbereich, da haben wir die Winzervereinigung im Vordergrund, aber ich glaube, wir dürfen dort nicht unbescheiden sein und deshalb ist (die Region) ganz wichtig für uns. (Die Region) steht bei uns da ziemlich weit im Fokus" (Interviewpartner 5).
Dies zeigt, dass unterschiedliche Markenstrategien umgesetzt werden. Dabei wird klar, dass kaum ein markenstrategischer Ansatz strikt verfolgt wird, sondern vielmehr Mischformen der beiden Extrema, House of Brands und Branded House, existieren. Dies führt teilweise wiederum zu verstrickten Markenarchitekturen.
In Bezug auf die Markenidentität konnten viele ähnliche Aussagen der befragten Personen festgestellt werden. "Die Marke (Markenname) steht für Tradition, Qualität, Verlässlichkeit beim Kunden, Liefertreue, Lieferqualität, Kundenzufriedenheit" (Interviewpartner 3). "Ich würde sagen Tradition, Hochwertigkeit, Qualität und Handarbeit" (Interviewpartner 9). Ursprung, Qualität, Innovation, Modernität, Authentizität (Interviewpartner 1). Nicht nur Qualität, sondern auch die Stetigkeit dieser wird unter anderem als Markenidentität benannt (Interviewpartner 2). Dies wird auch anhand der Linie (Name der Weinlinie) des (Namen der Winzergenossenschaft) deutlich, wonach die Identität ebenfalls durch Tradition und des Weiteren durch das Weinanbaugebiet Baden charakterisiert wird (Interviewpartner 4). Anlehnend an das Weinanbaugebiet, wird mitunter die Heimat als maßgeblicher Aspekt der Markenidentität genannt (Interviewpartner 5). Eine andere Darstellung der Markenidentität wird dadurch beschrieben, dass jede Weinmarke eine eigene Stilistik besitzt und dies durch Sensorik und Produktgestaltung verkörpert (Interviewpartner 7).
Hieraus ist ersichtlich, dass eine Überschneidung der Markenidentitäten bei den befragten Winzergenossenschaften besteht. Ein wesentlicher Bestandteil vieler Markenidentitäten spiegelt sich in den Begrifflichkeiten Qualität und Tradition wider. Hieraus lässt sich schließen, dass sowohl rational fassbare, als auch emotionale Eindrücke in geringem Umfang berücksichtigt werden.
Die Differenzierung wird nach einigen Aussagen durch die Produktgestaltung erzeugt. "Das ist zum einen der Name, … was aber immer mehr kommt ist auch die Ausstattung. Das Auge kauft mit und man muss gewisse Ausstattungen bieten" (Interviewpartner 8) wobei zusätzlich auch das Geschmacksempfinden des Weines als Differenzierungsmerkmal gesehen wird "… durch das Etikett, da es sehr prägnant ist, da es nicht ein nichtssagendes Etikett ist, das jeder haben könnte … Und das entscheidende ist, dass [der Wein] geschmeckt hat" (Interviewpartner 2).
Weiterhin spielen Service und Veranstaltungen zur Differenzierung eine weitere Rolle: "Wir versuchen über eine gute Beratung und Service uns abzuheben und für uns ist es wichtig viele Weinproben und Veranstaltungen zu machen…" (Interviewpartner 9). Durchgängige und strategische verkaufsfördernde Maßnahmen werden auch als wesentliche Merkmale bezeichnet (Interviewpartner 1).
Darüber hinaus wird "…die Qualitätsführerschaft, als beste Winzergenossenschaft Deutschlands …, und das Preis-Leistungsverhältnis“ (Interviewpartner 3) genannt, wie auch Aspekte der Markenidentität. "Was wir versuchen ist Heimat, Heimat, Heimat. Die Leute greifen zu uns weil sie dann etwas Authentisches und Heimat haben" (Interviewpartner 5). Auch steht die Erfüllung eines ganzheitlichen Ansatzes durch Produktgestaltung, Sensorik und Kommunikation, sodass das Produktversprechen gehalten wird, vereinzelt im Mittelpunkt der Differenzierung (Interviewpartner 7). Die genannten Differenzierungsmerkmale zeigen komplementär zur Markenidentität, dass ähnliche Aspekte, wie zum Beispiel die Ausstattung, genannt werden.
Die Ausgestaltung der Kommunikationsmaßnahmen kann differenziert betrachtet werden. So finden einerseits starke Direktkommunikations- und PR-Maßnahmen Verwendung. "Wir setzen in unserer Kommunikation sehr stark auf die Face-to-Face Kommunikation, … es gibt einen (Name der Genossenschaft) Club, was Verbraucherbindung schafft … gewisse Events…" (Interviewpartner 7). "Bei uns im Haus ist es definitiv das Angebot von Weinproben, ...Printmedien machen wir mittlerweile relativ wenig, weil ich da nicht den Eindruck habe, dass die Preise den Gegenwert wiederbringen. Wir versuchen natürlich die neuen Medien dementsprechend zu nutzen…" (Interviewpartner 9).
Auf der anderen Seite sind verkaufsfördernde Maßnahmen primär im Fokus. "Verkaufsfördernde Maßnahmen … als Wein des Monates … Printmedien machen wir relativ wenig, natürlich in diesen firmeneigenen Blättern … das ja, aber große Printmedien, da haben wir das Geld nicht dazu..." (Interviewpartner 2). Das Durchführen einer gezielten Verkaufsförderung wird so auch in den nächsten Aussagen deutlich. "Was üblich ist, sind verkaufsfördernde Maßnahmen… Verkostungen… finden eigentlich wöchentlich irgendwo in Deutschland statt, dann der Internetauftritt Newsletter, all diese Dinge… Die klassische Printmedienwerbung, wie sie jetzt große Unternehmen betreiben sind für uns eigentlich zu teuer" (Interviewpartner 3). Hauptsächlich Verkaufsförderung, Werbung fast nur in Fachzeitschriften, da kein höheres Budget zu Verfügung steht (Interviewpartner 1). "Wir [überweisen] den größten Teil unseres Kommunikationsbudgets an die badische Weinwerbung, [daher] ist eine klassische Markenunterstützung wie man sie aus dem Markenartikelbereich kennt, für diese Linien nicht möglich. Also diese Budgets sind einfach gar nicht da…wir machen viel POS Arbeit … aber keine klassische Kommunikation an den Endverbraucher gerichtet… was wir natürlich tun ist die neuen Medien zu verwenden, also das Thema Internet" (Interviewpartner 4). Vereinzelt ist jedoch auch eine Kombination aus Werbung, PR, Verkaufsförderung und Sponsoring zu erkennen (Interviewpartner 5).
So werden zwei verschiedene Ansätze der primären Kommunikationsmaßnahmen deutlich. Wohingegen manche Winzergenossenschaften auf die Direktkommunikation bedacht sind, sehen andere Genossenschaften ihren Fokus in der Verkaufsförderung. Als einflussreiche Größe zur Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen kann daher die Distributionsstruktur gesehen werden. Wird der größte Verkauf über die Direktvermarktung erzielt, so richtet sich auch hiernach die Kommunikation; ein bedeutender Absatz über den indirekten Vertrieb begünstigt hingegen die Verkaufsförderung. Des Weiteren wird deutlich, dass vor allem Printmedienwerbung als unerschwinglich angesehen wird und generell die Budgets für mehr Kommunikationsmaßnahmen als zu gering bezeichnet werden. Ein weiterer Punkt der oftmals angesprochen wird, ist das zunehmende Engagement im Bereich der neuen Medien.
Auch die Entscheidungsfindung innerhalb einer Genossenschaft gestaltet sich unterschiedlich. So findet eine heterogene Kompetenzverteilung zwischen Geschäftsführer, Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung in den jeweiligen Genossenschaften statt.
Teilweise ist eine starke Zuständigkeit des geschäftsführenden Vorstands oder des Geschäftsführers in Bezug auf den Markenaufbau und -führung gegeben. "Das ist ein Thema das weitgehend hier in der Geschäftsführung liegt, das heißt wir überlassen das nicht dem Zufall, wir überlassen das auch nicht der Generalversammlung. Dem Vorstand und Aufsichtsrat legen wir nur die Markenentwicklungen soweit vor, wenn es um Budgets geht und Grundsätze" (Interviewpartner 5). "Bei uns nennt sich das Vermarktungsrunde… und dann wird das erst mal da besprochen und dann werden die Themen zumindest mal angegangen… dem Aufsichtsrat wird was präsentiert, wenn wir was machen… der Geschäftsablauf hat mit dem Aufsichtsrat nichts zu tun, die werden da nicht integriert" (Interviewpartner 6).
Ferner gibt es auch Genossenschaften, in denen vor allem der Aufsichtsrat stärker in die Entscheidungsprozesse miteingebunden ist. "Es geht natürlich über die Geschäftsführung, gemeinsam mit dem Vorstand und dann geht es in den Aufsichtsrat. Das sind die Gremien die eigentlich entscheiden… Es gibt klare Richtlinien, was ein Geschäftsführer darf, was ein Vorstand darf" (Interviewpartner 8). "Es gibt Beträge bis zu einer Obergrenze kann der Vorstand selbst entscheiden und was darüber raus geht, muss der Aufsichtsrat mitentscheiden…Die Generalversammlung entscheidet eigentlich nur dann mit, wenn es um den Erwerb oder Verkauf von Grundstücken oder Gebäuden geht, aber das operative Geschäft macht Aufsichtsrat und Vorstand" (Interviewpartner 3). "Die Gremien sind da immer beteiligt, weil die Gremien ja eine starke Stellung in einer Genossenschaft haben, der Vorstand und auch der Aufsichtsrat… Die Generalversammlung die wählt ja den Aufsichtsrat und Vorstand… da gibt es keine Rückkoppelung, außer … bei großen Veränderungen der Geschäftspolitik" (Interviewpartner 7).
Es finden sich auch Winzergenossenschaften, in denen Geschäftsführer oder geschäftsführender Vorstand über das operative Geschäft verfügen, die Generalversammlung jedoch durch gewisse Budgetgrenzen über ein höheres Mitspracherecht verfügt. "Vorstand und Geschäftsführer dürfen Investitionen bis 40.000 Euro absegnen, darüber hinaus muss der Aufsichtsrat zustimmen und ab einer Höhe von 500.000 Euro muss dann die Generalversammlung mit zustimmen. Und ansonsten alles, was so im operativen Bereich liegt, ist Sache des Geschäftsführers teilweise dann auch in Abstimmung mit dem Vorstand" (Interviewpartner 9). "Bei uns hat der Vorstand Entscheidungsgewalt über bis zu 150.000 Euro... Alles was darüber geht an Investitionen muss dann die Generalversammlung entscheiden… Als geschäftsführender Vorstand… ist die Entscheidungsgewalt wesentlich größer. Vor Jahren war das noch etwas schwieriger… das ist heute nicht mehr so, da habe ich von meiner Person her eine recht hohe Entscheidungsgewalt" (Interviewpartner 2).
Generell kann festgestellt werden, dass die operativen markenpolitischen Entscheidungen vom geschäftsführenden Vorstand oder Geschäftsführer, in teilweiser Absprache mit dem Vorstand, getroffen werden. Jedoch sind größtenteils Budgetgrenzen festgelegt, die festsetzen, inwiefern die einzelnen Gremien in den Entscheidungsprozess integriert werden. Überwiegend konnte jedoch eine gewisse Unabhängigkeit von der Generalversammlung erkannt werden, da diese meist nur in Grundsatzentscheidungen miteinbezogen wird. Die Einflussgröße des Aufsichtsrats ist generell höher zu bewerten. Schlussfolgernd ergibt sich hieraus eine individuelle Entscheidungsstruktur einer jeden Winzergenossenschaft, was ebenfalls durch den bereits erläuterten spezifischen Aufbau begünstigt wird.
Entscheidungen zur Investition in immaterielle Güter spielen in einigen Winzergenossenschaften eine größere Rolle als in anderen. Dies hängt wiederum mit den bereits erläuterten Budgetgrenzen und Entscheidungskompetenzen der einzelnen Organe zusammen. Findet eine größere Beeinflussung durch die Gremien statt, so kann eine Begünstigung von Sachinvestitionen festgestellt werden. "Das sind längere Prozesse, bis die Entscheidungen durch sind. Das macht es vielleicht auch manchmal schwieriger in der Genossenschaft, weil man einfach langsam ist bei solchen Geschichten; aber das merkt man schon, dass alles was in Richtung Vertrieb geht, als nicht so wichtig angesehen wird und alles was im Keller passiert, muss gleich gemacht werden" (Interviewpartner 9). Erklären lässt sich dies dadurch, dass "in Genossenschaften… der Hauptfokus auf dem Thema Erzeugung liegt, da haben die Mitglieder primär ihre Kompetenz… und alles andere ist für die weiter weg. Und deshalb ist es auch schwerer das durchzusetzen" (Interviewpartner 7).
Zum Teil sind jedoch auch die Mitglieder an einer stärken Marktorientierung durch den geschäftsführenden Vorstand oder Geschäftsführer interessiert. "…die Winzer sagen auch, wir sind nicht am Markt dran, wie du dran bist. Und das musst du wissen, du bist der Fachmann" (Interviewpartner 2). So wird mitunter ein gewisser Wandel erkennbar, denn "…auch die Weingärtner sehen, dass am Markt der Krieg gewonnen wird und nicht mehr im Keller. Klar werden die Investitionen getätigt, aber man investiert auch in den Markt und das ist wichtig, dass das die Gremien erkennen" (Interviewpartner 8).
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Tendenz zu Sachinvestitionen besteht. Durch einen gewissen Wandel im Bewusstsein der Mitglieder sind jedoch auch immaterielle Investitionen einfacher umsetzbar.
Die Unterkategorie "Förderzweck" soll einerseits zeigen, ob im Allgemeinen ein Konflikt zwischen Markenführung und Mitgliederförderung wahrgenommen wird und andererseits, wie es möglich wird Traubengeldauszahlungen auf der einen Seite möglichst hoch zu setzen und auf der anderen Seite Markeninvestitionen zu tätigen.
Größtenteils wird die Marke als vorteilhafter Aspekt zur Sicherung und Maximierung der Traubengelder gesehen. "Ich denke nicht, dass das einen gewissen Konflikt herbeiführt, denn …im Endeffekt wollen wir die Mitglieder insofern fördern, dass wir ihnen Traubengeld geben und das wollen wir ja dann generieren indem wir Marken aufbauen, sodass wir nicht mehr austauschbar sind am Markt" (Interviewpartner 8). Näher wird deutlich, dass "…das eine dem anderen [dient]. Die Marke aufzubauen, zu positionieren, sie stark zu machen dient ja nur der Festigung, Erhöhung und Sicherung der Einkommen der Mitglieder. Es gehört beides zusammen" (Interviewpartner 3). Zudem wird ersichtlich, dass "…eine Marke identitätsbildend [ist] und die Mitgliedswinzer stolz sind, wenn man eine imageträchtige Marke draußen hat… es können sich alle mit der Marke… identifizieren und sind dann stärker und geschlossener dabei. Der Erfolg zeigt sich… auch bei den Winzern im Sinne von Auszahlungsleistungen" (Interviewpartner 7).
Die Vereinbarung von Markeninvestitionen und Traubengeldauszahlungen wird jedoch oft als schwierig angesehen. "Das ist mit das Hauptproblem, vor dem wir Geschäftsführer eigentlich stehen. Das ist manchmal ganz schwierig die [Mitglieder] wirklich von Sachen zu überzeugen, die aus Sicht der Geschäftsführung essentiell und unabdingbar sind … Und da werden meiner Meinung nach auch manchmal die falschen Entscheidungen getroffen. Manchmal denken die [Mitglieder] dann nicht als Aufsichtsrat der Genossenschaft oder als Vorstand, sondern als Mitglied und schauen eher auf ihre eigene Bilanz, als auf die Bilanz der Genossenschaft. Obwohl die Entscheidungen ja immer dazu führen sollen, die Mitglieder wirklich nachhaltig zu fördern und die Existenz zu sichern" (Interviewpartner 9).
Eine Möglichkeit, um Markeninvestitionen tätigen zu können, ist die Zufriedenheit der Mitglieder zu steigern. "Das entscheidende ist was der Winzer pro Hektar bekommt. Da liegen wir ganz gut, und vorne mit dabei und da sind die Entscheidungen für Neuentwicklungen oder neue Investitionen leichter zu treffen, wie wenn die Bilanz nicht so gut aussieht" (Interviewpartner 2). Zum anderen können Bedeutung und Wert der Investition aufgezeigt werden, wodurch eine langfristige Förderung überhaupt erst möglich wird. "Den Leuten begreiflich machen, dass sich Investitionen auf Dauer immer auszahlen werden" (Interviewpartner 5).
Weiterhin kann durch die Identifikation der Mitglieder mit der Genossenschaft und den Projekten die Begeisterung für Maßnahmen der Markenführung erhöht werden, wodurch wiederum eine Umsetzung der Vorkehrungen erleichtert wird. "Deshalb gilt es, …die Dinge so zu kommunizieren und zu informieren, dass jeder das Gefühl hat, dass er Teil des Prozesses ist" (Interviewpartner 4).
Andere Ansätze sind "…ein starkes Kostenmanagement [zu] betreiben, sodass dann für die Winzer das Maximum im Sinne von Traubengeldauszahlungen übrig bleibt. Jedes neue Konzept muss [dabei] besser sein als ein altes Konzept und auch in der Wertschöpfung mehr bringen" (Interviewpartner 7). So können gewisse Sparmaßnahmen durchgeführt werden, um dem Prinzip der Mitgliederförderung nachkommen zu können. (Interviewpartner 3). Außerdem kann das Vertrauen in die Führungskräfte ausgebildet werden, wodurch auch hier eine tendenziell höhere Zustimmung zu Konzepten erfolgen kann. "Wenn Sie eine 5-Jahresplanung machen und dort Zahlen hinterlegen, dann bekommen Sie immer nur so viel Vertrauen wie Sie hinterher auch letztlich verdienen. Wenn sie dort irgendwelche Ziele definieren und diese Ziele nicht erreichen, dann steht so was schnell in Frage" (Interviewpartner 4). Schließlich kann ein Markenaufbau in einer Genossenschaft auch durch die Einplanung einer längeren Dauer erfolgen (Interviewpartner 1). So werden weniger Maßnahmen pro Zeitraum durchgeführt und die notwendigen Gedächtnisstrukturen des Konsumenten über eine längere Zeit hinweg gebildet.
Insgesamt werden der Markenaufbau oder die Markenführung also nicht als widersprüchlich im Hinblick auf die Mitgliederförderung gesehen. Vielmehr besteht die grundsätzliche Meinung, dass sich diese beiden Aspekte ergänzen. Die Umsetzung von Markeninvestitionen und die Gewährung hoher Traubengeldauszahlungen werden hingegen überwiegend als schwierig betrachtet. Die Steigerung der Zufriedenheit, das Aufzeigen der Bedeutung von Investitionen zur langfristigen Förderung, die Steigerung der Identifikation der Mitglieder mit der Genossenschaft, das Kostenmanagement, die Vertrauensbildung in Führungskräfte und die Einplanung einer längeren Dauer sind jedoch einige Möglichkeiten, um dies zu befähigen.
Die Kontinuität der Markenführung ist von den bereits beschriebenen Entscheidungsprozessen in einer Winzergenossenschaft abhängig. Ist der Vorstand maßgeblich an der Markenführung beteiligt, so kann die Kontinuität des Markenauftrittes durch einen Amtswechsel gefährdet werden. "Wenn Sie eine Kontinuität in den Personen haben, …dann bekommen sie auch eine Markenkontinuität hin, wenn Sie eine hohe Fluktuation haben, …dann ist die Gefahr groß, dass eine Kontinuität in der Markenführung nicht gewährleistet wird… Wenn Sie Vorstandswechsel haben mit dem Ressort Marketing/Vertrieb dann …spiegelt sich [das] in den Marken auch wider" (Interviewpartner 4). Daher "… sollte [man] schon bestrebt sein länger als drei Jahre den Vorstand aufrecht zu erhalten…" (Interviewpartner 3).
Eine gewisse Kontinuität wird auch durch eine sogenannte rotierende Wahl der Vorstände möglich. "Die Amtszeiten sind immer drei Jahre und die [Vorstände] werden rotierend gewählt, …sodass man mit dem Gremium nicht wieder ganz von vorne anfängt… da ist eine Kontinuität schon gegeben" (Interviewpartner 7).
Wird die etablierte Marke von der gesamten Genossenschaft und dem Enthusiasmus der Mitglieder gestützt, wird dies als zureichende Bedingung für einen kontinuierlichen Markenauftritt gesehen. Nur ein einschneidender Wechsel sowohl in Vorstand als auch Geschäftsführung kann demnach die Kontinuität beeinflussen. "…die Marke hat ein Gesamtgremium getragen… die Genossenschaft steht dahinter und sollte ein Vorstand mal nicht mehr Vorstand sein, wird es kontinuierlich weitergehen. Es sei denn, auch die Geschäftsführung wird ausgetauscht…" (Interviewpartner 8).
So ist in Genossenschaften einerseits die Stetigkeit der Markenführung durch den Vorstand und dessen Amtszeiten beeinflussbar, wobei jedoch zu erwähnen ist, dass eine Wiederwahl grundsätzlich möglich ist. Andererseits kann die Markenkontinuität auch durch die bereits erwähnte Pfadabhängigkeit und den Einfluss der übrigen Gremien eingeschränkt werden.
So ergibt sich die Problematik, dass teilweise nicht die notwendigen markenpolitischen Entscheidungen getroffen werden. "[Die Mitglieder] dürfen durch ihre Gremienarbeit natürlich mitsprechen und mitentscheiden und das ist manchmal der Fehler. Da trifft kaufmännischer Bereich und Weingärtner aufeinander und da ist es schwierig zu vermitteln. Ich glaube schon, dass das bremst teilweise" (Interviewpartner 9). Anders formuliert kann ebenfalls die gleiche grundsätzliche Problematik festgestellt werden: "Das ist auch in der Entscheidungsfindung sicherlich ein Stück weit ein Problem, weil die Gremienmitglieder sind ja alle erzeugende Winzer…, aber sind ein Stück weit vom Markt weg. Da ist man immer geneigt, von der Erzeugung zu denken… da ist das operative Management sehr stark gefordert… Insofern sind die Entscheidungsprozesse nicht so einfach und da muss man sehr sensibel sein in seiner Entscheidungsfindung und auch wie man eine Entscheidung im Unternehmen durchsetzt und umsetzt" (Interviewpartner 7).
Um dieser Problematik zu entgehen, besteht auch die Möglichkeit die Prozesse des Markenaufbaus und der Markenführung weitestgehend auszugliedern. "Also wir nutzen zu dieser Markenbildung auf der einen Seite ein Designbüro die schauen, ob das was wir uns gerade ausgedacht haben mit der Marke in Übereinstimmung zu bringen ist, …und auf der anderen Seite das Pressebüro, das Presseerklärungen und alles seriös… immer an der Marke entwickelt" (Interviewpartner 5)
Wie dargestellt wurde, sind generelle Problematiken der kontinuierlichen Markenführung, sei es durch beschränkte Amtszeiten des Vorstands oder die Einflussnahme der einzelnen Gremien, gegeben. So ergab die durchschnittliche Amtszeit der Vorstände in den befragten Winzergenossenschaften 4,4 Jahre, was somit unter der durchschnittlichen Beschäftigungszeit eines CEOs liegt. Zur Prävention dieser Probleme besteht jedoch auch die Möglichkeit der Wiederwahl.
Im Bereich der Gewährung einer hochwertigen und gleichbleibenden Weinqualität sind in den befragten Genossenschaften ähnliche Maßregelungen zu erkennen. Grundsätzlich werden in den Winzergenossenschaften Verträge festgesetzt, Bonituren und Kontrollen durchgeführt und dementsprechend die Winzer ausbezahlt. "Es ist ja nicht so, dass wir sagen, ja ihr baut jetzt mal an und das was ihr habt liefert ihr ab. Sondern da gibt es Qualitätsprogramme die dahinterliegen" (Interviewpartner 4). Zum Zweck der Kontrolle und der Bonitur sind dafür hauptsächlich die Gremienmitglieder selbst oder auch Qualitätsmanager verantwortlich. "Wir gehen… mit relativ großem personalem Aufwand, …Vorstand und Kellermeister durch die Weinberge. Wir haben mittlerweile eine Qualitätsmanagerin die dort insgesamt dreimal hingeht und immer wieder bonitiert" (Interviewpartner 5).
Kontrolliert werden die unterschiedlichsten Aspekte und auch die Auszahlung erfolgt nach mehreren Kriterien. "Von Laubarbeit über Ertragsreduzierung… und wenn jemand seine Aufgaben vorneweg nicht erfüllt, kann es sein, dass er aus der höheren Qualitätsstufe ausgeschlossen und wieder zurückgestuft wird, was eine finanzielle Einbuße dann auch darstellt…. Wenn bei der Lese schlechtes Material reinkommt hat man über den Qualitätsfaktor die Möglichkeit dort auch Abstufungen zu treffen. Wenn wir schon während dem Jahr feststellen, dass jemand unsauber arbeitet im Weinberg [kann es sein], dass er aus einem Sternebereich ausgeschlossen und in den Basisbereich zurückgestuft wird. Oder man bei schlechter Laubarbeit von vorneherein zehn Prozent abschlägt" (Interviewpartner 9). Allgemein bedeutet dies: "Letztendlich packt man [die Winzer] am Geldbeutel, sonst würde das wohl nicht funktionieren" (Interviewpartner 9).
Abgesehen von diesen Maßnahmen kann in kleineren Genossenschaften die Weinqualität erhalten werden, "…weil man eine ganz gute Selbstregulierung hat. Die Weingärtner kennen sich untereinander und jeder weiß, welcher Weinberg wem gehört und jeder verhindern will, dass über einen selbst gesprochen wird" (Interviewpartner 9). Dies deutet darauf hin, dass Winzergenossenschaften in der Lage sind hochwertige und konstante Weinqualitäten für eine Marke zu erbringen. Hierdurch ist somit der Grundbaustein für eine Weinmarke gelegt.
Von den Befragten wird das schlechte Image als eine große Problematik angesehen. "Ich glaube das Problem, dass die Genossenschaften haben ist, dass es in den Köpfen der Verbraucher noch zu sehr verankert ist, das schlechte Image. Und ein schlechtes Image ist ganz schwierig abzulösen durch eine Marke..." (Interviewpartner 9). "…Ich glaube die Zukunft des Genossenschaftswesens hängt davon ab in wie weit man es schafft, dass man Genossenschaften, das Wort, zukünftig positiv besetzt" (Interviewpartner 4). Auch die beschriebenen Entscheidungsprozesse werden als problematisch, jedoch nicht als nachteilhaft beschrieben. "In einer Genossenschaft hängt dann doch noch das Gremium dahinter… und da sind die Entscheidungsprozesse dann doch etwas länger, wobei das nicht von Nachteil sein muss, denn dann überlegt man doch lieber zwei- bis dreimal" (Interviewpartner 8).
Bezüglich der festgelegten Annahme der Trauben von Mitgliedern bestehen unterschiedliche Meinungen. So wird dies einerseits als unvorteilhaft in Bezug auf die Reaktionen auf Marktveränderungen angesehen. "Wir müssen ja die Trauben unserer Winzer annehmen… unabhängig davon, ob der Markt Grauburgunder will oder Dornfelder will… Eine Kellerei agiert dann auf den Markt deutlich flexibler, weil die kaufen das was sie brauchen" (Interviewpartner 3). Im Gegensatz dazu steht der Standpunkt, dass durch die vertraglich gebundenen Winzer die Beschaffungsseite der Winzergenossenschaften als positiv zu bewerten ist. "Wir haben vertraglich gebundene Winzer, die auf jeden Fall hier abliefern müssen und Mengen, mit denen wir jedes Jahr rechnen können…" (Interviewpartner 6). Zudem wird die Möglichkeit der qualitativen Maßregelung in Genossenschaften im Gegensatz zu Kellereien als Vorteil gesehen, ebenso wie die Rückverfolgbarkeit. "Bei Kellereien haben wir das Problem, dass eben die Qualitätskontrolle nicht da ist... Wir als Genossenschaft haben den Vorteil, dass wir das schon allein von den Rebsorten her besser steuern können…, und auch in der Nachhaltigkeit und EFS-Geschichte, wir sind zertifiziert... und ich frage, wo ist da die Möglichkeit bei der Kellerei, die nicht den Durchblick hat bis zum Winzer. Wir haben den Kontakt zum Winzer und können das auch rückverfolgen" (Interviewpartner 2).
Ausgehend von einem allgemeineren Gesichtspunkt, wird abschließend noch eine Problematik deutlich, die ebenfalls in der Unterkategorie "Investition in immaterielle Güter" aufgezeigt wurde. "Ich denke in Genossenschaften sind die Strukturen über die Mitglieder, über die Gremien eher dazu ausgelegt, vom Produkt her zu denken… von der Erzeugung und man von dieser Denke her den Wein verkauft… und ich glaube, das Schwierigere ist, dieses Denken ein Stück umzudrehen [und vom Markt her zu denken]... Das ist insgesamt bei dem Thema Marke die Herausforderung für Genossenschaften" (Interviewpartner 7.
Die verfolgten Strategien der Markenführung nach Fusionen von Winzergenossenschaften, zeigen eine vielfältige Bandbreite an Möglichkeiten. So wurden diverse Perspektiven der Weiterführung aber auch die Variante der Eliminierung aufgezeigt.
Zwei der befragten Genossenschaften stellten dar, dass nach der Fusion keine Übernahme der Marken stattgefunden hat. "Wir haben von Anfang an keine (Name der Genossenschaft) Weine mehr im Sortiment gehabt. Sondern es war von Anfang an das Weinsortiment der (Name der Genossenschaft) und die Fläche ist halt mit eingeflossen" (Interviewpartner 9). "(Name der Genossenschaft) wurde eingegliedert, es war eine kleinere Genossenschaft, auch da hat man keine Ideen gehabt eine eigene Marke zu machen… bei (Name der Genossenschaft) hätte es sich schon eher gestellt, aber (Name der Genossenschaft) war so bekannt nicht… da hat sich bei uns die Frage eigentlich nicht gestellt, dass wir da eine eigene Marke nochmal machen" (Interviewpartner 2).
Des Öfteren wurde der Weg der Übernahme dargestellt. Hierzu wäre einerseits das "Zwei-Markenkonzept" mit unterschiedlichen Distributionsstrukturen zu nennen, wobei beide Marken in der Außendarstellung unabhängig voneinander weitergeführt werden (Interviewpartner 1). Im Gegensatz dazu steht die Möglichkeit der Integration als Einzelmarke. Dabei wird die bestehende Marke nach der Fusion in das Sortiment integriert. "Die Marke wurde beibehalten für die Weine, die aus (Name der Genossenschaft) kommen" (Interviewpartner 7).
Eine weitere Strategie charakterisiert sich durch die Übernahme der einzelnen Marken und einer Stützung durch eine übergeordnete Unternehmensmarke. "Wir fahren ganz klar die "Vier-Markenstrategie", es war lange die Diskussion, ob wir unsere Marken einstampfen und nur auf die (Name der Genossenschaft) gehen, das wollten wir nicht weil wir einfach die weiteren Marken hatten. Das sind eingeführte Marken und die wollten wir dann auch dann weiter treiben und zusätzlich noch die Marke (Name der Genossenschaft) aufbauen" (Interviewpartner 8). So wurden auch nach den Fusionen der (Name der Genossenschaft) die einzelnen Marken beibehalten und heute unter der Unternehmensmarke (Name der Genossenschaft) vertrieben (Interviewpartner 3). Dadurch werden die zuvor aufgebauten Marken nicht unabhängig weiter geführt, gehen jedoch auch nicht vollständig im Sortiment unter.
Deutlich wird, dass viele verschiedene Möglichkeiten der Markenführung nach Fusionen bestehen. Überwiegend findet bei den befragten Winzergenossenschaften jedoch eine Weiterführung aller bestehenden Marken statt.
Das Markenverständnis bildet die Grundlage eines jeden Markenaufbaus und setzt somit wesentliche Maßstäbe für die weitere Führung der Marke. Wie schon dargestellt wurde, verfügen die Interviewpartner über unterschiedliche Ansichten, welche Kriterien eine Marke zu erfüllen hat. Hiernach richtet sich in den meisten Fällen ebenfalls die Markenpolitik. Während einige Genossenschaften ganz bewusst formulieren, dass versucht wird eine Marke zu kreieren, titulieren andere Winzergenossenschaften ihre Produkte ausdrücklich als Marken.
Da zwischen dem individuellen Markenverständnis und den eigentlichen Aspekten einer Marke mitunter eine starke Diskrepanz besteht, stellt sich jedoch in vielen Fällen die Frage, ob die interviewten Genossenschaften tatsächlich über Marken oder vielmehr markenähnliche Produkte verfügen. Dies soll im weiteren Verlauf dieser Diskussion näher erörtert werden, wobei zugleich eine Gegenüberstellung der Problemursachen erfolgt.
Die Auswertung der Unterkategorien Markenidentität und Differenzierung hat gezeigt, dass sich diese in den meisten befragten Genossenschaften überschneiden. Die genannten Aspekte zur Differenzierung sind weiterhin leicht austauschbar und nachahmbar, da ein Etikettendesign oder auch das Angebot eines guten Services nicht als Alleinstellungsmerkmal (Unique Selling Proposition, USP) genügen. Der Grund für die geringe Ausgestaltung eines USPs ist wiederum auf das bestehende Markenverständnis zurückzuführen. Da wesentliche Charakteristika einer Marke nicht wahrgenommen werden, sind diese auch nicht in der Ausgestaltung der Markenführung berücksichtigt. Eine Ursache der eingegrenzten Umsetzung der Markenführung resultiert somit möglicherweise aus dem noch ausbaubaren Wissen bezüglich des Markenkomplexes. Diese Problematik ist jedoch nicht als genossenschaftsspezifisch zu beschreiben, da ähnliche Vorstellungen zur Markenidentität oder Differenzierung auch in Weingütern und Weinkellereien bestehen.
Bei diesem Punkt sollte jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in vielen Winzergenossenschaften auch Personen aus dem klassischen Markenartikelbereich tätig sind und über ein grundlegendes Markenverständnis verfügen. Daher soll nun näher auf die Ergebnisse der theoretischen Analyse im Zusammenhang mit der Empirie eingegangen werden.
Die Interviews lassen gerade im Hinblick auf die Unterkategorie Kommunikation einen wesentlichen Problempunkt erkennen. So werden in fast allen Winzergenossenschaften geringe Budgets bemängelt, wodurch eine Hemmung der Markenbekanntheit erfolgt. Zu geringe Budgets sind jedoch in wohl allen Unternehmen und den unterschiedlichsten Unternehmensrechtsformen zu finden, da grundsätzlich der Wille zu einer stärkeren Kommunikation besteht. Vielmehr können die dargestellten Entscheidungsstrukturen in einer Winzergenossenschaft die Verwendungsbefugnisse über gewisse Budgets einschränken. In der theoretischen Analyse wurde dies bereits unter dem Begriff Influence-Cost-Problem dargestellt. Und auch aus der Auswertung der Interviews ergibt sich, dass oftmals bestimmte Budgetgrenzen vorherrschen, in denen die einzelnen Gremien frei agieren können. Hierdurch entsteht ebenfalls ein Mangel notwendiger Gelder, wobei die Ursache jedoch aus der institutionellen Organisation resultiert. Verfügt der Geschäftsführer, respektive geschäftsführender Vorstand also über zu geringe Kompetenzen in der Budgetverfügung, können größere Markeninvestitionen durch das Prinzip der Selbstverwaltung, also das Mitspracherecht der Mitglieder über die Gremien, verhindert werden. Weiterhin erscheint das Prinzip des Förderzwecks einschränkend. Wie die theoretische Analyse zeigte, kann durch hohe Markeninvestitionen der Zweck der höchstmöglichen Mitgliederförderung nicht mehr erfüllt werden. Die empirische Analyse widerlegte zwar, dass hierdurch eine Grundsatzproblematik entsteht, erbrachte jedoch die Bestätigung, dass gewisse Maßnahmen wie ein strategisches Kostenmanagement oder die Einplanung einer längeren Dauer zur Markenetablierung notwendig sind.
Im Hinblick auf die vielmals gewählte Strategie der Weiterführung nach Fusionen, ergibt sich im Zusammenhang mit dem genannten Budgetmangel ein gewisser Widerspruch. So wurde der Markenaufwand generell als hoch und die Vereinbarkeit von Markeninvestitionen und Mitgliedsförderung als Spagat zwischen beiden Angelpunkten angesehen. Jedoch konnte primär eine Weiterführung der meisten Marken oder markenähnlichen Produkten nach einer Fusion festgestellt werden, was wiederum zu einem Mehraufwand in der Markenpolitik führt. Der eigentliche Zweck von Fusionen, nämlich eine Schaffung von Synergien und daraus resultierende Kostenersparnisse, werden somit oft nur auf der Produktionsseite generiert.
Die Kontinuität der Markenführung wurde bereits in der theoretischen Analyse kritisch beleuchtet. Die empirische Analyse zeigt, dass die Amtszeiten der Vorstände mit 4,4 Jahren etwas unterdurchschnittlich sind. Jedoch wurde weiterhin deutlich, dass ein Ende der Amtsperiode nicht als kategorischer Endpunkt der Amtszeit anzusehen ist. Eine Wiederwahl, die in den meisten Fällen erfolgt, ist vorwiegend bis zum 65. Lebensjahr immer möglich. Hieraus ergeben sich häufig langjährige Besetzungen der Vorstände, was also tendenziell eine langfristige Positionierung und die kontinuierliche Markenführung fördert. Zudem ist es möglich, einen Geschäftsführer oder auch Marketingleiter einzustellen, der für die Kontinuität Sorge trägt. Weitere Aspekte die die Markenkontinuität gefährden können, bedingen sich durch das aufgezeigte Influence-Cost- und Control-Problem. So können die Entscheidungsprozesse und das daraus resultierende Influence-Cost-Problem nicht nur die bereits beschriebenen notwendigen Investitionen in eine Marke behindern, sondern auch eine langfristige Positionierung der Marke gefährden. Durch wesentliche Mitspracherechte verschiedener Gremien kann vor allem durch divergierende Interessen (Control-Problem) das klare Profil einer Marke verzerrt werden. Diese Problematik konnte in der empirischen Analyse nur bedingt festgestellt werden.
Wie die Befragungen der neun Winzergenossenschaften zeigen konnten, bestehen effektive und ähnliche Regelungen, um eine gleichbleibende und hochwertige Weinqualität liefern zu können. Die Auswertung verdeutlicht die allgemein angewandte Möglichkeit der Bonitur mit anschließenden Kontrollen und qualitätsorientierten Auszahlungssystemen. Hierdurch kann eine Weinmarke also stark profitieren, da im Gegensatz zu anderen Unternehmensformen ein unmittelbarer Kontakt zum Erzeuger besteht, die Qualität weitestgehend gesichert werden kann und ebenfalls die Rückverfolgbarkeit ermöglicht wird.
Die Investition in immaterielle Güter wurde aus theoretischer Sicht vorangehend als problematisch bewertet. Dies bestätigte sich teilweise durch die geführten Interviews. So besteht in vielen Winzergenossenschaften eine Tendenz zu Sachinvestitionen, was sich ebenfalls durch das Prinzip der Selbstverwaltung ergibt. Die Mitglieder, welche stark an der Erzeugung und Produktion orientiert sind, übernehmen in vielen Fällen jedoch zugleich die Führungsposition. Eine Neigung zu Sachinvestitionen, bedingt durch die Bodenständigkeit und das Involvement in Bezug auf die Erzeugung, kann jedoch den Blick auf notwendige immaterielle Investitionen versperren. Unter anderem deutet dieser Aspekt auf die Überlegung hin, anstatt eines Markenaufbaus eine andere strategische Ausrichtung in einer Genossenschaft vorzunehmen.
Aus der dargestellten Diskussion geht hervor, dass eine Markenbildung und -führung in Winzergenossenschaften problematisch sein kann. Werden jedoch gewisse Aspekte beachtet können fundamentale Bausteine gelegt werden, um dies zu ermöglichen. Das Problem der notwendigen und hohen Investitionstätigung kann gelöst werden, wenn durch die Satzung ein relativ hoher Budgetrahmen für den geschäftsführenden Vorstand oder Geschäftsführer gegeben wird. Denn eine Marke profitiert wesentlich davon, wenn höhere Summen für Marktforschungen oder ähnliches ausgegeben werden können, ohne dabei das Einverständnis verschiedener Gremien einholen zu müssen. Nicht nur in Bezug auf die Verwendungsbefugnisse über die Budgets, auch die generelle Entscheidungskompetenz bezüglich der Marke sollte hauptsächlich bei ein bis zwei Personen liegen. So muss hier das Prinzip der Selbstverwaltung in seiner Ausführung etwas reduziert werden, um zu bewerkstelligen, dass keine institutionell begründete Pfadabhängigkeit entsteht. Die Entscheidungsträger können somit über die vielfältigen Meinungen der Gremien hinweg die Entscheidungen treffen. Hierdurch wird eine kontinuierliche Markenführung durch eine langfristige Positionierung möglich. Des Weiteren sollte die Weiterführung einer Marke nach einer erfolgten Fusion kritisch hinterfragt werden; denn ein ausschließlicher Kostenvorteil seitens der Erzeugung sollte im Hinblick auf eine strategische Markenführung nicht im Fokus stehen.
Wird also eine Marke in einer Winzergenossenschaft aufgebaut, so müssen in der Konsequenz freie Verwendungsbefugnisse über Budgets und unabhängige Entscheidungen gewährt werden. Ebenso muss eine eventuelle Eliminierung von Marken nach einer Fusion in Betracht gezogen werden.
Die aufgezeigten Bedingungen sind grundlegend, verlangen jedoch auch eine große Überwindung, da die Markenführung hierdurch nur wenigen Personen obliegt. Ist daher eine Winzergenossenschaft für diesen Schritt nicht bereit, sollte genau darüber nachgedacht werden, ob eine Marke die richtige Wahl ist. Denn das Grundprinzip einer jeden Genossenschaft bleibt der Förderzweck, wodurch wiederum die genannte Problematik von Markeninvestitionen entstehen kann. Deshalb stellt sich die Frage, ob es nicht auch andere Möglichkeiten gibt, um der Mitgliederförderung nachzukommen.
Hier ist die Eventualität der Produktion einer Handelsmarke eine wesentliche Alternative.
Im Bereich der Handelsmarken lassen Handelsbetriebe Produkte mit einem bestimmten Waren- oder Firmenzeichen versehen, um somit als Eigner oder Dispositionsträger zu fungieren. Die Vorstellung, dass Handelsmarken nur eine preisgünstige Alternative gegenüber Markenartikeln sind, lässt sich heute nur noch teilweise bestätigen. Vielmehr reicht das Spektrum der Handelsmarke über alle Preissegmente hinweg (6).
Diese Möglichkeit wird bereits jetzt von einigen Winzergenossenschaften in Anspruch genommen, woraus sich einige Vorteile ergeben. Wie bereits dargestellt wurde, impliziert die dargestellte Präferenz von Sachinvestitionen, dass viele Winzergenossenschaften stark an der Produktionsseite und weniger an der Vermarktung interessiert sind. Durch die Fokussierung einer Handelsmarkenabfüllung kann demnach die Produktion, die eigentliche Kernkompetenz einer Winzergenossenschaft im Zentrum stehen. Kostspielige Investitionen und zeitaufwändige Förderungsmaßnahmen einer Marke werden somit ausgegliedert. Zwar benötigt eine Handelsmarke ebenfalls eine Marktorientierung, diese ist jedoch als weniger kostenaufwändig anzusehen. Ein weiterer Vorteil von Winzergenossenschaften bezüglich einer Handelsmarke ist die Qualitätssicherung. So kann weitestgehend eine gleichbleibende und hochwertige Qualität gewährt werden, ebenso wie die notwendige Rückverfolgbarkeit.
Ein Gegenargument für solch ein Unterfangen könnte sein, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl der Genossenschaftsmitglieder unter einer solchen Strategie leidet und die Mitglieder kaum Zugehörigkeit zu ihrer Winzergenossenschaft verspüren. Hierfür kann eine kleine Eigenlinie ohne große Marketingmaßnahmen kreiert und direkt vor Ort verkauft werden. Da die meisten Winzergenossenschaften bereits über eine Vinothek verfügen, würde somit kein Mehraufwand entstehen und die Identifikation der Mitglieder mit der Genossenschaft gesteigert werden. Insgesamt ist zu beachten, dass eine Orientierung an Handelsmarken meist in die Strategie der Kostenführerschaft mündet.
Der Grundsatz dieser Strategie ist es, Größenvorteile des Betriebs zu nutzen und somit die niedrigsten Kosten innerhalb der Branche zu verwirklichen. So steht die Produktion zu niedrigeren Kosten im Mittelpunkt, jedoch sollten auch Qualitäts- und Serviceaspekte nicht völlig vernachlässigt werden. Durch die kostengünstige Produktion ergibt sich demnach eine vorteilhafte Ertragssituation für die Unternehmen (17, S. 158). Hierdurch können Produkte auch zu niedrigeren Preisen angeboten und von Handelsunternehmen bevorzugt erworben werden. Wie jede Strategie kann auch die Kostenführerschaft zu Nachteilen führen. Zwar müssen keine aufwändigen Werbemaßnahmen oder ähnliches betrieben werden, jedoch können unter anderem langandauernde Preiskämpfe das Unternehmen bedrohen (17, S. 159).
Letztendlich bleibt es die Entscheidung einer jeden Winzergenossenschaft, welche Strategie verfolgt wird. Wie dargestellt wurde ist die Etablierung einer Marke jedoch nicht die einzige Möglichkeit, um dem Förderzweck nachkommen zu können.
Winzergenossenschaften nehmen in Deutschland eine bedeutsame Stellung ein. Auf der Konsumseite zeigt sich, dass Markenweine hierzulande immer stärker nachgefragt werden. Ziel war es von diesem Standpunkt aus die Markenbildung und -führung deutscher Winzergenossenschaften zu untersuchen. Im Zentrum der Untersuchung stand somit die Frage, welche Probleme bei einer Markbildung und -führung in Winzergenossenschaften entstehen können.
Die empirische Analyse zeigte, dass in Winzergenossenschaften verschiedene und teilweise einseitige Markenverständnisse vorherrschen, woraus eine lückenhafte Markenpolitik resultiert. Dies ist vor allem in den Bereichen der Markenidentität und Differenzierung zu erkennen. Weiterhin wurde deutlich, dass durch die Prinzipien von Winzergenossenschaften markenbezogene Entscheidungsprozesse und Investitionen eingeschränkt werden können. Durch eine explizite Kompetenzregelung und höhere Budgetbefugnisse für die Markenverantwortlichen einer Genossenschaft sind diese Probleme jedoch lösbar. Die mitunter bestehende Tendenz zu Sachinvestitionen kann ebenfalls eine Markenbildung behindern und impliziert eine Produktionsorientierung vieler Genossenschaften. So kann als eine Alternative zur Markenbildung eine Handelsmarkenausrichtung erfolgen. Hierdurch können kostspielige Investitionen einer Marke umgangen, aufwändige Marketingmaßnahmen ausgegliedert werden und eine Fokussierung der Produktion erfolgen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass das Wesen der Genossenschaft und somit der Förderzweck an erster Stelle steht. Um dieses Ziel zu erreichen, bestehen unterschiedliche Möglichkeiten die jeweils in Betracht gezogen werden sollten. Ist die Entscheidung für eine Strategie gefallen, so muss diese jedoch in aller Konsequenz umgesetzt werden.
In Germany, winegrowers’ co-operatives are of great importance. On the domestic consumer side, demand for branded wine is growing. Bearing this fact in mind, the study aimed at analysing branding and brand management of German wine production co-operatives. The study focused on potential problems winegrowers’ co-operatives might encounter in terms of branding and brand management. Building on the theoretical underpinnings, a theoretical analysis was implemented to that effect. Following that step, the results were veryfied empirically by way of expert interviews.
This empirical analysis demonstrated that in wine production co-operatives, in the area of branding many different and sometimes one-sided views are held. These attitudes result in a fragmented brand policy. More than anywhere else, this becomes obvious in the fields of brand identity and differentiation. Moreover, it became clear that the principles used by winegrowers’ production co-operatives can have a limiting effect on brand-related decision-making and investments. However, these problems can be overcome by way of setting up explicit competences and also more budget competences for brand managers in a co-operative. Sometimes we see a trend towards investing in material assets which might also impede branding. This trend implies that many co-operatives are geared towards production.
A trademark structure can be an alternative to branding. By following this business path, expensive investments into a brand can be avoided, time-consuming marketing measures can be outsourced, and the co-operative can focus on production.
Finally, it should be noted that the nature of co-operatives and thus their innate idea of support remain the number one objective. To achieve this aim, co-operatives should consider the various options that exist. Once a co-operative has settled on a given strategy it must be implemented consistently.
Les coopératives viticoles occupent une place importante en Allemagne. Côté consommation, il apparaît que les vins de marque y sont de plus en plus demandés. Partant de ce constat, l’objectif de ce travail était d’étudier la création et la gestion de marques de coopératives viticoles allemandes. Au centre de l’étude, figurait donc la question de savoir quels sont les problèmes susceptibles de se poser lors de la création et de la gestion d’une marque dans des coopératives viticoles. Pour ce faire, une analyse théorique a été menée sur la base des fondements théoriques. Ces résultats ont ensuite été vérifiés empiriquement par des interviews d’experts.
L’analyse empirique a montré qu’il règne dans les coopératives viticoles des différences de compréhension et des approches parfois unilatérales, se traduisant par des failles dans la politique de marque. C’est surtout décelable dans les domaines de l’identité de marque et de la différenciation. Il est en outre clairement apparu que les processus décisionnels et investissements en matière de marque peuvent être limités par les principes des coopératives viticoles. Moyennant une définition explicite des compétences et de plus grands pouvoirs budgétaires du responsable de la marque d’une coopérative, ces problèmes peuvent toutefois se résoudre. La tendance parfois constatée à des investissements matériels peut également entraver la création d’une marque et implique une orientation de la production de nombreuses coopératives viticoles dans une direction bien particulière.
Dans ces conditions, une alternative à la création d’une marque peut être l’orientation vers une marque du commerce. Ceci permet d’éviter des investissements coûteux dans une marque, d’externaliser des actions marketing complexes et de se concentrer sur la production.
Pour finir, reste à dire que l’essence de la coopérative et donc le but promotionnel poursuivi sont au premier plan. Pour atteindre cet objectif, il existe différentes possibilités, qu’il convient d’examiner. Mais une fois que la décision d’une stratégie a été prise, il faut la mettre en œuvre en toute logique.
Kodierleitfaden | |||
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Kategorie | Definition | Ankerbeispiel | Kodierregeln |
Markenverständnis | |||
Zu dieser Kategorie zählen Aussagen, was unter dem Begriff Marke verstanden wird | "Marken sind Produkte die eine nationale Relevanz haben, die eindeutig erkennbar sind und bei denen der Verbraucher nicht nur das Produkt zuordnet, sondern auch Welten, Emotionen und andere Dinge." (Interviewpartner 4) | Wenn allgemeine und nicht genossenschaftsspezifische Charakteristika einer Marke angesprochen werden | |
Markenpolitik | |||
Markenstrategie | Darstellungen über die verfolgte Markenstrategie | "Bei uns ist es so, dass wir … versuchen Produktmarken zu kreieren, der Absender BWK als Dachmarke ist nicht wirklich in der Hierarchie die Nummer eins." (Interviewpartner 4) | Genossenschaftsspezifische Aussagen |
Markenidentität | Assoziationen mit der Marke; rational Eigenschaften und emotionale Eindrücke | "Ich würde sagen Tradition, Hochwertigkeit, Qualität und Handarbeit." (Interviewpartner 9) | Selbstbild, wofür die Marke der Genossenschaft steht |
Differenzierung | Unterscheidung der Marke zu Konkurrenzprodukten Überzeugung des Konsumenten | "Die Leute greifen zu uns, weil sie dann etwas Authentisches und Heimat haben." (Interviewpartner 5) | |
Kommunikation | Bezieht sich auf Maßnahmen zur Förderung der Markenbekanntheit | "Wir haben für beide Marken eine eigene Website und schalten auch klassische Printwerbung in Essenszeitschriften, wie Essen & Trinken." (Interviewpartner 6) | |
Genossenschaftsthematiken | |||
Entscheidungs- prozesse | Einbezug der Organe in markenpolitische Entscheidungen | "Bei uns gibt es ganz klare Regelungen, inwiefern der Geschäftsführer und Geschäftsführer mit Vorstand und wann dann der Aufsichtsrat oder die Generalversammlung mit rein muss." (Interviewpartner 9) | Aussagen, in welchen Gremien die Entscheidungen getroffen werden |
Immaterielle Investitionen | Hinweise zur Einstellung der Mitglieder gegenüber Investitionen in immaterielle Güter | "Unser Kellermeister hat einen großen Vorteil, wenn er was braucht, wird das immer gleich abgesegnet; da haben wir natürlich was die Vertriebsgeschichten angeht, es immer deutlich schwieriger." (Interviewpartner 9) | |
Förderzweck | Möglichkeiten zur Vereinbarung von Mitgliederförderung und Markeninvestitionen Widerspruch oder Zusammenspiel von Marke und Mitgliederförderung | "Da gibt es nur eine Möglichkeit, zunächst einmal über solche Konzepte… muss das mehr Ertrag bringen, wie die Dinge, die man schon hat… der zweite Punkt ist, man muss auch ein starkes Kostenmanagement betreiben, sodass dann für die Winzer das Maximum herauskommt." (Interviewpartner 7) | |
Langfristige Positionierung | Hier werden Aussagen zusammengefasst die entweder die Kontinuität im Vorstand oder die Beeinflussung durch Gremien betreffen | "Man sollte schon bestrebt sein, den Vorstand länger als drei Jahre aufrecht zu erhalten… Die Wiederwahl ist aber immer möglich bis der Vorstand 65 wird." (Interviewpartner 3) | |
Qualitätssicherung | Möglichkeiten zur Beeinflussung der Traubenqualität | "Da gibt es Quali-tätsprogramme die dahinterliegen, wir haben bei uns im Haus Qualitätsmanager die in den Weinbergen unterwegs sind, die sind mit den Winzern vor Ort im Weinberg und diskutieren, besprechen und kontrollieren." (Interviewpartner 4) | |
Vor-/Nachteile | Vor- und Nachteilen der genossenschaftlichen Unternehmensform bezüglich der Markenführung | "Wir als Genossenschaft haben den Vorteil in der Nachhaltigkeit und Zertifizierung, denn wir haben den Kontakt zum Winzer und können das auch rückverfolgen." (Interviewpartner 2) | |
Fusionsbedingte Markenführung | |||
Bezieht sich auf die Verfolgte Markenstrategie nach stattgefundenen Fusionen | "Wir haben von Anfang an keine Obertürkeheimer Weine mehr im Sortiment gehabt, sondern es war von Anfang an das Weinsortiment der Weinmanufaktur." (Interviewpartner 9) | Ausschließlich Aussagen, die sich auf Fusionen beziehen, sonst Kodierung mit "Markenstrategie" |
Quelle: eigene Darstellung
Christine Krieger, Prof. Dr. Jon Henrich Hanf, Internationale Weinwirtschaft, Fachgebiet Betriebswirtschaft und Marktforschung, Hochschule Geisenheim, Von-Lade-Str. 1, 65366 Geisenheim jon.hanf@hs-gm.de
Dr. Vera Belaya, Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig vera.belaya@ti.bund.de