Mensch-Tier-Beziehungen als Ansatzpunkt einer gesellschaftlich akzeptierten landwirtschaftlichen Tierhaltung

– eine gemischt-methodische Untersuchung bei Landwirtinnen und Landwirten

Autor/innen

  • Christiane Wildraut Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft
  • Marcus Mergenthaler Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft

DOI:

https://doi.org/10.12767/buel.v98i3.298

Abstract

Die landwirtschaftliche Tierhaltung wird von der Gesellschaft zunehmend kritisch hinterfragt. Sie wünscht sich von den Tierhalter*innen einen „Fair Deal“ im Umgang mit den Tieren, der eine gute Mensch-Tier-Beziehung einschließt. Ethisch motivierte Fragestellungen gewinnen damit auch in der landwirtschaftlichen Tierhaltung an Bedeutung. Zielkonflikte ergeben sich dadurch, dass die Tiere einerseits ökonomisch genutzt und sie andererseits als schützenswerte Lebewesen mit moralischem Status betrachtet werden. Die vorliegende Untersuchung zielt darauf ab, die Beziehung von landwirtschaftlichen Tierhalter*innen zu ihren Tieren näher zu beleuchten und Ursachen für die Ausprägungen dieser Beziehungen zu ermitteln. In einem gemischt-methodischen Ansatz wurden persönliche Interviews und eine Online-Befragung mit Tierhalter*innen von Rindern, Schweinen und Geflügel durchgeführt. Der weit überwiegende Teil der Befragten beschreibt Empathie gegenüber den eigenen Tieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Beziehungen zu den Tieren tierarten- und produktionsstufenspezifisch unterschiedlich ausgeprägt sind. Einfluss auf die Gestaltung der Beziehung nimmt auch die jeweilige biografische Prägung in den landwirtschaftlichen Familien. Die meisten Befragten bekunden, Lieblingstiere im Bestand, zu haben, denen sie besondere Aufmerksamkeit widmen. Diese Aussage ist als einer von mehreren psychologischen Schutzmechanismen anzusehen, die landwirtschaftliche Tierhalter*innen anwenden, um ihren persönlichen Zielkonflikten zu begegnen. Die Mensch-Tier-Beziehung in der Landwirtschaft ist asymmetrisch und von Dominanz durch die Tierhalter*innen geprägt, die gleichzeitig abhängig von den Leistungen ihrer Tiere sind. Die Emotionalität in der Beziehung zu ihren Tieren wird von landwirtschaftlichen Tierhalter*innen bislang kaum thematisiert oder kommuniziert. Der Fair-Deal zum Umgang mit den Tieren findet in der Landwirtschaft Akzeptanz und bietet den Tierhalter*innen die Möglichkeit sich in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft neu zu positionieren. Voraussetzung dafür ist auch eine eigene ethische Reflexionsfähigkeit der Mensch-Tier-Beziehung, die entsprechend stärker im landwirtschaftlichen Bildungssystem verankert werden sollte.

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Veröffentlicht

2020-10-28

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