Welche Konzepte machen Bioenergiedörfer zukunftsfähig?

Geschäftsfelder basierend auf Strom-, Wärme- und Kraftstoffvermarktung

Autor/innen

  • Marianne Karpenstein-Machan Universität Kassel Fachgebiet Mikroökonomik und empirische Energieökonomik Untere Königsstraße 71 34117 Kassel, Germany
  • Ines Wilkens Universität Kassel
  • Marinus Schnitzlbaumer Universität Kassel
  • Robert Issler Universität Kassel

DOI:

https://doi.org/10.12767/buel.v100i1.381

Abstract

Die über 200 BED in Deutschland – Ergebnisse einer sozialen Innovation – sind Beispiele für ein nachhaltiges und klimaneutrales Wirtschaftssystem. Sie nutzen regionale nachwachsende Rohstoffe zur Erzeugung von Strom, Wärme sowie Gärprodukte für die Landwirtschaft. Mit den BED haben auch Nahwärmenetze Einzug in ländliche Räume gehalten, diese versorgen zurzeit etwa 25.000 Haushalte mit Heizungswärme und warmen Brauchwasser. Für viele Dörfer läuft die EEG-Vergütung in den Jahren 2025 bis 2030 aus und der Aufbau neuer Geschäftsfelder ist notwendig, um die Wirtschaftlichkeit der Dorfprojekte und Versorgung der Wärmekunden nicht zu gefährden. In der vorliegenden Studie wurden verschiedene Infrage kommenden Geschäftsmodelle für BED wie Flexibilisierung der Stromerzeugung, Biomethanproduktion mit Einspeisung ins Erdgasnetz bzw. Verkauf in eigener Tankstelle für die in Reallaboren mit den Universitäten kooperierenden BED berechnet. In allen geprüften Geschäftsfeldern gibt es Chancen für BED, wenn die Kosten der Biogasrohgasproduktion auf einem niedrigen Niveau liegen (< 6 ct/kWh). Eine moderate Flexibilisierung der Stromerzeugung (z.B. doppelte Überbauung) und eine frühe Teilnahme an der Folgeausschreibung erweisen sich als wirtschaftlich sinnvoll. Ein hoher Flexibilisierungsgrad und geringe BHKW-Laufzeiten erfordern allerdings ausreichend Gas- und Wärmespeichervolumen, damit es nicht zu Engpässen in der Wärmeversorgung kommt. In BED mit vielen Wärmekunden scheint dieses Geschäftsmodell daher wenig kompatibel und ist auch noch nicht umgesetzt worden.

Die besten Gewinnaussichten sind mit der Vermarktung von Biomethan (CNG) an eigener Hoftankstelle zu erwarten. Diese basieren allerdings auf einer kontinuierlichen Auslastung der Tankstelle und sind mit dem höchsten Investitionsvolumen und einem hohen Vermarktungsrisiko verbunden. Um die „Economy of Scale“ für die Biogasaufbereitungsanlagen und genügend Überschuss-Rohbiogas, das nicht für die Wärmeproduktion benötigt wird, zu erreichen, erweist sich eine Kooperation zweier Biogasanlagen als sinnvolles und wirtschaftliches Modell. Die Kombination von Geschäftsmodellen, wie zum Beispiel Einspeisung ins Erdgasnetz und Betrieb einer Hoftankstelle ist ebenfalls eine aussichtsreiche Variante, da sie ein risikoarmes, allerdings einnahmeschwaches Geschäftsfeld mit einem risikoreichen, aber gewinnträchtigen Geschäftsfeld verbindet.

Risiken für die gemeinschaftlich betriebenen BED liegen in der Finanzierbarkeit der Projekte, der unsteten Rahmenbedingungen der Ausschreibungsmodelle und der schwankenden Preisgestaltung der Märkte (z.B. Strombörse, Netzvertragspartner). Für BED, die die Wärmewende auf dem Lande in Gang gesetzt haben, fehlen außerdem finanzielle Anreize im EEG, nicht nur die bedarfsgerechte Stromproduktion zu fördern, sondern auch die bedarfsgerechte Wärmeproduktion zu honorieren.

Im Zentrum aller Überlegungen zu Post-EEG-Ansätzen in BED steht die effiziente und zuverlässige Wärmeversorgung der Wärmekunden, diese muss gesichert sein, um die Wärmewende auf dem Lande weiter voranzubringen.

Autor/innen-Biografie

Marianne Karpenstein-Machan, Universität Kassel Fachgebiet Mikroökonomik und empirische Energieökonomik Untere Königsstraße 71 34117 Kassel, Germany

Privatdozentin,

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Veröffentlicht

2022-01-29

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