Bodenmarktspekulation ohne Landerwerb?

– Zum Potenzial von Landderivaten

Autor/innen

  • Marlene Kionka Humboldt-Universität zu Berlin
  • Martin Odening
  • Charlotte Wehrstedt Humboldt-Universität zu Berlin

DOI:

https://doi.org/10.12767/buel.v100i3.431

Abstract

Der Bodenmarkt durchläuft einem Finanzialisierungprozess, der durch das Engagement von nicht-landwirtschaftlichen Investoren und deren Interesse an landwirtschaftlich genutzten Boden als Anlageobjekt erkennbar wird. Vor diesem Hintergrund wird eine konsequente Fortenwicklung dieses Prozesses, in Form von Landderivaten diskutiert. Als Finanzmarktinstrument erlauben Landderivate den Transfer von Risiken zwischen Bodenmarktteilnehmern, sowie die Spekulation mit Preisentwicklungen auf dem Bodenmarkt. Die Möglichkeit einer Absicherung gegen Preisschwankungen von Boden als zentraler Produktionsfaktor und bedeutender Vermögenswert im Agrarsektor exisitert für den deutschen Bodenmarkt so nicht. Die Ähnlichkeit mit dem Immobilienmarkt und die Existenz von Immobilienderivaten wirft die Frage des Entwicklungs-und Anwedungspotenzials von Landderivaten auf.

Die Etablierung eines funktionierenden Marktes für Landderivate setzt die Konstruktion eines Landindices voraus, der den Erwartungen und Erfordernissen der Marktteilnehmer entspricht. Für den deutschen Bodenmarkt gibt es keinen geeigneten Preisindex für Agrarland und ist auch nicht in der Zukunft zuerwarten. In den USA weist beispielsweise der NCREIF für verschiedene Regionen einen Farmland Index aus. Dieser bildet die vierteljährliche Preisentwicklung für Ackerland und Dauerkulturen seit 1991 ab. Der Index erfasst die Gesamterträge aus Landbesitz und spaltet sie in eine Einkommens- und eine Wertsteigerungskomponente auf. Die Absicherung gegen Renditeschwankungen von Agrarland in Deutschland kann allerdings durch existierende Landpreisindices, wie der NCREIF Farmland Index, nicht gewährleistet werden.

Die Besonderheiten landwirtschaftlicher Bodenmärkte und die Konstruktion von Landpreisindices schlagen sich in den statistischen Eigenschaften der Preiszeitreihen nieder, die wiederum Implikationen für die Bepreisungsmodelle von Landderivaten haben. Im Gegensatz zu klassischen Finanzprodukten kann der zugrundeliegende Landindex selbst nicht gekauft und verkauft werden und allgemein akzeptierte Bewertungsmodelle können nicht auf Landderivate übertragen werden. Aus diesem Grund werden auf Erfahrungen zurückgegriffen, die im Zusammenhang mit Immoblienderivaten gesammelt wurden.

Durch einen fehlenden Preisindex für Agrarland in Deutschland und die geringe Eignung des NCREIF Farmland Index für die Absicherung gegen Renditeschwankungen von Agrarland in Deutschland, ist mit einer Etablierung von Landderivatemärkten in Deutschland kurzfristig weniger zu rechnen. Dafür sprechen auch die Unkenntnisse bezüglich der Teilnahmebereitschaft von potenziellen Marktteilnehmern.

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Veröffentlicht

2022-10-27

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