Pflanzenschutz morgen – Was kann Agrarökonomie beitragen?

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DOI:

https://doi.org/10.12767/buel.v101i3.498

Abstract

Die Deutsche Pflanzenschutztagung stand 2023 unter dem Motto „Pflanzenschutz morgen – Was kann Wissenschaft beitragen?“. In einer Plenarveranstaltung wurde aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven sowie aus Sicht der Praxis diskutiert, welche Faktoren und Rahmenbedingungen eine Transformation des Agrarsektors in Deutschland und der EU in Bezug auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel erforderlich machen, ob diese (politischen) Rahmenbedingungen angemessen erscheinen und auf welchen Wegen eine Transformation erreicht werden kann. In dem vorliegenden Beitrag wird überblicksartig dargestellt, welche Rolle der Agrarökonomie dabei zukommen kann.

Zunächst geht es darum, objektiv bestehende Trade-offs zwischen den verschiedenen betrieblichen und gesellschaftlichen Zielen zu quantifizieren und dabei die Beziehung zwischen den einzelnen Zielen - Ertragsniveau, Ertragsstabilität, Gesundheit, verschiedene Umweltaspekte, wie Klima oder Biodiversität, zu berücksichtigen. Eine weitere Aufgabe besteht darin, die genannten Zielkonflikte gesellschaftlichen Präferenzen gegenüberzustellen. Darüber hinaus geht es darum, Ineffizienzen im Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel aufzuzeigen und zu reduzieren. Und schließlich ist der Prozess der Analyse und Bewertung von Zielkonflikten nicht statisch, sondern aufgrund technologischer Fortschritte, etwa im Bereich der Züchtung oder der Präzisionslandwirtschaft variabel. An dieser Stelle kann agrarökonomische Forschung Technikfolgenabschätzungen beisteuern. In dem Beitrag werden anhand ausgewählter, prototypischer Studien die zur Verfügung stehenden Methoden und Vorgehensweisen dargestellt, um die genannten Fragestellungen zu beantworten. Dabei werden neben inhaltlichen Ergebnissen auch die methodischen und datenbezogenen Herausforderungen angesprochen, die damit einhergehen. Folgendes Fazit lässt sich aus dieser Bestandaufnahme ziehen: Erstens, das für die Transformation des Pflanzenschutzes erforderliche System-, Ziel- und Transformationswissen erfordert eine Zusammenarbeit nicht nur zwischen verschiedenen agrarökonomischen Teildisziplinen, sondern auch mit angrenzenden Wissenschaftsdisziplinen, insbesondere Phytomedizin, Pflanzenbau und -züchtung, Agrartechnik sowie Sozial- und Politikwissenschaften und Humanmedizin und Psychologie. Zweitens, verfügt die Agrarökonomie über ein breites Methodenspektrum, um das erforderliche Gestaltungswissen zu generieren. Vielen Methoden liegt ein an wirtschaftlichen Zielen orientiertes Rationalverhalten zugrunde. Daneben haben in den letzten Jahren vermehrt verhaltensökonomische Ansätze Einzug in die agrarökonomische Forschung gehalten. Drittens sind in unserer Bestandsaufnahme auch die Grenzen der vorliegenden Ergebnisse agrar- umwelt- und gesundheitsökonomischer Forschungsbeiträge deutlich geworden. Diese Grenzen drücken sich nicht nur in fehlenden, sondern zum Teil auch in widersprüchlichen Ergebnissen zu den Kosten einer Transformation hin zu einem nachhaltigen Pflanzenschutz aus. Es scheint geboten, modell- oder datenbezogene Unschärfen wissenschaftlicher Ergebnisse ausdrücklich darzulegen und die Reliabilität, Robustheit und Verallgemeinerbarkeit der getroffenen Aussagen explizit zu diskutieren. Viertens stellen Kommunikation und der Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in Politik und Gesellschaft wichtige Aufgaben dar, nicht nur, aber auch für die Agrarökonomie, gerade in einem so kontrovers diskutierten Bereich wie dem chemischen Pflanzenschutz.

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2023-12-22

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